Jules Vernes Kapitän Nemo - Neue Abenteuer Band 3 "Der Gott von Amazonien"

Jules Vernes Kapitän Nemo, Band 3, Titelbild
Thomas Ostwald

“Der Gott von Amazonien” präsentiert ein weiteres, im Grunde in sich abgeschlossenes Abenteuer.  Wieder taucht der anfänglich etablierte Erzähler Ned Land nicht auf, der Fokus liegt auf anderen Nebenfiguren.

Um seine Verteidigungsstrategie gegen ein wachsendes Heer von Feinden mit dem verrückten Wissenschaftler aus „Die 500 Millionen der Begum“  Schultze an der Spitze zu perfektionieren, hat Kapitän Nemo vorausschauend im zweiten Band seltene Rohstoffe vom Meeresgrund bzw. am Fuß der Eis Sphinx aufgesammelt. In dieser Geschichte geht es in eine wärmere Region.  Seine beiden Genies Robur und Baron von Greifenberg brauchen einen ganz besonderen Diamanten.

Die Reise bis in den tiefsten Dschungel Amazoniens ist in zwei große Blöcke eingeteilt. Es gibt zwei nicht unbedingt grundlegend, aber doch erkennbar verschiedene Konfrontationen vor allem mit der Natur. Dabei begegnen sie erst noch einer künstlichen Insel unter anderem auch mit ausgestorbenen Kreaturen.  Der Plotverlauif erinnert ein wenig positiv an eine Hommage an „Die vergessene Welt“ , wobei kein Professor Challenger aus dem Dschungel springt. Im zweiten Abschnitt werden Nemos Männer gezwungen, die Bedrohung eines Dschungelvolkes durch ihren zornigen Gott – einen aktiven Vulkan – auszuschalten.  Der Autor findet in diesem Szenario eine originelle und für den Leser jederzeit nachvollziehbare Auflösung, wobei die Grundstruktur sich noch mehr als im zweiten Buch der Serie an Paul Alfred Müllers „Sun Koh“ oder mit Einschränkungen auch „Jan Mayen“ Abenteuer anlehnt. Die Herausforderungen werden mit technischer Gründlichkeit und nicht körperlicher Aggressivität gelöst.  Dabei verweist der Autor vielleicht unabsichtlich zu wenig auf Jules Vernes eigenen Amazonas Roman „Die Jangada“, in dessen Verlauf die Protagonisten allerdings in erster Linie 800 Meilen auf dem Amazonenstrom reisten.  

Der Epilog deutet wie auch die Verwandlung des Norwegers ein wenig in Richtung Steampunk, wobei der Leser sich wünscht, dass hinter diesem mechanischen Beobachter vielleicht ein anderer Antagonist als der stetig  lebensgefährliche Situationen überlebende Schultze steht. Die Jules Verne Figur ist nicht einmal ein schlechter Antagonist, seine Aktionen werden zu abrupt und zu konzentriert beschrieben, als das ein wirklicher Spannungsaufbau stattfindet.

Obwohl der dritte Band gute zwanzig Seiten kürzer ist, ist der Plot besser ausbalanciert und die lange, nicht uninteressante Einleitung des zweiten Romans fällt zu Gunsten einer relativ schnell ablaufenden Suchaktion weg.

Hinsichtlich Kapitän Nemo führt dieser dritte Band einen wichtigen Handlungsfaden weiter. Schon im zweiten Buch ist angedeutet worden, dass der große Geist und Schöpfer der „Nautilus“  nicht mehr gesund ist und sich wie sein Gegenspieler immer wieder Regenerationsbädern aussetzen muss.  Nemo sucht neben dem Diamanten für seine beiden Wissenschaftler auch nach einem besonderen Pilz, der für ihn ein „freies“ Leben wieder bedeuten könnte und gleichzeitig die medizinische Forschung revolutionieren könnte.

Diese Suche nach Artefakten, wunderlichen Gegenständen oder naturwissenschaftlichen Phänomen bildet ja im umfangreichen Werk Jules Vernes einen wichtigen Schwerpunkt und nach den zahllosen Actionszenen ist es passend, dass Thomas Ostwald auch diesen grundlegenden Aspekt beleuchtet.

Der Autor nimmt sich ein wenig Zeit, die Besatzungsmitglieder weiter zu charakterisieren, wobei das verbale Geplänkel sich nicht zu stark wiederholen sollte.  Zusammengefasst ist „Der Gott von Amazonien“ eine solide Fortsetzung der ersten beiden Bücher mit einem in sich abgeschlossenen Plot, ein wenig zugänglicher als die allerdings deutlich ambitionierter gestalteten ersten Bände.

Das besondere Flair von Jules Vernes Reiseromanen stellt sich aber nur an wenigen Stellen ein, so dass bis auf die Zeichnung der einzelnen Protagonisten es sich auch um ein Pulpabenteuer durchaus auch mit bezügen zur „Rolf Torring“ Serie handeln könnte, die ebenfalls im BLITZ Verlag fortgesetzt und von Thomas Ostwald geschrieben wird.   

www.blitz-verlag.de

Umfang: 120 Seiten

Taschenbuch, direkt vom Verlag zu bestellen

Titelbild: Mark Freier