Kritik zum Dokumentarfilm Zero Days - Ein Wurm sie zu knechten

Zero Days klingt nach einem Actionthriller im Spionagemilieu á la Jason Bourne, ist allerdings die dokumentarische Aufarbeitung der Entdeckung und Entschlüsselung eines Computerwurms. Und dieser Computerwurm hat es in sich, denn die Recherchen des Regisseurs Alex Gibney legen nahe, dass nicht ein einzelner Mensch oder eine Hackergruppe diesen Wurm programmiert hat, sondern dass er wahrscheinlich aus staatlichen Händen stammt.

Fangen wir vorne an

Zunächst etwas zum Hintergrund: Stuxnet, wie der Wurm von seinen Entdeckern genannt wird, tauchte erstmals im Juni 2010 auf und erregte schnell Aufsehen. Denn der Wurm war sehr gezielt für eine bestimmte Art von Industrieanlagen programmiert und wurde hauptsächlich im Iran gefunden, hatte sich zum Zeitpunkt seiner Entdeckung aber über die ganze Welt verbreitet. Mit Stuxnet wurden Industriecomputer infiziert und beispielsweise Zentrifugen, mit denen Uran angereichert wurde, sabotiert. Schnell wurden Vorwürfe laut, der Virus wäre speziell programmiert worden, um das iranische Atomprogramm lahmzulegen. Die Anschuldigungen richteten sich gegen die USA und Israel.

Der Dokumentarfilm zeichnet die Entdeckung von Stuxnet nach und illustriert die Zusammenhänge und Hintergründe der Verhandlungen über das iranische Atomprogramm. Schnell wird klar: Die Recherchen erweisen sich als schwierig, viele Interviewpartner weigern sich, bestimmte Informationen preis zu geben, da diese als „geheim" eingestuft seien. Trotzdem gelingt es dem Film, die Hintergründe und hochtechnischen Zusammenhänge des Wurms und seines Ziels verständlich darzustellen. Immer wieder wird versucht, mit Computeranimationen die Analyse des Programmcodes von Stuxnet zu erläutern und nachvollziehbar zu gestalten. Mit vielen Archivaufnahmen, aber auch Spielszenen, schafft es Zero Days, eine spannende Bilderwelt aus den Vorgängen zu entwickeln.

Packend inszeniert

Überhaupt sind die Abschnitte über Stuxnets Entdeckung beinahe wie ein Thriller inszeniert und erzeugen so eine eigene Atmosphäre. Die Tatsache, dass der Dokumentarfilm reale Geschehnisse widerspiegelt, lässt bisweilen die dunkle – und leicht gruselige – Ahnung zurück, dass es in der Welt von Geheimdiensten und internationaler Politik doch wesentlich härter zugeht, als gedacht. So erreicht die Geschichte um Stuxnet beinahe Hollywood-Qualität.

Allerdings rettet das den Film nicht über einige Längen. Die Ausführungen zum iranischen Atomprogramm, den manipulierten Zentrifugen und des amerikanischen US Cyber Command sind zwar wichtig für das Verständnis der Geschehnisse, allerdings aufgrund ihres Fokus auf Technik wenig fesselnd. Auch wirkt das bisweilen eingefügte Voice-Over des Regisseurs unmotiviert, da so ein Perspektivenwechsel vom objektiven Schildern zum subjektiven Erzählen geschieht, der nicht nachvollziehbar ist

Mit allen Regietricks

Regisseur Gibney nutzt einen guten Trick, um die verschiedenen Whistleblower zu Wort kommen zu lassen: Er hat die Aussagen der Quellen zu einer fiktiven Erzählerin zusammengefasst, welche in die Programmierung des Wurms eingespannt war. So bleiben die einzelnen Aussagen für die Zuschauer einleuchtend, und die geschilderten Handlungen werden so für das Publikum fassbar gemacht.

Schließlich setzt sich der Film für eine Regelung von sogenannten Cyberwaffen ein. Stuxnet bildet dabei das Beispiel dafür, wie Angriffe auf die Infrastruktur von Staaten zu möglichen Opfern führen können. Zwar ist bei der Sabotage des iranischen Atomprogramms kein Mensch gestorben, aber sollten irgendwann auch Wasser- oder Stromkraftwerke angegriffen werden, steht im schlimmsten Fall das Leben Tausender Menschen auf dem Spiel. Eindrucksvoll macht der Film klar, dass die Zerstörung durch Würmer und Viren ähnlich fatal sein kann wie eine reale Bombe. Die virtuelle Realität wird so ganz schnell sehr analog.

Fazit

Zero Days ist ein durchaus spannender Dokumentarfilm über ein wichtiges und aktuelles Thema. Er schafft es, seine manchmal schwierigen Inhalte verständlich zu präsentieren, auch wenn ein bisschen Vorkenntnis im Bereich IT-Sicherheit sehr hilfreich ist. Allerdings besitzt der Film vor allem in der zweiten Hälfte einige Längen.

ZERO DAYS | Trailer deutsch german [HD]

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