Perry Rhodan Neo 108 "Die Freihandelswelt"

Michael H. Buchholz

Mit dem achten Teil der „Methans“ Miniserie wäre es normalerweise an der Zeit, die einzelnen Fäden zusammenzufassen und entsprechend für den finalen Höhepunkt vorzubereiten. Michael H. Buchholz extrapoliert dagegen die bestehenden Handlungsfäden weiter, auch wenn der Roman vor allem auf der politischen Ebene gar nicht überzeugen kann.

 Über die Entführung von Perry Rhodan Sohn werden weitere Informationen bekannt. So handelt es sich um ein Team um den Bruder des  ehemaligen Adjutanten von Chetzkel  Brast ter Calon. Debur ter Calon soll den Tod rächen. Neben seinen Geschäften mit einer Handelssippe hat man auch Kontakte zu einer Verbrechensorganisation, die als Besatzungsmitglieder getarnt während des Landgangs ausschwärmen und entführen den Jungen. Weiterhin soll Reginald Bull aus Rache getötet werden. Dazu öffnet die Mehandor Emptron mittels sexueller Manipulation die Tore.  

 Auf der anderen Seite zeigt Michael Buchholz, dass die politischen Ränkespiele sich in den nächsten Jahrtausenden nicht ändern werden.  So ist Homer G. Adams Stellvertreter Seth Ripling ein klassischer, aber auch klischeehafter Opportunist, der sich im Grunde schon auf Homer G. Adams Stuhl sieht. Er hat die Installation der Transitionsdämpfer Satelliten verhindert, mit denen das Sonnensystem gegen Eindringlinge sicher gemacht werden sollte. Michael H. Buchholz tut sich allerdings schwer, Riplings Motive wirklich selbst aus dessen Perspektive überzeugend zu beschreiben. Natürlich wird die Argumentation der Nichtmitglieder der terranischen Union angeführt, aber das Misstrauen alleine wirkt nicht überzeugend, da die Satelliten ja in Erdnähe aufgebaut werden. Anstatt das Sonnensystem in der Tiefe zu schützen, wirkt Michael Buchholzs Argumentation erstaunlich blass, denn in der vorliegenden Form hat eine irdische Flotte selbst gegen Invasoren, die weiter draußen aus dem Nichts auftauchen und die Erde aus der Entfernung angreifen mit den Satelliten keine Probleme. Das Politiker gleichzeitig auch noch dumm sein müssen und Ripling von der Technik überhaupt nichts versteht, erscheint unglaubwürdig, denn er muss ja nicht die Details wissen, sondern höchstens ihre Nutzen/ Schaden erkennen. Hier hätte der Zwiespalt zwischen persönlichen Opportunitäten und politischer Agitation besser ausgearbeitet werden können. Reginald Bull will Ripling in Adams Büro zur Rede stellen. Während dieser heftigen Diskussion platzt die Panoramaverglasung, da Debur ter Calon aus 2 Kilometern Entfernung mit einer Sprengprojektilwaffe das Feuer auf Bull eröffnet hat. Bull kann sich retten, Ripling wird schwer verletzt. Das aus dieser Entfernung mittels moderner Waffen noch entweder vorbeigeschossen wird bzw. wie in diesem Fall das Sprengprojektil nicht die volle Wirkung entfaltet und die ganze Etage einäschert scheint ebenfalls stark konstruiert, um Spannung zu erzeugen, die unnötig ist. Vor allem wenn Bull die Sabotage an den Wach- und Medoroboters mittels selbst veranlasster Erster Hilfe umschifft, einen Gleiter vors Fenster bestellt und dann die Verfolgung aufnimmt. Anscheinend kann mit dieser modernen Waffe immer nur ein Projektil abgeschossen werden, dann der Attentäter hatte ausreichend Zeit, die Waffe neu zu laden und einen erneuten Versuch zu unternehmen. Die Verfolgungsjagd ist packend geschrieben, aber wirkt auch nicht sonderlich originell. Buchholz orientiert sich sehr an den amerikanischen Vorbildern und wer genau schaut, der wird diese Vorlagen vielleicht auch alle wirklich erkennen. Vor allem wenn sich diese ganze Handlungsebene ins Nichts dreht. Am Ende werden die Systeme installiert, wobei erstaunlich ist, wie schnell manchmal Großprojekte wirklich abgewickelt werden können. Michael Buchholz unterstreicht die schon seit langem erkennbare Zeitraffervorgehensweise, die auch Frank Borsch schon exerziert hat. Immer wieder hat der Leser das unbestimmte Gefühl, als können sich die Autoren nicht mit den chronologischen Abläufen anfreunden und versuchen viel zu viel in einen Roman zu packen. Aber diese Taschenhefte sind Teil einer Serie und hier wird wieder Potential verschenkt. Andere Autoren beginnend mit Arthur C. Clarke und William Forstchen haben in ihren Büchern gezeigt, wie monumentale Unternehmen – in beiden Büchern wird wie in der „Neo“ Serie ein Sternenturm gebaut – geplant werden und schließlich entstehen. Alleine der Bau und die Installation dieser Dämpfer hätte mit spannenden Episoden und kleinen Triumphen/ Tragödien einen Roman füllen können. 

