Perry Rhodan Neo 68 - Kampf um ker´Mekal

Uwe Voehl

In einem kurzen Interview mit Klaus N. Frick spricht Perry Rhodan Debütant Uwe Voehl davon, dass mit „Kampf um Ker´Mekal“ sich für ihn ein Jugendtraum erfüllt. Sein Beitrag ist stilistisch ohne Frage routiniert, aber nicht so inspiriert und atmosphärisch stimmig wie seine Horror Romane geschrieben worden. Selbst dass er sich weniger mit Paralyse und Narkose auskennt, könnte ihm verziehen werden. Das große Problem des vorliegenden in zwei gleichberechtigte Handlungen aufgeteilten Romans liegt in der Tatsache begründet, dass der Versuch, auf die alte Tradition von waghalsigen Kommandonunternehmen zurückzugreifen, als gescheitert angesehen werden muss. Selbst K.H. Scheer hat die Terraner in bessere Missionen geschickt.

Ein weiterer Faktor fällt immer stärker ins Gewicht. Atlan setzt alles daran, den Regenten abzusetzen. Anstatt auf die unsichere Herkunft des möglichen „Königsmörders“ einzugehen, wird immer wieder darauf verwiesen, dass es sich um einen Tyrannen handelt. Dafür gibt es allerdings keine nachvollziehbaren Beweise. Seine Vorgehensweise entspricht der Tradition der bisherigen Regenten, die wie das damals römische Reich sehr viele Völker unterdrückt und zum Dienst gezwungen hat. An keiner Stelle wird erwähnt, dass dessen Herrschaft besonders grausam ist. Selbst die willfährigen Naats – von Rhodans Demokratieverständnis angelockt – stehen plötzlich interessanterweise auf beiden Ebenen gegen den Regenten, auch wenn dieser ihnen mehr Möglichkeiten hinsichtlich des militärischen Aufstiegs eingeräumt hat. Atlans Motivation ist bislang nicht klar herausgearbeitet. Hinzu kommt der ehrgeizige Sergh da Treffon, der von der anderen Seite mehr am Umsturz des Regenten und der eigenen Krönung arbeitet als am Auffinden der Position der Erde und damit der Erfüllung seiner persönlichen Rache nach dem Verlust des modernen Prototyps. Was vielleicht anfänglich als Ablenkungsstrategie gedacht war, entwickelt sich mehr und mehr zu einer an Fahrt gewinnenden Handlung, deren Grundprämisse eher im Dunkeln gehalten wird.

