A Killing in Comics

Max Allan Collins

„A Killing in Comics“ ist der erste von drei Romanen, die in und um das Comicmilieu der späten vierziger und frühen fünfziger Jahre spielen. Die ersten beiden Romane waren anscheinend nicht wie erhofft erfolgreich, so dass erst Hard Case Crime den abschließenden Band „Seduction oft he Innocents“ mit einigen Jahren Verspätung publizierte.

Alle drei Werke sind von Max Allan Collins geschrieben worden. Illustriert hat sie Terry Beatty. Von der Struktur her läutet der erfolgreiche Comiczeichner Beatty nicht nur jedes Kapitel ein, sondern in fast klassischer Fernseh-  und weniger Romanmanier werden alle Verdächtigen bildlich noch einmal vorgestellt.

In seinem in diesem Fall sehr kurzen Nachwort geht der routinierte Max Allan Collins auf die Zielgruppe dieser Bücher ein. Sie sollen mit Hintergrundinformationen und verfremdeten, aber klar erkennbaren comichistorischen Protagonisten die Freunde der fünften Kunst genauso ansprechen wie Leser, die an historisch recherchierten Krimis interessiert sind. Orientiert hat sich Max Allan Collins vor allem an Rex Stout und seinem Nero Wolfe, wobei der Unterschied nicht größer sein könnte. In den drei Büchern werden alle potentiell Verdächtigen abschließend eingeladen, um zu erfahren, wer mindestens einen Mord begangen hat. Der Täter wird dabei quasi gezwungen, ein Geständnis abzulegen, da die bisherigen Beweise nicht für eine Verurteilung ausgereicht haben. Während Rex Stout aber seine Fälle variierte, leidet die unterhaltsame Serie unter dem nicht gänzlich zufriedenstellend abgeschlossenen Gesamtkonzept, das die Fälle zwar im Comicmilieu spielen, aber wie die enttäuschte Presse abschließend feststellt, nicht zwingend damit etwas zu tun haben müssen.

Die eigentlichen Ermittler abseits des sympathischen, aber auch überforderten Detective Chandler sind Maggie Starr und ihr Stiefsohn Jack Starr, der nur knapp zehn Jahre jünger als seine immer noch strahlend schöne ehemalige Stiefmutter ist.

Maggie Starr ist quasi Max Allan Collins Nero Wolfe. Während Nero Wolfe sein Haus nicht verlassen möchte, weil es lästig ist und seine Bequemlichkeit stört, verlässt Maggie Starr ihr ambivalentes Hochhaus – Restaurant, Büros, Sporthalle und Wohnbereich auf mehreren Etagen – immer dann nicht, wenn sie ihr Zielgewicht nach oben durchbrochen hat und der Meinung ist, sie muss eisern abnehmen. Wobei sie auch über dem Zielgewicht besser aussieht als viele andere Frauen. Findet auch ihr Schwiegersohn Jack Starr. Dessen Fußarbeit fasst Maggie während des Finals angereichert durch weitere allerdings im Off stattfindende Reserchen gut zusammen. Sie ist die dominante Persönlichkeit des Teams, die sowohl als ehemaliges Starlet wie auch inzwischen als exzellente, aber in ihrem Inneren auch menschliche Geschäftsführerin den eigenen Verlag mit Comicstrips führt, der täglich die amerikanischen Zeitungen mit entsprechendem Material versorgt.

Jack Starr ist ihr ehemaliger Schwiegersohn und inzwischen Vizepräsident der Firma. Nach dem Tod ihres Mannes – immer noch Major genannt – hat Maggie Starr Jack aufgenommen und ihm nicht nur Lohn und Brot, sondern Verantwortung gegeben. Jack verfügt über eine Detective Lizenz und ist im Grunde der starke Mann, der sich im Comicgeschäft um die Sachen kümmert, die keinen Rechtsanwalt benötigen.    

In den folgenden zwei Romanen verfeinert Max Allan Collins das im vorliegenden Band etablierte Konzept noch ein wenig, aber wiederholt sich auch öfter.

Der Fall ist quasi ein Klassiker, den Rex Stout ebenfalls in seiner Novelle „Zyankali für den Weihnachtsmann“ schon angesprochen hat.

