Kaiserkrieger 8: Stürmische Himmel

Kaiserkrieger 8, Stürmische Himmel, Rezension
Dirk van den Boom

"Stürmische Himmel" ist inzwischen der achte Roman um die "Kaiserkrieger". Dirk van den Boom führt nicht nur die beiden Handlungsebenen Europa und Lateinamerika zusammen, am Ende des Romans gibt er zumindest einen weiteren Ausblick und erläutert, das noch mehr Menschen durch die Zeit gefallen sein könnten. Wie schon angesprochen nimmt der Hauptteil des Plots die Zusammenführung der beiden Spannungsbögen in Form der Expedition aus dem alten Europa in die neue Welt ein. Auch wenn eine Schifffahrt ohne Frage interessant und trotz einiger Klischees auch spannend erzählt werden kann, bleiben in dieser Hinsicht zu viele Fragen offen. Unter schriftstellerischer Konstruktion muss abgehandelt werden, dass die erfahrenen Seeleute in Begleitung der Römer niccht Amerika wie Columbus entdecken, sondern tatsächlich den lateinamerikanischen Kontinent ansteuern. Keine Berührung mit Florida oder den vorgelagerten Inseln. Diese Konzeption wäre noch zu verstehen, wenn nicht die Wahrscheinlichkeit so gering wäre, dass sie nicht nur Lateinamerika, sondern vor allem eine Stelle ansteuern, an der auch die japanischen Zeitflüchtlinge mehr als einen Stempel hinterlassen haben. Vielleicht wäre es sinnvoll gewesen, zumindest den Römern einen Hinweis auf weitere Gestrandete zu geben. Sei es in Form von Legenden - ein U Boot auf einem Stempel ist schon eindrucksvoll - oder Überlieferungen, um die Mission nicht nur auf zwei Füße zu stellen, sondern vor allem rückblickend zu erläutern, wie man selbst bei primitiver Navigation, aber mit dem Wissen um die Breiten- und Längengrade des eigentliche Ziel verfehlen könnte. Ohne Frage wollte Dirk van den Boom mit den Japanern in Lateinamerika vor einer gänzlich anderen Kultur als den Römern absichtlich Kontrastpunkte gegenüber den ersten sechs "Kaiserkrieger" Romanen setzen und das ist ihm siebenten Roman "Aufgehende Sonne" auch teilweise gelungen. Das Ausgangsszenario war dem Leser vertraut, aber mit dem Kommandanten des U- Bootes Tako Inugami verfügen die beiden ersten Teil des zweiten Zyklus über einen ausreichend rücksichtslosen Antagonisten, der schnell nach der Macht greift. Neben den modernen Waffen des U- Bootes, die allerdings trotz aller technischen und logistischen Voraussetzungen mangels Munitionsmangel effektiv und beschwörend zu gleich eingesetzt werden müssen, sind es in erster Linie die semipolitischen Winkelzüge, mit denen Inugami die örtliche Herrscherfamilie des Reiches Mutal zu seinen Marionetten zu machen. Inugami nutzt dabei die Unentschlossenheit der Majas und deren fehlende einheitliche Struktur, um die Nachbarstämme zu überfallen und zu unterjochen. In dieser Hinsicht unterscheidet sich der zweite Minizyklus positiv politisch von der ersten Serie. Während das herrschende Rom vor dem Zerfall gestanden ist und die Zeitreisenden des kleinen Kreuzers "Saarbrücken" im Grunde nur einen Trend beschleunigt haben, ist es bei den Mayas genau anders herum. Ignoriert der Leser den kaiserlichen Prinzen Isamu, der als verlängerter Arm des Kaisers selbst in der Vergangenheit der ranghöchste Befehlshaber sein sollte, so nutzt Inugami die straffe Struktur der japanischen Armee inklusiv ihres "Gottglaubens" rücksichtslos aus, um die Mayas im Gegensatz zur Geschichte zu vereinigen. Was bislang eher als gelegentliche Überfälle mit wechselnden Gewinnern und Besiegten zu einer Zermürbung ihrer Kultur geführt hat, wird auf eine gänzlich andere Ebene gehoben. Auf der anderen Seite gibt es neben dem angesprochenen Prinzen noch den britischen Lehrer Lengsley und vor allem den ersten Offizier und in diesem zweiten Band Mittler zum Leser Aritomo Hara, der ein friedliches, beide Kulturen assimilierendes Zusammenleben mit den Mayas nicht zuletzt aufgrund der pragmatischen Notwendigkeiten sucht. In dieser Hinsicht ähnelt der vorliegende Band wieder der ersten Miniserie und eine gewisse Langatmigkeit schleicht sich ein. Zu sklavisch/ mechanisch hat Dirk van den Boom seine Romane auf eine Einheitslänge getrimmt und einige der Spannungsbögen drohen unter ihrer Bewegungslosigkeit trotz des interessanten und weiterhin dreidimensional beschriebenen Hindergrunds in Ehrfurcht zu erstarren als auf allen Ebenen den Plot voranzutreiben.

