Dreamland-Grusel 36: Kritik zum Hörspiel Galgendorf

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Dreamland-Grusel Galgendorf

Willkommen in einer Zeit, als Jugendliche noch Worte wie Feuerstuhl, funzt, Eumel, dufte und Gehirnschmalz benutzten – oder die Autoren zumindest dachten, jungen Menschen würden so reden. In Folge 36 vermischt die Hörspielreihe Dreamland-Grusel den Charme der 80er-Jugendkrimis mit leichtem Horror und schickt die Detektive Tom und Nina auf Monsterjagd ins Galgendorf.

"Tom, Nina hier – ein neuer Fall für uns. Das zieht dir die Tennislatschen von den Socken."

Das Mädchen Juliane bittet Tom und Nina um Hilfe. Julianes Vater ist während einer Arbeitsreise spurlos verschwunden – und zwar ganz in der Nähe des Feriencamps Kieferzipf, in dem das jugendliche Detektivduo den Sommer über als Betreuer arbeitet. Deswegen übernehmen die beiden den Fall mit Freuden.

Aber auch ihr Ferienlager bleibt nicht von mysteriösen Vorkommnissen verschont. Drei Teenager, die sich wegen einer Mutprobe nachts heimlich in den Wald schleichen, werden in einem verlassenen Dorf von einem unheimlichen Monster angefallen. Die beiden Jungermittler sehen sich schließlich mit zwei Fällen konfrontiert – und alle Spuren führen Nina und Tom in das gespenstische Galgendorf.

"Ich bin schon gespannt wie Helmut Schmidts Katze."

Zu Beginn lehnte sich die Hörspielreihe Dreamland-Grusel stark an die Neon-Gruselserie von H.G. Francis aus den 80er-Jahren an. Es gab einige direkte Fortsetzungen beziehungsweise Prequels zu den Hörspielklassikern. Mittlerweile hat man sich von dem Vorbild etwas gelöst, und die Spannbreite des Horrors reicht von den unendlichen Weiten des Weltalls bis zu unheimlichen Altenheimen.

Der Liebe zu den Hörspielen der 80er-Jahre ist man bei Dreamland-Grusel allerdings treu geblieben. Fans alter Jugendkrimihörspiele werden das Detektivduo Tom und Nina unschwer als die beiden Helden der Reihe Tom und Locke von TKKG-Erfinder Stefan Wolf wiedererkennen.

Im Gegensatz zu der deutlich bekannteren Schwesterserie richtete sich Wolfs zweite Jungendbuchreihe an ein älteres Publikum. So waren die beiden Ermittler Tom und Nina ungefähr 16 Jahre alt und somit älter als die TKKG-Bande. In der Folge "Galgendorf" sind die beiden Detektive wiederum einige Jahre älter geworden. So teilt Tom mit, dass die beiden älter als 20 sind, aber deutlich jünger aussehen.

Neben den Büchern gab es die zwölfteilige Hörspielserie Hallo, Tom, hier Locke. Da im Gegensatz zu TKKG der kommerzielle Erfolg ausblieb, wurde die Reihe rasch wieder eingestellt. Bei einigen damaligen Hörern dürfte sie dennoch nachhaltig in Erinnerung geblieben sein – unter anderen bei den Dreamland-Autoren Paul Burghardt und Tom Steinbrecher.

Nach "Im Bann der Teufelskrähe" haben die beiden Detektive in "Galgendorf" bereits ihren zweiten Auftritt innerhalb der Dreamland-Grusel-Reihe. Ihr erstes Gruselabenteuer führte Nina und Tom undercover in das gespenstische Internat Schloss Krähenfels. Auch "Galgendorf" stammt wie der Vorgänger aus der Feder von Burghardt und Steinbrecher, die unter anderen auch die Folgen für die Hörspielreihe Twilight Mysteries schreiben.

"Seht ihr: Brett, Balken, Holzlatte, was auch immer – jetzt ist es Geschichte."

In der Originalserie wurden die Hauptfiguren von Kerstin Draeger und ihren Bruder Sascha gesprochen. Für Dreamland-Grusel schlüpfen die beiden Jahrzehnte später wieder in ihre damaligen Rollen. Aufgrund ihrer jugendlichen Stimmen nimmt man den beiden die Teenagerdetektive auch immer noch ab.

Sascha Draeger dürfte vor allen durch seine Rolle als Tarzan beziehungsweise Tim in den TKKG-Hörspielen bekannt sein, die er ununterbrochen bis heute spricht. Zudem wirkte er in den 80er-Jahren in kleineren Rollen bei den Serien Fünf Freunde und Die Funk-Füchse mit. Auch Kerstin Draeger spielte in unterschiedlichen Jugendhörspielen wie Hanni und Nanni oder Die drei ??? mit. Ihre Stimme dürfte auch durch die Synchronisation von Drea de Matteo in Die Sopranos und Sons of Anarchy bekannt sein.

"Geheimnisse werden aus Schatten und Lügen geboren. Nicht selten überdauern sie ihre Schöpfer und sind selbst noch lebendig, wenn jeder, der sie kannte, längst nicht mehr auf der Erde wandelt."