In Bezug auf Atlans Vergangenheit erfährt der Leser, dass Atlan von seinem Vater gezwungen bei der Niederschlagung des Nopoleter Aufstandes ein damaliges Logistikzentrum erstürmen und die Rebellen besiegen musste. Damit sollte Atlan bekehrt werden, dass Gewalt doch ein Mittel zum Zweck sein kann. Davon ist inzwischen wenig zurück geblieben, zumal sich der Kristallprinz auch in den in der Vergangenheit spielenden Episoden weniger als Pazifist, sondern als typischer imperialer Sohn erwiesen hat. In der Gegenwart will Atlan das Logistikzentrum aller Flottenbewegungen auf Ker´Mekal stürmen. Der Plan ist derartig phantastisch, dass der Leser über die Dummheit der Arkoniden nur den Kopf schütteln kann. Uwe Voehl ignoriert wie alle Autoren, dass es im Arkonsystem derartig terroristische Anschläge gegeben hat, dass es durch den Absturz des Ringkörpers tausende von Toten gegeben hat. Trotzdem verläuft alles routiniert. Atlan will in der Verkleidung es Generalquartiermeisters Burech Eyer sich einschleichen und ein Kommandounternehmen von Naats einschmuggeln. Burech Eyer ist einer der bürgerlichen Arkondiden, der es in eine der wichtigsten Positionen geschafft hat. Ein Vorgehen, dass zu Atlans Zeit nicht möglich gewesen wäre und das vor allem vom Kristallprinzen wie den Expokraten komplett ignoriert wird. Atlan lässt sich von einem Ara sein aussehen so verändern, dass er Burech Eyer gleicht. Der Überraschungsangriff gelingt, wobei die Logistiker sich zusammen mit regulären Truppen und Kampfrobotern Widerstand leisten. Schon zu Scheers Zeiten war es befremdlich, wie terranische Truppen es mit Kampfrobotern aufnehmen konnten. Instinkt sollte die Präzision und Schnelligkeit ausgleichen. Die „Terminator“ Streifen haben das Prinzip dann auf die Spitze getrieben. Uwe Voehl greift auf die bekannten Klischees zurück. Interessant ist vielmehr, dass sich angeblich das arkonidische Imperium aufgrund der Maahk Bedrohung in Bereitschaft befindet, die Rebellen verschiedene Anschläge geplant haben und das Logistikzentrum das Herz der Flotte ist, wie oberflächlich diese Anlage gesichert worden ist. Selbst zu Friedenszeiten sollten derartig Anlage in einer paranoiden Gesellschaft besser gesichert sein, aber was Uwe Voehl anbietet, ist was eine Frechheit. Ein Reich, das seine Anlagen vergleichbar dem Pentagon in unruhigen Zeiten – der Anschlag auf die Ringkolonie könnte mit dem 11. September verglichen werden – nicht besser sichert, verdient im Grunde keine derartig lange Herrschaft. Am Ende ist natürlich der Stützpunkt unter Kontrolle und die Rebellen sichern sich mit einem undurchdringlichen Schirmfeld. Es bleibt die Frage, ob es noch eine Ausweichstation gibt und/oder ob die bislang vorsichtig im Verborgenen operierenden Rebellen unter Atlans Führung sich derartig enttarnt haben, dass zumindest der Imperator sie mit Rhodans Kommandoeinheit in Verbindung bringen muss. Zufall sieht anders aus. In den alten Romanen gab es einen Robotregenten, der alles kontrollierte. Hier wird der arkonidische Faktor zu wenig berücksichtigt und die Isolation des Logistikzentrums funktioniert natürlich auf beiden Seiten. Unter dem Schutzschirm wären die Rebellen geschützt, aber auch jetzt isoliert, denn da Treffon und die anderen Admiräle müssten aufgrund der Aktivitäten innerhalb der von sehr treuen und fähigen Logistikern kontrollierten Station inzwischen informiert sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass es kein nach außen gerichtetes Warnsystem für Umstürze – siehe die Geschichte Arkons – gibt, erscheint verschwindend gering. Die Actionszenen sind trotz mangelnder Glaubwürdigkeit allerdings gut geschrieben und Uwe Voehl zeigt an mehreren Stellen, dass für ihn ein Jungautorentraum in Erfüllung geht. Für die logischen Schwächen des ganzen Exposes kann er allerdings nicht zur Verantwortung gezogen werden.

