Hexer Stanley Chroniken IV

Hexer Stanley Band 4, Titelbild, Rezension
H.J. Müggenburg

Im vierten Band der auf den Originalmanuskripten  basierenden “Hexer Stanley” Werksausgabe erscheinen mit „Die Puppen“ der ursprünglich als vierten und nicht als achter Teil veröffentlichte Zauberkreisroman „Die Monsterpuppen“ (Silber Grusel Krimi  92, 1975) sowie „Die Todeszelle des Doktor Quintus“  (Originalheftromantitel „Im Horrorkäfig des Dr. Quintus“, Silber Gruselkrimi 97) zwei weitere Romane. Zusätzlich zu  den sieben im Zauberkreis Verlag publizierten „Hexer Stanley“ Bänden werden zwei Erstveröffentlichungen dieser Sammeledition beigefügt. Neben dem nostalgischen Vorwort von Horst Hermann von Allwörden  findet sich im Anhang eine umfangreiche Titelbildgalerie.

Auf den ersten Blick ähneln sich  die beiden Romane von der grundlegenden Struktur her und zeigen auf diese Art und Weise die Stärken und Schwächen der Serie auf.  Selbst das Originalmanuskript des ersten hier gesammelten Romans „Die Todeszelle des Doktor Quintus“ – der Titel ist aber mit einer der besten Szenen der „Hexer Stanley“ Serie auch Programm – wirkt sehr abrupt beendet, als wenn der Autor auf jeden Fall seinen psychopathischen wie charismatischen Antagonisten noch einmal in Aktion treten lassen wollte. „Die Puppen“ ist in dieser Hinsicht eleganter abgeschlossen worden. Zwar schlägt  H-J.- Müggenburg geschickt einen Bogen, in dem er die Leser direkt anspricht und einen Nebenkriegsschauplatz im Off abschließt, aber angesichts der ganzen Struktur des siebenten Bandes der Serie wird der Leser förmlich  nach einem an James Bond Filme erinnernden Finale unsanft aus der Handlung ausgeschlossen.  Strukturtechnisch ist es aber die größte Schwäche der beiden gesammelten Bücher.

In den „Hexer Stanley“ Romanen vereint der Autor nicht selten absichtlich und augenzwinkernd die Klischees des Genres, in dem der Magier und seine Getreuen unterschiedlichen bekannten Kreaturen begegnen. In beiden Romanen versucht der Antagonist mit Geld und einem magischen Buch im ersten Heft, mit moderner Technik und Forschung im zweiten Roman eine Armee zur persönlichen Verfügung aufzustellen. Beide Schurken streben nach Macht und damit auch Einfluss, wobei Dr. Quintus seine Geschöpfe als  eher mittelbares Werkzeug zum Zweck ansieht.   Der eine will Zombies nach dem Muster der Priester Hawaiis erschaffen, die als furchtlose Soldaten ihm die Herrschaft sichern. Dazu investiert der Schurke mehrere Millionen, um ein entsprechendes Gerüst zu erschaffen, das nur mit untotem Leben erfüllt werden kann, wenn ihm ein Buch aus der Bibliothek des Hexer Stanleys zur Verfügung steht.  Der Andere hat eine Firma gegründet, die auf dem Gebiet der Genetik forscht. Sein Ziel ist es, perfekte Puppen zu züchten, aus denen er schließlich auch willige wie geistig manipulierbare Helfer züchten kann.

Während Doktor Quintus unter anderem mit seinem devoten Prototypen „18“ auf Dominanz setzt, verfügt der zweite Schurke mit den menschenähnlichen unheimlichen Puppen über ein diabolisches und spannungstechnisches sehr viel interessanteres Werkzeug. Alleine die Auftaktsequenz mit dem Profikiller, der eine Puppe in Polizeiuniform überfährt und dadurch in Schwierigkeiten gerät zeigt, wie effektiv Müggenburg Spannung und gruselige Atmosphäre miteinander verbunden hat.