Mit dem Eintreffen der Europäer werden abschließend zumindest die beiden wichtigsten Handlungsbögen fast beiläufig zusammengeführt. Von der Struktur her ist "Stürmische Himmel" eher ein durchschnittlicher Beitrag zu dieser Alternativweltserie. Anfänglich schleppend und das Geschehen eher in die Länge ziehend überschlagen sich am Ende die Ereignisse, auch wenn Dirk van den Boom inzwischen ein so routinierter Autor geworden, das er aus dem Nichts heraus das Tempo anziehen und den nächsten Band ausreichend vorbereiten kann. 

 Neu ist auch, dass die preussischen Römer ja mit einer Vergangenheit konfrontiert werden, die ihnen im Grunde durch das Eingreifen/ Manipulieren der Japaner unbekannt ist. Während sie in Europa die Grundlagen aktiv geändert haben, müssen sie jetzt ausschließlich und weit weg von der "Quelle" ihrer beschränkten Macht auf das vorliegende politische und soziale sowie militärische Chaos ausschließlich reagieren und nicht mehr agieren. Nur hätte sich der Leser im vorliegenden Band mehr solche Situationen gewünscht als die scheinbar endlose Reise über die See oder die verschiedenen Exkursionen in der ersten Hälfte des Buches. 

 Zu den Stärken gehört weiterhin, dass Dirk von den Boom mit sehr viel Mühe und einem Auge für die historischen Details ein Maya Reich hat auferstehen lassen, das es in dieser Form durchaus gegeben haben könnte. Neben den nicht belehrenden Exkursionen in die Landwirtschaft und die Selbstversorgung bemüht er sich, die auf kleine regionale Herrschergötter und Priester hin konzipierten Kulturen voneinander zu unterscheiden und dem Leser einen Eindruck von den Vielfalt der inzwischen untergegangenen Kultur zu geben. In dieser Hinsicht dient insbesondere der weniger in Erscheinung tretende Brite als auch der sympathische erste Offizier Hara als Identifikationsfigur des Lesers. Das Zusammentreffen einer modernen, hierarchisch extrem geordneten militärisch orientierten Kultur mit den Mayas ist vielleicht ein weniger starker Kontrast als der Leser auf den ersten Blick denkt. Die in Europa mit der Mannschaft der „Saarbrücken“ stattfindende Assimilierung findet nicht statt. Ohne Sprachkenntnisse schafft es Inugami fast zu leicht, die Kontrolle über die naiven, aber inzwischen ihren Irrglauben erkennenden Marionetten zu übernehmen und seinen Kreuzzeug für die alleinige Tyrannei auf dem Kontinent grausam fortzusetzen. Dadurch kann Dirk van den Boom ausreichend Actionszenen über den Handlungsbogen in regelmäßigen Abständen verteilen. Die militärische Brillanz und Planungsstärke des siebenten „Kaiserkrieger“ Romans erreicht er allerdings nicht.

Mit dem zweiten Band der zweiten Miniserie hat Dirk van den Boom unterstrichen, dass er keine Parallelweltkopie der ersten Miniserie anstrebt, sondern den ganzen Zyklus komplex, aber nicht kompliziert auf einer emotional persönlichen, aber über die einzelnen Kontinente/ Reiche hinausgreifenden auch politischen Ebene weiter entwickeln möchte. Dabei wird relativ früh die Idee weiterer, über mehr Wissen verfügender Zeitreisender aufgegriffen und stringent abgehandelt. Trotz einiger Längen eine solide, teilweise interessante sehr offen gestaltete Fortsetzung von „Aufgehende Sonne“ und mit dem Eintreffen der wie schon angesprochen preußischen Römer sogar ein überfälliger Bogenschlag zur ersten Miniserie.  

  

 

Atlantis Verlag

Titelbild: Timo Kümmel
A5 Paperback, ca. 300 Seiten, ISBN 978-3-86402-110-7