Für "Galgendorf" konnten die Dreamland-Grusel-Macher noch eine weitere Hörspielikone gewinnen: Andreas Fröhlich (Bob Andrews in Die drei ??? und Synchronstimme von Edward Norton) ist als Erzähler zu hören. Man sollte sich aber nicht zu sehr über den beliebten Sprecher freuen, da sich sein Einsatz auf wenige Stellen im Hörspiel beschränkt. Ansonsten übernehmen Kerstin und Sascha Draeger als Ich-Erzähler seine Aufgabe. Fröhlich klingt in seinen wenigen Erzählpassagen ungewohnt düster, was sich aber sehr gut in die gruselige Stimmung einfügt.

Auch die nächste Generation der Jugendkriminalhörspiele ist in "Galgendorf" vertreten. So ist Merete Brettschneider (Marie Grevenbroich in Die drei !!!) als Teenagerin im Ferienlager mit dabei. Ihr Talent kann sie allerdings nicht so richtig entfalten, da ihre Rolle leider viel zu klein ausfällt.

Zu Beginn sind Dietmar Wunder (Synchronsprecher von Adam Sandler sowie aktueller Sprecher von John Sinclair) und Wolgang Bahro (Gute Zeiten, schlechte Zeiten) als Schrotthändler zu hören, die man mit Freude bei ihrer Arbeit belauscht. Außerdem spielen in kleineren Rollen Ulrike Stürzbecher (Synchronsprecherin Kate Winslet und Patricia Arquette) sowie der Autor Tom Steinbrecher selbst mit.

"Meinem Beziehungselch klebte eine Idee zwischen dem Synapsen."

Die zu Beginn erwähnte Jugendsprache der 80er-Jahre wäre konzentriert und auf Dauer im Hörspiel doch sehr nervig. Allerdings verwenden nur Tom und Locke in ihren Dialogen untereinander diese Kunstworte, so dass sie als nette Hommage an das Original und die Schwesterserie funktioniert. Es gibt noch weitere versteckte Anspielungen auf TKKG. So fahren Tom und Nina auf ihren Feuerstuhl in den Ort Bad Finkenstein – man vergleiche TKKG Folge 15.

Etwas plumper fällt die Anspielung auf Die drei ??? aus. Die erste Andeutung der beiden Schrotthändler zu Beginn hätte völlig genügt. Aber Nina muss später den Zusammenhang zu der Hörspielreihe noch einmal extra erwähnen. Spätestens als der Begriff Gebrauchswarencenter zum dritten Mal fällt, ist es nicht mehr sehr lustig.

"Du kannst deinen Schrottplatz nennen wie du willst Holger, aber es bleibt ein beschissen laufender Schrottplatz."

Insgesamt gesehen ist der Humor der Folge Geschmackssache, da nicht jeder Witz wirklich funktioniert. Während der Laufzeit überwiegt aber eine durchaus angenehme Retro-Atmosphäre. Vielleicht liegt es auch daran, dass gerade im Mittelteil keine rechte Gruselstimmung aufkommen will. Dies ist für ein Hörspiel aus einer Reihe, die sich selbst Dreamland-Grusel nennt, schon ungewöhnlich. Allerdings sind die einzelnen Folgen der Serie selten von der Stimmung her miteinander zu vergleichen, da die Produzenten immer wieder andere Ansätze ausprobieren.

Am ehesten lohnt sich also ein Vergleich mit der Folge "Im Bann der Teufelskrähe". Diese bietet dann doch die stimmigere Geschichte und insgesamt eine gruseligere Atmosphäre. Aber auch "Galgendorf" wartet zum Ende, als sich Tom und Nina auf Spurensuche in den nächtlichen Wald aufmachen, mit unheimlichen Szenen auf. Solch einen schaurigen Leichenfund hätte es in normalen Jugendhörspielen sicher nicht gegeben.

Die Auflösung und der Dreh zum Abschluss sind sehr befriedigend. Es wird soviel erklärt wie nötig und dennoch einige mysteriöse Phänomene den Spekulationen der Hörer überlassen. Das macht eine direkte Fortsetzung nicht zwingend nötig, böte aber durchaus Raum, die offenen Geheimnisse in der ein oder anderen Form innerhalb der Reihe wieder aufzugreifen.

Fazit

Paul Burghardt und Tom Steinbrecher schaffen es auch mit ihrem zweiten Fall für Tom und Nina, wieder auf angenehme Weise Gruselstimmung und Nostalgie der 80er-Jahre unter einen Hut zu bringen. Auch wenn man auf den Horror im Vergleich zur Vorgängerfolge etwas länger warten muss, macht die Folge durchaus Spaß. Das liegt nicht zuletzt an der sehr guten Leistung aller Sprecher, die in "Galgendorf" mitwirken.

"Das ist schon abgefahren – als ob es nicht schon komisch genug wäre, dass sie dem Galgen hier auf dem Dach aufgestellt hatten."

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