Das Vurguzz- Imperium

Hubert Haensel

Hubert Haensel setzt mit seinem Roman „Das Vurguzz Imperium“ aber nicht bei den Perry Rhodan Legenden an. Angeblich soll der Vurguzz schon im Jahre 10.500 da Ark im Großen Imperium getrunken worden sein. Angeblich war der Siegeszug in die bekannte Galaxis ungewöhnlich, da die meisten Konsumenten nicht wussten, wie es zusammengestellt worden ist und woher der seltsame Name kam (Atlan 288). Die Zusammensetzung des Getränks ist aber kein Hindernis, wie auch heute noch die Familie Underberg beweist, die sich immer noch regelmäßigen Abständen trifft, um das geheime Rezept zusammen zu rühren, auf denen ihr Schnaps basiert.

Hubert Haensel widerspricht aber in einem Punkt dieser Darstellung, da der alkolische Extrakt der Vurga Frucht mit einem Alkoholgehalt von nur noch 16o Prozent (davon sechzig Prozent im Hyperraum) nur eine Facette ist.

Auch in einigen anderen Punkten muss der Roman fast als eine fiktive Werbeschrift der späteren Vurguzz Company angesehen werden, denn die Explorerflotte wurde offiziell erst vierundzwanzig Jahre nach dem Handlungsbeginn geründet. Auch scheint die Explorer EX 313 mit einem Linearantrieb ausgerüstet und für lange Forschungsflüge ausgesprochen „klein“.  Wahrscheinlich wäre es eher gewesen, unabhängig vom Antrieb von keiner offiziellen, sondern einer rein kommerziellen Suche nach neuen verwertbaren Welten zu sprechen. Da aber später Vurga offiziell vom solaren Imperium dem Sattros klein für neunundneunzig Jahre zugesprochen worden ist, lässt sich diese These auch nicht halten. 

 Hubert Haensel beschreibt also in seinem Roman den Absturz des Explorers EX 313 über einem Dschungelplaneten.  Es gibt nur zwei Überlebende Frank Sattros und Helen Mertens.  Vorher hat anscheinend eine Seuche an Bord des Raumschiffs grassiert, an welche die meisten Besatzungsmitglieder schon vor dem Absturz sterben.  Das eigentliche Ziel war, das verseuchte Raumschiff in die Sonne zu stürzen, aber schließlich kommt es zur Bruchlandung auf der Dschungelwelt.

Im Dschungel entdeckt Helen Mertens die an Kiwis erinnernden Früchte. Ein Einreiben mit diesen Früchten prickelt nicht nur auf der Haut, sondern beseitigt schnell die Viruserkrankung. Nach einiger Zeit werden die beiden inzwischen zu einem Paar gewordenen Menschen gerettet. Eine Tonne Vurga Beeren wird auf Wunsch der Überlebenden an Bord genommen, weil sie hoffen, mit den Beeren nach einer überstandenen Quarantäne Geld zu verdienen.

Anscheinend hat sich aber die genetische Struktur der Beiden verändert. Wahrscheinlich durch eine Wechselwirkung des Vurga Enzyms mit dem unbekannten Virus. Diese Veränderung ist vererbbar und könnte eine längere Lebensdauer zur Folge haben.

In diesem Punkt weicht Hubert Haensel zum ersten Mal von der bisherigen Legende ab, dass Vurguzz auch im Arkonidenimperium sehr beliebt gewesen ist. Die Wirkung der Vurga Beeren kann sich nur entfalten, wenn die Früchte von einem der genetisch veränderten Sattros Familienmitglieder gepflückt und dann entsprechend zur Verarbeitung weiter gereicht werden kann. Bei einer unsachgemäßen Ernte verderben die Früchte relativ schnell.  Am Ende des Buches in einer eher konstruierten „Deus Ex Machina“ Auflösung macht Hubert Haensel sogar deutlich, dass die Beeren für Außerirdische durch den Ausstoß von Pilzsporen absolut tödlich sein könnten.

Zwischen diesen beiden handlungstechnischen Eckpunkten greift Hubert Haensel ein breites Feld von Themen auf. Das beginnt mit der Idee, die Beeren könnten per se das Leben verlängern und einer entsprechenden Entführung und endet mit einer wirtschaftlichen Auseinandersetzung mit den Springern, die ihren Markt an alkoholischen Getränken gefährdet sehen.

