Ungefähr in der Mitte des neuen Fan Romans aus der Feder von Angelika Rützel stöhnt Michael Rhodan auf. Sein Leben lang hat er gegen ungewollte Protektion aufgrund seiner Eltern angekämpft, jetzt muss er sich mit dem Gegenteil hinsichtlich seiner besseren Startchancen auseinandersetzen. Aufmerksame Leser werden zu diesem Zeitpunkt aufgrund eines voran gegangenen Konflikts mögliche Verbindungen zwischen Michael Rhodan und seinem Ausbilder bei der USO Henson erkannt haben. Das diese Zwischentöne vielleicht zu früh erkennbar sind und die explosive Komponente ein wenig stark konstruiert und zufallsabhängig ist, lässt sich insbesondere in der ersten Hälfte des vorliegenden Buches sehr gut verschmerzen. Wie Ernst Vlcek mit seinem Michael Rhodan Taschenbüchern konzentriert sich die Autorin auf die verlorenen Jahre zwischen seinem Verschwinden und Wiederauftauchen als Roi Danton, wobei diese Episode noch ganz am Anfang unter dem langen Schatten nicht nur des Vaters, sondern vieler Freunde wie Atlan oder Gucky stattfindet. Michael Rhodan möchte die Agentenausbildung der USO durchlaufen. Das Marine Training der Zukunft, in dem alle Rekruten ihre vorherigen Karrieren über Bord werfen und bis zum Erbrechen gedrillt werden. Das nur wenige junge Männer und Frauen überstehen. Bis Michael Rhodan nach einem „Duell“ mit der Crest IV aber zur Ausbildung abreisen kann, hat die Autorin eine Reihe von altbekannten Figuren liebevoll charakterisiert. Auf der gemeinsamen Geburtsfeier zusammen mit seiner Schwester Suzan Betty Rhodan leidet er unter dem zu förmlichen Protokoll, das der sich allerdings auch verspätende Großadministrator zur Seite schiebt. Als dieser die Verlobung seiner Tochter mit Waringer eiskalt und brüskierend ablehnt, zeigt sich der Widerwille des Sohns gegenüber dem dominanten Vater. Wer sich nicht sehr gut mit der Serie auskennt, wird der Ansicht sein, dass Perry Rhodan zu negativ, zu egoistisch gezeichnet wird. Später versucht der Vater diese Haltung gegenüber seinem Sohn in zwei Szenen zu relativieren, aber der Dorn ist gesetzt. Gucky und Atlan sind solide gezeichnet, wobei die Autorin sich insbesondere in die Unsterblichen wie Atlan und seinen barbarischen Freund beginnend mit der Verabredung zum Essen auch ein wenig hinein arbeiten muss. Später greift noch einmal Michael Rhodans Mutter mit wichtigen Informationen in dem schon eingangs erwähnten Augenblick ein, aber die Haupthandlung gehört einem nach Unabhängigkeit strebenden Michael Rhodan, der positiv durch die Ausbildung seine Grenzen austesten und als Charakter respektiert werden will. Auch in dieser Hinsicht erscheint die Vorgehensweise ein wenig unorthodox. Damit der Plot überhaupt funktionieren kann, muss Michael Rhodan auch als ein Rhodan Auftreten. Angesichts des Gefahrenpotentials – zu diesem Zeitpunkt war er der einzige lebende Sohn des Großadministrators – wäre es selbst im Herzen der USO sinnvoll, ihm für die Ausbildung eine Tarnexistenz zu geben. Das wäre ohne Probleme möglich. So erscheint Michael Rhodan von Beginn an als Persönlichkeit und wird auch gleich von seinen zukünftigen Kameraden zum Gruppensprecher gemacht, was ihn besonders freut. Auf der einen Seite will er gegen Protektion kämpfen, auf der anderen Seite ragt er zu sehr aus der Gruppe heraus, ohne dafür oder gar dagegen etwas tun zu können. Aber seine Herkunft ist in diesem Fall wichtig. Er wird schnell zum Sündenbock des Ausbilders Henson, der ihn in den einzelnen Übungen sadistisch quält und im Grunde wie schnell erkennbar ist über das Ziel hinausschießt. Im Vergleich zu anderen Ausbildungsbüchern wie zum Beispiel der Vorlage zu Kubricks „Full Metall Jacket“ oder auf der anderen Seite den Ender- Büchern von Orson Scott Card baut die Autorin in diesen Punkten sehr wenig Spannung auf. Der Leser weiß ja, dass Michael Rhodan nicht ums Leben kommen kann. Hier wäre es sinnvoller gewesen, über Umwege Michael Rhodan zu provozieren und anschließend indirekt statt direkt zu bestrafen. Auch hätten die Szenen ein wenig länger, intensiver beschrieben werden können. Als es der kleinen Gruppe hinsichtlich der Quälereien von Henson zu viel wird, finden sie schnell eine Lösung, die wiederum nur funktioniert, weil Michael Rhodan seine Beziehungen spielen lässt und damit auf die Protektion zurückgreift, die er sonst immer ablehnt. Hier hätte sich die Autorin mehr Mühe geben müssen, anstatt auf die Opportunitäten zurückzugreifen.
