Perry Rhodan Planetenroman 63/64 "Die Stadt der Zukunft"/ "Der Narrenturm"

Thomas Ziegler

Thomas Ziegler hat in seiner viel zu kurzen Karriere nur fünfzehn Heftromane und vier Taschenbücher zum „Perry Rhodan“ Universum beigesteuert. Seine erste Publikation „Die Stadt der Zukunft“ sowie mit “Der Narrenturm“ seine am meisten exzentrische Arbeit hat Rainer Nagel in diesem Zaubermond Doppelband miteinander verbunden. In den beiden kombinierten Nachwörtern geht Rainer Nagel noch einmal ausführlich auf das Leben und Werk Thomas Zieglers ein. Er räumt mit einigen Gerüchten auf, weist aber auch darauf hin, dass Ziegler mit seiner Unpünktlichkeit sich während der ersten Perry Rhodan Phase eine Zukunft für mehr als ein Jahrzehnt verbaut hat.  Die beiden hier zusammengefassten Taschenbücher spielen während des Hiatus zwischen den dreihunderter und vierhunderter Romanen, wobei das bei Thomas Ziegler keine Rolle spielt. Alle Figuren sind vor allem für diese beiden Bücher entwickelt worden. An  den die Erde immer wieder rettenden Großadministrator wird allerhöchstens sinnbildlich gesprochen nur geschrieben.

Obwohl die zugrundeliegenden Handlungen eher rudimentär entwickelt worden sind und Thomas Ziegler sich fast ausschließlich auf seine Protagonisten auch nachvollziehbar konzentriert, haben die beiden hier gesammelten Texte auch sehr viele Ähnlichkeiten. Zwei Handvoll Exzentriker bis Verrückte werden an einem futuristisch erscheinenden Ort quasi  freiwillig zusammengepfercht. Irgendwann wird eine bestimmte erträgliche Schmelzmasse überschritten und es kommt zu einer Explosion skurriler Szenen, welche dem Leser das Lachen als auch die Tränen ins Gesicht treiben. In „Der Narrenturm“ wohnen diese Verlierer des so geordneten Lebens im Solaren Imperium im achtzig Stockwerke hohen Galactic Center in Terrania. Im ersten Band „Die Stadt der Zukunft“ werden ursprünglich achttausend Leute – Ziegler schmelzt die Zahl der Probanten durch einen Plan in irren James Bond Dimensionen auf zehn Protagonisten ein, die ausführlicher vorgestellt werden – von der Firma Whistler nach Finnland eingeladen, wo die Stadt der Zukunft unter der behüteten Führung des Supercomputers MAMA unter realistischen Testbedingungen ausprobiert werden soll.   „Die Stadt der Zukunft“ ist wegen der zugrundeliegenden Handlung inklusiv eines entsprechenden Superschurken mit einem perfiden Plan der zugänglichere Roman. Allerdings leidet das Buch auch unter der unglücklichen, gegen Ende sich überstürzenden Struktur. Ohne die seitentechnische Begrenzung hätte sich Thomas Ziegler in der von ihm geschaffenen ambivalenten Stadt sehr viel länger aufgehalten.  „Der Narrenturm“ verfügt über eine kontinuierliche Handlung mehr. Es reiht sich eine bizarre Episode an die Nächste. Diese Auflösung einer klassischen Erzählstruktur kommt dem Plot zu Gute. Konservative Leser werden das eher offene Ende bemängeln, aber nachdem man einige Zeit in der Gesellschaft dieser beneidenswerten isoliert vor sich hin lebenden „Narren“  nicht nur menschlicher Natur verbracht hat, fühlt man sich auch ein wenig erleichtert, in die Gegenwart zurückzukehren.

Wie bei Thomas Zieglers in Köln spielenden Krimis nähert man sich am besten den satirisch geschriebenen Büchern über die verdrehten, exzentrischen Figuren. Auch hier wirkt „Der Narrenturm“ interessanter.  Beide Bücher verbindet aber die Idee einer modernen Auseinandersetzung mit dem Thema Ehe.  In „Der Narrenturm“ dominiert während der ersten Hälfte des Plots Lukas Lorrimer als Inhaber einer Partnerschaftsvermittlung mit nur einer natürlich blonden heiratswilligen Frau- seiner Freundin Cathy Vandermor. Lorrimer glaubt, die Außerirdischen wollen nur unsere Frauen und versuchen deswegen die Erde zu erobern. Als Quellen dienen ihm die Titelbilder der alten Pulp Magazine aus den zwanziger Jahren.  Sein betrügerisches Gerüst gerät ins Wanken, als der Swoon Älmrich Olk bereit ist, hohe Vorauszahlungen zu leisten, um Cathy die Seine zu nennen. Parallel gerät das Werben eines Unithers den irdischen Bräuchen – alle auf einmal – folgend zu einer Katastrophe, während ein Matten- Willy im Grunde nur eine Gesprächspartnerin sucht, da diese Exoten ja zweigeschlechtlich sind.  Thomas Ziegler parodiert die Vermittlungsagenturen vor allem der Vor- Internetzeit dank des herrlich schmierigen Lorrimer, dem alles schnell über den Kopf wächst und der wie nicht selten in Zieglers Werk vom Betrüger zum Betrogenen wird.  In „Die Stadt der Zukunft“  befindet sich Betholm Shark zusammen mit seiner Noch- Ehefrau Eiris Deligado unter den Testbewohnern. Sie stecken in einem echten Rosenkrieg, wobei Shark sich mittels eines tragbaren Eheberaters durchzusetzen sucht. Leider ist dieses Gerät  aus stillgelegten Komponenten orbitaler Verteidigungsanlagen zusammengesetzt worden und die Tipps sehen eher wie eine Kriegserklärung aus. Michael Douglas „Der Rosenkrieg“ wird hier vorweg genommen, da sie ihre Domizile in der formbaren Stadt in Form von Festungen inklusiv Kanonen und Raketenstellungen – alles Attrappen – einrichten.  In „Die Stadt der Zukunft“ streift Thomas Ziegler seine einzelnen wilden Protagonisten, gibt ihnen fünf Minuten des Ruhms und kehrt dann schnell zum Entwickler der Stadt Gene Milwony III. zurück. Dabei folgt der Autor auch einigen bekannten Science Fiction Mustern. Ein Dialog wird dem Leser eher aus Filmen wie „Dark Star“ bekannt vorkommen,  der Erzschurke aus dem eigenen Haus agiert und argumentiert – schon angesprochen – wie ein Gegenspieler von James Bond und das Zusammenbrechen aller Funktionen der Stadt lässt sie wieder in ihrer Grundform als graue, flache Plastikmasse erscheinen. Dass die Isolation der Stadt selbst im fernen Finnland so reibungslos verlaufen kann, ist eine der konstruierten Wendungen des Romans.

