The Cipher

Kathe Koja

Der Apex Verlag legt mit „The Cipher“ den Debütroman Kathe Kojas neu auf. Neben „the Cipher“ erschien noch ihr zweites Buch „Bad Brains“ – ebenfalls im Apex Verlag neu aufgelegt – sowie zwei Kurzgeschichten, während die Autorin in den USA weiterhin Horror, aber auch Jugendbücher verfasst und veröffentlicht hat.

Das Buch stammt aus den frühen neunziger Jahren und stellte in den USA den Beginn der DELL ABYSS Reihe dar, in welcher der Verlag provokanten Horror neu veröffentlichen wollte. Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts hatte der Slasher Boom im Grunde das klassische Horrorgenre getötet. Das Publikum war müde.

Dell plante mit der neuen Reihe eine Art Gegenentwurf zu den Cyberpunks, welche einige Jahre vorher dem darbenden Science Fiction Genre neues Leben eingehaucht hatte. Kathe Koja erreichte zwar niemals den Status eines William Gibson, galt aber als eine der ersten Splatterpunks, wie dieses ultrabrutale Bodyhorrorgenre bald genannt werden sollte. Dell Abyss hat die ersten Taschenbücher mit provozierenden Titelbildern versehen, häßlich und punking.  Ganz bewusst wandte sich der Verlag an eine andere Zielgruppe und erzielte vor allem mit den ersten Büchern einen durchschlagenden kommerziellen Erfolg. Erst später erschienen mehr und mehr Bücher, die Gewalt um ihrer selbst willen predigten, aber Kathe Koja gehörte zu den Autoren, die David Cronenberg mit seinen seit den siebziger Jahren aufsehenerregenden Filmen folgten und neue Wege gingen.

Für „The Cipher“ ist Kathe Koha sowohl mit dem Bram Stoker als auch dem Locus Award allerdings nicht als bester Roman, aber als bester Newcomer des Jahres ausgezeichnet worden.    

In einem Interview hat Kathe Koja davon gesprochen, dass sie den ersten Entwurf unter dem Arbeitstitel „The Funhole“ quasi neben der Betreuung ihres Kindes geschrieben hat. Nach knapp einhundert Seiten verwarf sie die erste Fassung und legte noch einmal neu los.

Der Drang, fast Druck einen Roman zu schreiben ist von der ersten Seite an spürbar. Wie auch ihre späteren Arbeiten legt die Autorin wenig Wert auf eine Exposition, auf eine Etablierung des Szenarios und vor allem eine umfassende Charakterisierung ihrer Protagonisten. Dabei verzichtet sie allerdings auch auf die Holzhammereröffnungen oder die falschen Epiloge ihrer Kollegen, die noch einmal für negativ gesprochen Stimmung sorgen wollen.

Der Leser wird in ihren Romanen wie bei David Cronenbergs Filmen aus dem Alltag unwiderstehlich, aber auch unerklärlich in eine seltsam bizarre Zwischenzone gezogen. Keine der Begegnungen, der Phänomene wird erläutert.

Nicholas ist ein klassischer Verlierer, der in einem Videoladen arbeitet und sich zu oft betrinkt. Nicht zuletzt dank der ständigen Kost an zweitklassigen Horrorfilmen lebt er in einer Art Nirvana, abseits von der dem Leser vertrauten Realität. Seine einzige Freundin ist Nakota einzige Freundin. Ab und zu haben sie auch Sex. Es ist keine klassische Partnerschaft. Nakota wirkt eher wie der perfekte Traum eines Mannes. Sie flucht wie ein Mann, sie raucht nicht nur weiches Zeug, sondern auch harte Drogen. Vor allem scheint sie deutlich abenteuerlicher und aufgeschlossener zu sein als Nicholas, der sich in ihrem langen Schatten wohler fühlt.

Kathe Koja nimmt sich wenig Zeit, diese ungewöhnliche und asymetrische Partnerschaft zu beschreiben. Sie entwickelt sich nicht, sie ist wie vieles in diesem Buch einfach da und muss so akzeptiert werden.  Damit umschifft die Autorin alle Klischees und provoziert auch die Leser. Der Verzicht auf jegliche aus dem stereotypen Horrorgenre bekannte Klischees macht das Buch so seltsam faszinierend. Es gibt auch keine Kennenlernenphase, keine Erklärungen hinsichtlich ihrer offensichtlich ins Nichts führenden Antibeziehung. Kein Vorspiel, um es vulgär, aber plakativ auszudrücken.

Durch einen Zufall finden sie im Keller von Nicholas Appartementhaus ein Loch im Kellerboden.  Der Boden ist nicht zu erkennen, die Wände sind schwarz. Eine klassische Anomalie in dieser geordneten Welt. Auch hier verzichtet die Autorin auf jegliche Erklärungen. Die Entdeckung findet im Off statt, die beiden Protagonisten sind mitten in den amateurhaften Untersuchungen, als die Handlung plötzlich für den Leser einsetzt. „The Cipher“ wirkt wie ein Buch, dessen Lektüre in der Mitte beginnt und irgendwo, aber nicht am klassischen Ende aufhört.  Das ist die Stärke und gleichzeitig auch die Schwäche des Romans. Leser, die sich an etwas festhalten möchten und nicht den Body Horror per se lieben, sollten einen Bogen um "The Cipher" machen. Wer gerne provoziert wird und vor allem auch aus literarturhistorischer Sicht verfolgen möchte, wie sich der Horror quasi am eigenen Schopfe nach dem Slasherboom aus dem Sump des Vergessen gezogen hat, kommt an den vor allem ersten Bänden der damals wirklich innovativen Dell Abyss Reihe nicht herum. Und Kathe Kojas "The Cipher" ist der Auftaktroman. Alleine aus diesem Grund ist die Wiederauflage dieses heute fast vergessenen Romans wichtig und die Lektüre nicht unbedingt in klassischer Hinsicht empfehlenswert. Das würde auch der Intention des unliterarisch wirkenden nicht linearen Plots widersprechen. Es ist ein Experiment, auf das sich der Leser einlassen kann, wahrscheinlich auch sollte, um dann zu erkennen, ob Kathe Kojas frühe Werke wirklich für einen fast sind oder nicht. Wie bei einem David Cronenberg Film,. Abstoßend faszinierend. 

The Cipher: Ein Horror-Roman

  • Herausgeber ‏ :  Apex Verlag
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Taschenbuch ‏ : ‎ 336 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3746768403
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3746768403
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