Ein zweites die beiden Romane strukturtechnisch verbindendes Element ist das Auto.  Rasante Verfolgungen ziehen sich wie ein roter Faden durch beide Abenteuer, wobei Hexer Stanley bei der potentiellen Übergabe des Buches proaktiv wird, während im zweiten Abenteuer die Handlanger der Schurken verfolgt und verloren werden. Dabei geht der neue Sportwagen, den George extra in den USA als Erfüllung eines Traums gekauft hat, zu Bruch.  Es ist aber nicht das einzige Fortbewegungsmittel. Neben dem zur Verfügung gestellten Jet, mit dem Hexer Stanley ohne Probleme sowohl in die Karibik als auch die USA eilen kann, spielt auch ein Rennboot eine wichtige Rolle.  Diese Ideen aus den  Agentenfilmen, die noch bis in die siebziger Jahre rein die James Bond Welle geritten haben, erscheinen auf den ersten Blick befremdlich, aber neben dem Humor ist erkennbar, dass übernatürliche Phänomene nur selten mit reiner Magie bekämpft werden. Hexer Stanley und vor allem George greifen gerne zu griffigeren Methoden, um die Feinde zu besiegen.

Ebenfalls eine Doppelung stellt die Gefahr der verwöhnten  Gattin dar.  Während sie sich in „Die Puppen“ gegen einen Angreifer in ihrem Hotelzimmer mit allen möglichen Gegenständen wehren muss und die bedrohliche Lage fast wie eine Farce erscheint, wird sie als zweite Person im ersten Buch auf eine exotische Insel verschleppt. Entführungen ziehen sich wie ein roter Faden durch die „Hexer Stanley“ Romane und manchmal  wünscht sich der Leser, der Autor hätte einige  andere Wendungen in den Handlungsverlauf eingebaut, aber grundsätzlich bedingen diese Vorgehensweisen auch ein schnelleres Handeln vor allem vom Hexer Stanley und George, der in den beiden hier gesammelten Rollen gewichtig, aber nicht mehr so dominant wie in den ersten Romanen des Zyklus in Erscheinung tritt.  

Letzt endlich verbindet aber noch ein Element nicht nur diese beiden Bände. Die Schurken müssen vor ihrem mittelbaren oder unmittelbaren Ende unbedingt mit ihren Plänen entweder vor den Gefangenen prahlen oder ihre in dieser Hinsicht  naiven Helfer über ihre Pläne ausführlichst informieren. Nicht selten greift Müggenburg auf einen weiteren erzähltechnischen Trick zurück, in dem er direkt die Leser anspricht und sie so auch unter Verzicht auf einen Ich- Erzähler  viel besser ins Geschehen mit einbeziehen kann. 

Auch wenn diese grundlegenden Korsettstangen in den beiden hier gesammelten Bänden klar erkennbar sind und teilweise zu routiniert abgespielt werden,  überzeugen sie auf der anderen Seite durch wieder spritzige und nicht mehr kindische Dialoge.  Das Tempo der Plots ist wie angesprochen sehr hoch. Dazu kommen aber eine Reihe von unheimlichen Szenen wie im Verließ mit den Ratten oder der erste Auftritt der Puppen. Interessant ist, dass vor allem in „Die Puppen“ der Autor mit der attraktiven Inder noch ein erotisches Element im Ärmel hat, das auch eher der James Bond Serie dieser Zeit entspricht.

Nach mehr als vierzig Jahren ist es interessant, zum ersten Mal die Originalmanuskripte zu lesen, welche stark von den schließlich publizierten Heftromanen abweichen. Hinzu kommt weiterhin, dass dem Zeitgeist der siebziger Jahre mit Alkohol zum Frühstück und Zigarettenrauchen als Nervennahrung, mit heißen Mädels und schnellen Sportwagen sowie der reichen Jetset Gesellschaft auf dem Weg  zur Rettung der Menschheit geschuldet die  Abenteuer des Hexer Stanleys auch heute noch gut und frech zu lesen sind. Im Gegensatz zu vielen anderen Horror Romanen dieser Zeit. 

  • Taschenbuch: 256 Seiten
  • Verlag: CreateSpace Independent Publishing Platform (29. November 2017)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 1979121494
  • ISBN-13: 978-1979121491
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