In vier größeren Abschnitten erzählt der Autor die Geschichte des sympathischen Familienclans Sattos. Unternehmer aus Leidenschaft und nicht nur mit dem Druck, unbedingt reich zu werden. Neben der Anschubfinanzierung von Homer G. Adams in Form von einer Importgenehmigung für die Beeren, eines langen Nießbrauchrechts aller über dem Boden befindlichen Früchte auf dem Planeten Vurga ist es schließlich Gucky, der sich als Investor betätigt. Und Reginald Bull steuert die Idee bei, mittels eines alten Familienrezeptes seiner Familie aus den Beeren Likör zu machen.

Während das Science Fiction Fandom den Kunstnamen „Vurguzz“ nicht weiter erklären konnte, ist es bei Hubert Haensel  natürlich der investierende Gucky, der den Namen prägt.  Vur steht für den Herkunftsplaneten Vurga und das Ilt Wort „Uzz“  heißt übersetzt Himmelstränen.    

Höhepunkt der Popularität und ein wunderbarer Schwenk zur Original Perry Rhodan Serie zurück ist das Bündnisabkommen mit den Methanatmenden Maahks, das mit Vurguzz begossen wird.  Eingeschränkt wird die Produktion des Likörs vor allem durch die erschwerten Erntebedingungen. So kann weiterhin nur ein Mitglied der Sattros Familie – inzwischen gibt es Kinder, deren Paten natürlich Gucky und Reginald Bull sind – die Beeren ernten.

Wie es sich für eine dramatische Familienchronik gehört, muss am Ende des Romans noch an den Willen appelliert werden, trotz aller Opfer und aller Neider weiterzumachen. Auch wenn die Politik in Form des Solaren Imperiums mit ihrem verlängerten Arm Don Redhorse schließlich machtlos ist, weiß sich die Vulga Beere abschließend zu wehren.

Das „Vurguzz Imperium“ ist eine dieser eher typischen Romane aus der Spätphase der Planetenromane. Viele der hier vertretenen Autoren sind in die Frühphase der Serie zurückgegangen und haben noch intensiver versucht, einzelne Lücken unter Einsatz der vertrauten Figuren zu schließen. Neben der zeitlichen Diskrepanz hinsichtlich der Explorerflotte geht Hubert Haensel auch mit einigen anderen Details wie den Transmittern, aber auch den technischen Zugängen der an der medizinisch Wirkung interessierten Aras sehr freizügig um.

Auf der anderen Seite ignoriert der Autor durch die besondere Erntemethode auch die Hinweise aus der Atlan Serie. So wie Hubert Haensel es beschreibt, kann niemand anders als die Sattros als Ergebnis der unbekannten Virusinfektion die Vurga Beeren pflücken. Es erscheint unwahrscheinlich, dass erstens es einen zweiten Planeten mit dieser Art von Früchten gibt, der von der Arkoniden anscheinend schon seit Jahrtausenden abgeerntet wird und zweitens die Kombination aus einer Viruserkrankung und der Landung auf Vurga schon einmal mit einer arkonidischen Familie geschehen ist.

So wie Hubert Haensel den Handlungsbogen aufgebaut hat, kann auch nicht von Werbelegenden der Vurguzz Company aus werbetechnischen Gründen gesprochen werden, da die händische Ernte zumindest Frank Sattros manchmal gegen den Strich geht und eine weitere durch die stetig wachsende Nachfrage getriebene Expansion des Familienbetriebs verhindert. Außerdem ist die Art der Ernte wie schon erwähnt unabhängig von der Vermarktung in einem plottechnischen Punkt elementar. Das hat nichts mit irgendwelchen Marketingstrategien zu tun.

Zusammengefasst liest sich „Das Vurguzz Imperium“  eher als Chronik denn als kontinuierliche Handlungsbogen auch heute noch durch den vor allem im mittleren Abschnitt vergnüglich heiteren Ton nach dem klassischen, vielleicht auch ein wenig klischeehaften Robinson Crusoe Auftakt und dem düsteren Ende vergnüglich.

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Taschenbuch 185 Seiten

BSV Verlag

Perry Rhodan Planetenroman 412

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