Der Brückenschlag zu „Der Narrenturm“ erfolgt mit der konsequenten Abwehr fremdartiger Invasoren vor allem in den nicht ganz klaren Geistern der Protagonisten. So fühlt sich Anatol Hurwitzka von Riesenkakerlaken verfolgt, welche die Erde erobern müssen. Alleine ohne Kontakt zum Großadministrator und seinen Therapeuten ignorierend steht er buchstäblich alleine da. In „Der Narrenturm“ finden sogar zwei Invasoren statt. Der angesprochene Diebstahl irdischer Frauen für  finstere, unaussprechliche Absichten und eine Invasion aus der Zukunft – zwei Milliarden Jahre sind eine Strecke, die überwunden werden muss -  durch die Zeitspione, die ein weiterer Bewohnen dieses Hochhauses Karnegoris Pan sehen kann. Der Oberspion spricht wie ein Gangster aus dem 20. Jahrhundert, heißt aber T.E.U.F.E.L.  Da Pan ein eher mittelloser Schnüffler ist, darf er keinen ihm von einer Frau angebotenen Auftrag annehmen, da sonst Temporalinterferenzen drohen.  Auch wenn „Der Narrenturm“ sich aus Episoden zusammensetzt – die erste in den Plot einlaufende Geschichte „Star- Amore“ ist gesondert im Jubiläumsband 5 veröffentlicht worden -, funktioniert die Handlung den Gesetzen der amerikanischen Slap Stick Filmen folgend besser. Wenn Lorrimer und Pan schließlich einen Würgebaum suchen – sie sind die Feinde des Solaren Imperiums- , dann hat Ziegler die beiden Spannungsbögen nicht nur elegant miteinander verbunden, sondern vielleicht auch einen Hinweis auf die Verfolgungskomödie „It´s a mad,mad,mad World“ im Text untergebracht. Das Ende wirkt auch konsequenter entwickelt, da nicht ein Über Antagonist aus dem Nichts auftaucht, sondern die potentiellen Feinde in Form kleiner zweibeiniger Rasierpinsel mit grünen Borsten und violetter Haut den Irrsinn konsequent fortsetzen. Niemand kann solche „Feinde“ ernst nehmen und einen klassischen Spannungsaufbau gibt es nur in „Die Stadt der Zukunft“, während „Der Narrenturm“ den Leser von einem Lachanfall zum Nächsten treibt. In „Die Stadt der Zukunft“ greift der Autor hinsichtlich der Witze auch auf einige Muster zurück, die schon während der Erstveröffentlichung des Buches veraltet erschienen sind, während „Der Narrenturm“ verschiedene Genre beginnend mit dem Hardboiled Roman und endend in der Screwballkomödie deutlich mehr auf die Schippe nimmt.  Von seinen drei Perry Rhodan Planetenromanen ist „Expedition ins Totenreich“ für Stammleser seine wahrscheinlich zugänglichste Arbeit, in welcher neben Perry Rhodan auch ein Godot Imitat namens Atlan sowie die Superintelligenz „ES“ mehr oder minder größere Rolle spielen. Die hier zusammengefassten Planetenromane sind wie mehrfach erwähnt außergewöhnlicher, teilweise provokanter und wie Rainer Nagel erwähnt, auch hinsichtlich ihrer Ausrichtung satirischer. Ohne boshaft zu sein spielt Thomas Ziegler dank der minutiös ausgearbeiteten liebenswerten und doch durch die Bank verrückten Charaktere mit den Erwartungen der Leser und präsentiert zwei die Aufmerksamkeit immer wieder fordernde, deswegen auch aus der Reihe fallende Perry Rhodan Geschichten, die durch den reichhaltigen Hintergrund der Serie weniger erklärungsbedürftig sind, aber auch außerhalb des bekannten wie markanten Kosmos funktionieren könnten.  Schade ist, dass Alfred Kelsner s herausragendes Titelbild zu „Der Narrenturm“ in diesem Fall nicht in irgendeiner Form den Weg auf den Zaubermond Doppelband gefunden hat.      

Taschenbuch, 355 Seiten

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