Das Arkonadia Rätsel

Das Arkonadia Rätsel, Titelbild, Rezension
Andreas Brandhorst

Für den ersten in seinem neuen “Omni” Universum spielenden Roman mit dem gleichen Titel hat Andreas Brandhorst den Kurd Laßwitz Preis erhalten.  „Das Arkonadia Rätsel“ führt die Handlungsstränge fort. Vor allem greift der inzwischen wieder in Norddeutschland lebende Autor teilweise sehr weit in die noch zu entwickelnde Vergangenheit seiner Serie zurück und erhöht vordergründig die Komplexität der ganzen Saga.  Sprachlich wäre es aber sinnvoller, wenn Andreas Brandhorst sich besinnt und die langen Bandwurmsätze deutlich kürzt. Eine große Schwäche nicht nur der Romane seiner zweiten Epoche, sondern von Beginn seiner Taschenbuch und Hardcoververöffentlichungen an ist der Hang, episch zu erzählen ohne immer etwas Epochales zu schreiben zu haben. Viele seiner Bücher lebten eher von den  ausführlichen, exotischen Hintergrundbeschreibungen und wirklich fremden Welten, die der Autor entwickelt hat als von einem zugrundeliegenden stringenten Plot.  Auch veränderte Andreas Brandhorst bis auf die Exkurse in den Science Thriller Bereich seine sprachliche Ausdrucksweise zu wenig. Die Bücher wirkten gleichförmig und zu wenig dynamisch.  Anstatt Szenen direkt zu erzählen, sucht Andreas Brandhorst nach einem noch eleganteren Weg, um eine fiktive Kurve zu nehmen. Am Ende steht sich der Autor selbst im Weg.

In „Omni“ entwickelte der Autor neben dem angesprochenen phantastischen Hintergrund vor allem die beiden bislang wichtigen Protagonisten Jasmin und Jasper.  Die Evolution von Vinzent Akurian Forresterr und Isdina- Iasdchu alias Zinnober zu den beiden bezeichneten Charakteren erfolgte durch die Superzivilisation/ Superintelligenz Omni, welche sie nicht nur biologisch veränderte, sondern vor allem zu Beginn auch entwurzelte.  Über diese Entwicklung stand mit dem Zehntausendjährigen  Aurelius eine dieser mystischen Überfiguren, die Andreas Brandhorst immer wieder als Mittler zum Leser nutzt, ohne ihren Hintergrund abschließend zu entwickeln.

In „Das Arkonadia- Rätsel“ beginnen die Protagonisten stellvertretend für den Leser die Motive der Superintelligenz zu hinterfragen. Andreas Brandhorst tut sich mit diesem inhaltlichen Plot nicht unbedingt einen Gefallen. Hinterhältige Superintelligenz am besten auch noch mit subtilen Humor und einem Hang zur „reinen“ Menschenliebe gibt es in der ultimativen  Form „Es“ vor allem in der Perry Rhodan Serie. Wer sowohl die Abenteuer des Erben des Universums liest als auch Andreas Brandhorst schätzt, wird unwillkürlich mit der Frage nach Überschneidungen konfrontiert.

Auch hier ist die Ablenkung die beste Strategie. Um das Vertrauen von Jasper und Jasmin nicht zu verlieren, schickt Omni die Beiden auf eine natürlich sehr gefährliche wie außergewöhnliche Mission. Sie sollen das Rätsel um Arkonadia lösen und dabei die auch im ersten Buch zumindest  impliziert erwähnte Samantha finden, eine verschollene Reisende.

Interessant ist, dass Andreas Brandhorst im Grunde einen Schritt zurückgeht. Omnis Macht ist im Auftaktroman dieser neuen Serie bislang nicht überall spürbar gewesen. Im Grunde wurde mehr über den potentiellen Einfluss der Superintelligenz gesprochen als das der Leser sie irgendwo sehen / fühlen/ anfassen konnte. Darum irritiert es anfänglich, dass mit Arkonadia ein Planet vorgestellt wird, der noch gar nicht so stark in den Machtbereich Omnis gefallen ist.