Verleger Donny Harrison feiert seinen fünfzigsten Geburtstag. Er hat vor einigen Jahren zusammen mit seinem Partner zwei jungen Kids die Rechte an dem Superheldencomic „Wonder Guy“. Wie bei den Anspielungen auf „Batman“ ist klar erkennbar, dass Max Allan Collins die „Superman“ Geschichte mit den beiden unglücklichen kreativen Köpfen dahinter abspult.  Donny Harrison tritt sogar in einem extra für ihn gefertigten „Wonder Guy“ Kostüm auf. Kurz vor seiner Ansprache bricht er zusammen. Anscheinend hat ihn jemand vergiftet.

Natürlich kommen alle im Raum anwesenden Personen als Täter in Frage. Bis auf seine Geliebte, die mit oder ihn eine abgesicherte Zukunft hat.   In ihrem Waldorf Asteria Appartement fanden sowohl die Feier als auch der Mord statt.

Maggie und Jack Starr haben ein eigenes Interesse an der Aufklärung der Tat. „Woder Guy“  wird mit ihnen allerdings aufgrund des abflauenden Interesses bei einigen Zeitungen platziert und dieses Potential wollen sie nicht verschenken. Zumal die Verträge des kreativen Duos auslaufen.

Die Stärke des Romans ist weniger der Kriminalfall. Der Leser kann nicht erahnen, wer der Täter ist. Rückblickend macht der Fall Sinn, aber Max Allan Collins hat immer wieder gerne auf die Möglichkeit zurückgegriffen, den eigentlichen Täter als einzigen Charakter keinem intensiveren Verhör auszusetzen und dadurch eher den Verdacht auf Andere zu lenken. Das ist auch in diesem Buch der Fall.

Die Faszination seiner ganzen Krimis liegt auf der perfekten Mischung aus Fiktion und Fakten. Wie in seiner sechsteiligen „Desaster“ Serie oder den in dieser Hinsicht unerreichten Nate Heller Büchern entwickelt Max Allan Collins eine perfektionierte Mischung, die Comicnerds noch mehr anspricht als Krimileser. Fiktiv entlang den Fakten zeigt Max Allan Collins auf, das die Comicindustrie von Beginn an kein Platz für Träumer gewesen ist. Knallharte und manchmal auch halbseidene Geschäftsleute haben die Branche bestimmt. Selbst die „kreativen“ Köpfe haben anscheinend ganze Abteilungen von unterbezahlten freiberuflichen Graphikern beschäftigt, die wiederum unter Termindruck die einzelnen Zeichnungen erschufen, während die Namen anderer Menschen auf den Köpfen der bunten Hefte prangten.

Die Nebenfiguren sind dreidimensional und manchmal exzentrisch gezeichnet worden. Vor allem die markanten Köpfe sowohl hinter „Batman“ wie auch „Superman“ Variationen kommen nicht immer nur als unschuldig oder ausgenutzt daher. Mit Respekt, aber auch kritischer Reflektion zeichnet der Autor ein solides Bild dieser Epoche, die  bald für Jahre, wenn nicht Jahrzehnte vom Fernsehen unter Druck gesetzt werden sollte. Max Allan Collins hat ein Auge für die zahllosen Details und mit seinem eigenen Wissen als Comicautor kann er wie eben auch Jack Starr als Mitinhaber eines Verlages sein Insiderwissen unauffällig und nicht belehrend an Mann/ Frau bringen. Das macht den auf der einen Seite zeitlosen, auf der anderen Seite auch ein wenig antiquierten Charme dieser Bücher aus.

Die Romane um Maggie und Jack Star gehören nicht zu Max Allan Collins besten Arbeiten. Dazu sind die Kriminalfälle abschließend zu glatt und der Autor konzentriert sich im Gegensatz zu Nate Heller, der eine Reihe von offenen realen Kriminalfällen „lösen“ kann,  vor dem allerdings markanten und sehr gut gezeichneten Hintergrund auf menschliche Dramen.  Der Auftaktroman überrascht durch die Etablierung des ungewöhnlichen, aber gut inszenierten Hintergrunds und die liebenswerte Entwicklung der beiden Hauptfiguren noch am ehesten, während das kritische Thema der Jugendgefährdung durch Comics im dritten Band nur noch als eine Art Aufhänger dient.  Auch der amerikanische Originaltitel könnte ein wenig irritieren, denn die Comics sind wie eingangs erwähnt eher ein Katalysator als ein Grund für den Mord.

A Killing in Comics (Dover Mystery Classics)

  • Taschenbuch: 272 Seiten
  • Verlag: Dover Pubn Inc; Auflage: First Edition, (27. November 2015)
  • Sprache: Englisch
  • ISBN-10: 0486798704
  • ISBN-13: 978-0486798707
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