In der zweiten Hälfte zerfällt der Roman. Wie einige andere Fanautoren hat Angelika Rützel Probleme, die vielen Ideen in einen umfangtechnisch nicht unbegrenzten Roman zu packen. Nachdem Michael Rhodan sogar durch Nervengift der Blues vergiftet worden ist, versucht sie von diesem gefährlichen Tiefpunkt ausgehend – Perry Rhodan ist über den Anschlag nicht informiert worden – das Blatt zu wenden. Vorher wurde immer wieder angedeutet, über welches Potential Michael Rhodan als Anführer verfügt und das er sich hoffentlich niemals gegen die Menschheit wenden sollte, hier schreitet er zur Tat. In einer Szene, die eher an die Neuinterpretation von „Star Trek“ denn Perry Rhodan erinnert, wird aus einem Testflug bitterer Ernst, nachdem Atlan exklusiv die Ausbildung der Kadetten übernommen hat. Es wird allerdings nicht diskutiert, ob es sich in diesem Fall auch um eine Art von Protektion handelt. Im Ernstfall ist Michael Rhodan alleine und schließt die Handlungsebene um Henson, Schneider und die Blues bemerkenswert schnell und pragmatisch ab. Der Zufall öffnet Tür und Tor und der Leser schaut ein wenig verblüfft in die Lektüre, weil plötzlich alles so schnell gegangen ist. Das All scheint sehr klein zu sein. Dann packt Angelika Rützel zusätzlich der schriftstellerische Ehrgeiz. Anstatt den Plot ruhig weiter zu erzählen und vielleicht auf eine Fortsetzung zu hoffen, wechselt sie die erzählerische Perspektive und lässt Michael Rhodan einen langen Bericht schreiben. Beginnend mit der Mentalstabilisierung – die Chance, diese gefährliche Operation ohne nachhaltige Schäden zu überstehen, ist 1:10 – wird Michael Rhodans Flucht und der Beginn seiner Karriere unter den Freifahrern im Zeitraffer erzählt. Fragwürdig ist, dass Michael Rhodan den Freifahrern und ihrem Anführer gleich erzählt, wer er wirklich ist. Sein Aufstieg ist mit Unterstützung der Familie eine Bilderbuchkarriere. In Ernst Vlceks Taschenbüchern hat der Leser eher das Gefühl, als suche Michael Rhodan mit Pseudonymen die Abgeschiedenheit und hat sich nicht von Beginn an als Sohn Perry Rhodans zu erkennen gegeben. Diese Stilisierung Michael Rhodans bringt für den ganzen Roman Probleme mit sich. Zu einseitig ist die Verehrung des attraktiven Michael Rhodans, zu wenig charismatisch erscheint er. Seine Kameraden bewundern ihn teilweise für die Folter, die er durchstehen musste. Um ihn zu heilen, muss er die einzelnen Stationen ebenfalls durchlaufen und Atlan lässt ihn noch einmal durch einen Roboter foltern, damit er das erste Trauma überwinden kann. Zu viel gelingt zu schnell und echte Hindernisse scheinen nicht auf dem Weg zu liegen. Diese Ambivalenz zeichnet nicht nur Michael Rhodan, sondern auch andere Protagonisten aus. So wehrt sich der einzige überzeugende weibliche Charakter gleich bei der Vorstellung der Rekruten gegen alle Hormon getriebenen Nachstellungen und will deutlich machen, dass sie alle nur Kameraden sind. Kurz darauf schmachtet sie natürlich schon hinter Michael Rhodan hinterher, der auf seinem einsamen Weg keine Frau an seiner Seite gebrauchen kann. Interessant ist, dass es sich dabei nicht nur um eine natürlich attraktive Frau handelt, sondern vor allem auch um eine ausgebildete Soldatin, die bei der nächsten Begegnung viele Jahre später ihren Amtseid vergisst und wie viele andere Soldaten/ Raumoffiziere des Solaren Imperiums zu den Freifahrern überwechselt. Der Bruch der Erzählung und der Wechsel auf die Ich- Ebene ist eine Herausforderung. Insbesondere die Operationsszenen mit der Mentalstabilisierung kann in der vorliegenden Form nur ein Schriftsteller so verfassen. Passend wäre es gewesen, wenn als Teil der Tests nach der Operation Michael Rhodan hätte einen persönlichen Bericht schreiben müssen, um seine Psyche zu untersuchen. Aber als Ganzes betrachtet wirkt das Ende mit diesem extremen wie unnötigen Zeitraffer – die meisten Fakten sind aus den Planetenromanen genauso bekannt wie aus der Erstauflage – vor allem in dem am Rande zur Beweihräucherung und unkritischen Heldenverehrung – Michael macht alles auf seinem Weg nach „oben“ gut, Perry Rhodan trägt die Verantwortung und würde für derartige Vorgehensweisen extrem angegriffen werden – geschriebenen Still kontraproduktiv und entwertet den guten Anfang mit einem durchaus selbstironischen Blick auf die Familie Rhodan und ihre engsten Freunde. „Der Weg der Bewährung“ leidet wie „Die Telepathin“ unter der überambitionierten Vorgehensweise der Autorin und in beiden Fällen wäre es tatsächlich sinnvoller gewesen, aus einem zu kompakten Plot einen Zweiteiler zu machen, sich deutlich mehr Zeit mit der Erzählstruktur zu nehmen, die Figuren ambivalenter zu charakterisieren und vor allem als größtes Manko dieses Buches Michael Rhodan auch mal in seinen Egotrips sogar gegen die Interessen des Solaren Imperiums beim Anschlag auf sein Leben zumindest mit Unterstützung der Blues auch scheitern zu lassen, damit er beide Seiten des Ruhms und vor allem des Fehlschlags auf seinem Weg der Bewährung kennenlernen könnte. So bleibt dieser Fanroman leider stellenweise zu oberflächlich trotz einiger intensiver und gut geschriebener Szenen, einer Affinität für die Alltagssorgen der Unsterblichen und einigen soliden, aber nicht wirklich originellen Ideen.