Im Gegensatz zu einigen anderen Science Fantasy Abenteuern wie Aldiss „Helloconia“ Serie oder Michael Coneys „Der Sommer geht“ wird der Planet regelmäßig alle vierhundertfünfunddreißig Jahre von einer wie Brandhorst schreibt technologischen Inhibition heim gesucht. Auslöser ist das Nerox, eine Art Labyrinth, in dem eine Gefahr nach der nächsten lauert.  Dabei bleibt Andreas Brandhorst ausgesprochen vage, so dass der Leser auch ein wenig an „Projekt Luna“ von Algis Budrys erinnert wird, in dem auf dem Mond Menschen in ein Artefakt eindringen mussten, das nicht nur außerirdische Wurzeln hat, sondern aus einer Reihe von Todesfallen bestand, an deren Ende buchstäblich die Konfrontation mit den Urängsten stehen könnte.

Das Nerox ist das auch chronologisch verbindende Element des Buches. Jasper und Jasmin tauchen gute zwei Monate vor dem erneuten Auftauchen auf dem Planeten auf.

In einer weiteren Handlungsebene entwickelt Andreas Brandhorst mit einer gänzlich neuen Figur den entsprechenden Hintergrund der Geschichte. Der Werkzeugmacher Zirzo ist alt und krank geworden von dem wertvollen Material Supra, das er für seine Werkzeuge verarbeiten muss. Diese Werkzeuge sind wichtig, um in das Innere des Nexus bei dessen letzten Auftauchen einzudringen.  Der General Tailos will nicht nur das Werkzeug des alten Mannes für sich haben, um seinen Sohn beim nächsten Auftauchen bestmöglich ausgerüstet in das Labyrinth zu schicken, gegen seinen Willen mit nicht unbedingt sanfter Erpressung muss Zirzo den Despoten begleiten.  Interessant ist, dass in Zirzos Lebensgeschichte auch eine Idee für den ganzen Kosmos liegt, denn er schafft eine Frauenskulptur, die auch im ersten Buch erwähnt worden ist und deren Tragweite der Leser noch gar nicht ahnen kann.      

Andreas Brandhorst nimmt sich sehr viel Zeit, um die einzelnen Handlungsebenen eben auch durch das Eintreffen des Nexus begünstigt zusammenzuführen. Dabei wirkt die Überleitung zum ersten Buch sehr überzeugend. Neuleser werden in die wichtigsten Begriffe eingeführt, während Stammleser durch eine alternative Perspektive nicht gelangweilt erscheinen. Das große Problem der Gesamtstruktur des Buches liegt in Zirzos ausführlicher, isoliert betrachtet auch ansprechender Geschichte, die in einem direkten Zusammenhang mit dem dynamischeren Finale zu umfangreich, teilweise auch zu phlegmatisch erzählt erscheint.

Diese Struktur geht zu Lasten der charakterlichen Entwicklung vor allem der Gegenpole Jasmin und Jasper. Sie unterscheiden sich deutlich von den allerdings auch lebendigeren Inkarnationen im ersten Buch, ohne dass der Leser diese Entwicklung sofort nachvollziehen kann.  Dadurch wirken die Übergänge zwischen den beiden Büchern sprunghaft.

Hinzu  kommt, dass der Hintergrund der einzelnen Welten im Allgemeinen und vor allem Arkonadia im Besonderen viel zu statisch entwickelt worden ist. Wie eingangs erwähnt gehört Andreas Brandhorst zu den Autoren, die wirklich exotische Plätze und fremdartige Wesen beschreiben können. „Das Arkonadia- Rätsel“ wirkt in dieser Hinsicht eher wie ein Sammelsurium von verschiedenen Ideen aus unterschiedlichen Quellen, von denen einige zumindest in der vorliegenden Form nicht unbedingt originell, sondern aus anderen Science Fantasy Werken natürlich verfremdet und aufs eigene Universum zugeschnitten übernommen worden sind. Es ist kein Plagiat, aber auch keine Hommage.

Vor allem ist es teilweise ein überambitionierter, mit nicht unbedingt abschließend entwickelten Ideen überfrachteter, leider auch sehr schwerfällig geschriebener Roman, der vor allem Andreas Brandhorsts Fans bei der Stange halten kann, ihm aber wahrscheinlich keine neuen Leser erschließen wird.

Originalausgabe erschienen 2017

deutsche Ausgabe 

Piper Verlag Paperback

534 Seiten

ISBN 3-492-70426-3.