Ebenfalls Seiten füllend ist das Wiederauftauchen von Perry Rhodan im Solsystem. Als Rhodan seinen Autorisationskode nicht präsentieren kann, werden im Schlachtkreuzer auf den Hals gehetzt, die Reginald Bull auf allen Ebenen kämpfend wieder zurückpfeift.  Die BOOTY und die Crest brechen mit Dr. Eric Leydon samt Katze in Richtung Kugelsternhaufen auf. Zumindest wird der rote Faden um den Taal Staub und die entsprechende Warnung abgehandelt. Da aber eine einzige Bestie dank des Auftauchens des Maahk Raumers inzwischen von diesem Staub infiziert worden ist, erscheint übertrieben. Es ist aber endlich ein neuer Aspekt der „Neo“ Serie, der deutlich ausbaufähiger ist. Dass die Vulkan Intelligenz plötzlich aufgrund des Staubes Störungen zeigt, wirkt dagegen wieder konstruiert. Man kann sich nicht beschweren, dass Aktion keine Reaktion erfordert, aber manches wirkt doch zu stark konstruiert und zu sehr mit nachgeschobenen Erklärungen gleich wieder relativiert. In vielen Punkten fehlt den Romanen die Grundspannung, das Entdecken und Erforschen von etwas Unbekannten. Zu funktional ist die „Neo“ Serie und das hat sich leider nicht geändert. Die Szene endet in einem seltsamen Sternenhaufen, der ebenfalls von dem Staub infiziert ist. Das Einsammeln der Fakten ist interessant und der Ausblick solide, aber der Funke springt endgültig nicht über.  Es bleibt abzuwarten, ob die immer skurriler werdenden Funde irgendwann aufgelöst werden.

 Viel schlimmer ist allerdings die Adams/ Thora Handlung. Anscheinend geht es den Entführern nur ums Geld, wobei die Summe in Hinblick auf die Risiken relativ klein erscheint. Das Adams diese Summe mittels einiger Börsenmanöver – egal wie komplex sie sind – sich ergaunert, erspielt, ist der Tiefpunkt des Romans. Diese Naivität kann man weder den Behörden der Freihandelswelt, den Arkoniden oder Adams unterstellen. Es wäre einfacher und glaubwürdiger, entweder wichtige Teile an Bord des Schiffes zu verkaufen oder sich das Geld von der Erde transferieren zu lassen, als in einem fremden System an einem im Grunde unbekannten Markt erfolgreich zu spekulieren und dabei gleichzeitig weiterhin Thomas Lebens zu gefährden. Wären die Transaktionen aufgefallen, säßen Adams und wahrscheinlich Thora auch im Gefängnis.  Aber so einfach geht es nicht. Um diesen im Grunde unsinnigen und klischeehaften Handlungsbogen weiter auszubauen, gibt es wieder einen Cliffhanger. Auch diese Konstellation ist im Rahmen der „Neo“ Serie (Perry Rhodan und der Goldene) schon mehrfach angewandt worden. Entweder fällt den Autoren wirklich nichts Neues mehr ein oder diese kindliche Unterhaltung auf amerikanischen Blockbusterniveau soll tatsächlich die Schwächen des Handlungsaufbaus übertünchen. Selbst die Freihandelswelt mit einer ordnenden und deshalb auch diktatorisch organisierten Behörde erscheint eher eindimensional. Wie im Orient ist jeder Wunsch eine Fürbitte und muss bezahlt werden. Aber ist es auf der Erde anders? Da heißt es nur Gebührenordnung.  Wie gut, dass Adams schon lange auf dieser Welt ein entsprechendes Kontor errichtet hat. Das passende Konto gibt es dazu.  Warum Thora aber dann umsonst wichtige Informationen zu erhalten sucht und ihre Anwesenheit im Vorwege signalisiert ist wieder einer der Exkurse, der einen zumindest auf den ersten Blick hintergrundtechnisch nicht schlechten Roman oberflächlich und leider ein wenig naiv geschrieben erscheinen lässt. Auch für diese Problematik gäbe es eine „Deus Ex Machina“ Lösung in Form des Gestaltwandlers Sid.

Zusammengefasst ist „Die Freihandelswelt“ wieder ein Roman, in dem viele Aspekte der „Perry Rhodan“ Serie allerdings mit einigen wenigen neuen Ideen bunt gemischt werden. Geschüttelt, aber nicht umgerührt wirkt Michael H. Buchholz in diesem Fall eher distanziert biederer Schreibstil keine Wunder. Es ist schade, das die vor allem auf der Freihandelswelt unglaubwürdig naive Vorgehensweise von Thora und Homer G. Adams die schon schwierige, weil wenig originelle Entführungsgeschichte endgültig wie eine Farce erscheinen lassen.      

 

 

Pabel Verlag, Taschenheft 160 Seiten

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