Ein wenig erträglicher ist die zweite Handlungsebene. In der laufenden Heftromanserie ist mehrfach mit der Idee eines zu verschenkenden Zellaktivators gespielt worden. Das letzte Mal als Belohnung für das Auffinden von Rhodan und Bostich. In „Neo“ gibt es einen Zellaktivator – egal von wem der letzt endlich stammt -, der schon länger nicht nur von da Treffon gesucht wird. Das dieses auffällige Suche keine weiteren Folgen nach sich gezogen hat, erscheint schon bedenklich. Aber viel schlimmer ist, wie vor gegangen wird. Jetzt gibt es Mikrodrohnen, die bis zu einem gewissen Grad – natürlich – die Gedanken von Zielpersonen nicht nur lesen, sondern auch suggestiv beeinflussen kann. Die Rudergängerin verfügt über diese neuartige „Waffe“ und will sie mittels eines jungen Mannes namens Coghan bei Theta und Sergh einsetzen. Sie stammen von den Aras und zerfallen nach einer Woche. Eine interessante Idee. Die Mediziner als Waffentechniker. Widerspricht zwar dem bisherigen Eid, für Geld zu heilen, aber was soll es. Vor allem haben die Mutantenfähigkeiten zu Beginn der Erstauflage als überraschendes, aber auch nicht zu steuerndes natürliches Element erwiesen. Diese Fähigkeit mittels Drohnen bei eher oberflächlichen Erläuterungen zu züchten, wirkt übertrieben und vor allem wieder einmal zu einfach aus dem Ärmel geschüttelt. Wie Coghan dann allerdings von Theta überführt wird, zeigt, wie naiv dieser Handlungsbogen aufgebaut ist. Da Treffon ist enttäuscht, dass seine Kurtisanenassistentin nicht den Zellaktivator gefunden hat und beschließt, sich selbst auf die Suche zu machen. Es erscheint unglaubwürdig, dass ein Mann wie Da Treffon derartig wichtige und geheime Missionen an jemanden delegiert, mit dem er ein in erster Linie sexuelles Verhältnis hat, den er aber auch zu wenig kennt. Dazu ist der bislang beschriebene da Treffon trotz der mehrfachen langen Nase, die ihm Rhodan gedreht hat, immer noch ein erfahrener militärischer Taktiker und vor allem Oberbefehlshaber mit jahrzehntelanger Erfahrung. Diesen Aspekt vernachlässigen alle Autoren gemeinsam. Warum er sich als sein eigener Assistent verkleidet, um einen schweren Kreuzer zu annektieren, wird nicht klar herausgearbeitet. Zumal er nicht über all zu gleich sein kann. Immerhin hat er den Auftrag erhalten, einen möglichen Unitheraufstand niederzuschlagen, bei dem der Regent befürchtet, dass die Maahks dahinter stecken. Wie da Treffon allerdings die zwei verbliebenen Raumschiffe, die Enban genommen haben könnte, untersucht, zeigt, dass anscheinend die „Schurken“ der Serie nicht lernen können oder sollen. Eine Fälschung der Individualsignatur ist keine Überraschung. Auch Perry Rhodan hat diesen Trick mehrfach inzwischen angewandt. Er sollte auch in die Kommandostellen der Arkoniden vorgedrungen sein. Also müsste sich da Treffon auch auf diese Möglichkeit besser vorbereiten und am effektivsten wäre es, alle an Bord befindlichen Wesen einfach mittels Kriegsrecht zu verhaften. Da Treffon braucht da schon eine Art zweiten Anlauf, bis in wahrscheinlich zwei oder drei Romanen die finale Konfrontation mit Enban stattfindet. Die Handlung wirkt noch mehr bemüht als das Kommandounternehmen. Neue Ideen, Erfindungen werden eingeführt, kurzzeitig benutzt und dann wieder fallen gelassen. Niemand fragt, wer eigentlich Coghan geschickt hat und warum er derartige Technologie einsetzen konnte. Die Vorgehensweise der Rudergängerin ist insbesondere nach ihren bislang guten Auftritten naiv und überhastet. Und das ohne Not, denn einen zeitlichen Druck gibt es anscheinend in der „Neo“ Serie an keiner Stelle.

Zurückbleibt ein weiterer Roman, der viel Wind um wenig Handlung macht und vor allem die grundlegenden Plots nur bedingt vorantreibt. Anstatt mit Atlans Vorgehensweise für Spannung zu sorgen und seine potentiellen Motivationen nachhaltiger herauszuarbeiten, dominiert sinnfreie Action mit Aktionen, die wie billige Plagiate von Scheers sehr viel besseren und interessanten Kommandounternehmen wirken.         

Pabel Verlag, Taschenheft, 160 Seiten

Erschienen Mai 2014

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