Gruselserie 5: Kritik zum Hörspiel Dracula – Tod im All

Die Auftritte von Frankenstein, Werwölfen, Horror-Ameisen oder Mumien prägten die Gruselserie in den frühen 80er Jahren. Aber was wäre die Hörspielreihe von H. G. Francis ohne Dracula gewesen? Der Vampirfürst steht in vier der 18 Folgen im Zemtrum: "Dracula und Frankenstein, die Blutfürsten", "Dracula, König der Vampire", "Gräfin Dracula, Tochter des Bösen" und "Draculas Insel, Kerker des Grauens". So ist es nur logisch, dass der Graf auch in der Neuauflage der Reihe seinen Auftritt bekommt – und zwar in der fünften Folge "Dracula – Tod im All".

Einige hundert Jahre in der Zukunft: Das Forschungsraumschiffs Xeron 4 befindet nach einer Expedition durch die Weiten des Alls auf dem Rückflug zur Erde. Als sie ein unbekanntes Rettungssignal von einem unbesiedelten Planeten empfangen, lässt die Kommandantin Valentina Alexandrowna die gesamte Crew des Schiffes wecken.

Die Besatzungsmitglieder, welche mit dem Shuttle auf den unwirtlichen Planeten landen, finden eine abgestürzte alte russische Raumkapsel. In deren Inneren stoßen die Forscher auf einen Sarg. Gegen die Meinung der Offizierin Stella Dupont beschließt das Rettungsteam, die mysteriöse Kiste mit an Bord zu nehmen.

In dem Sarg befindet sich – wie der Titel des Hörspiels schon vermuten lässt – niemand anderes als Graf Dracula. Der Vampirfürst hat nach Jahren der Gefangenschaft Durst auf menschliches Blut – und so nimmt das Grauen auf dem einsamen Raumschiff seinen Lauf.

"Du hast doch gehört, was der Captain vorhin gesagt hat."

Die Raumschiffkommandantin Valentina Alexandrowna wird von Gertie Honeck gesprochen. Star-Trek-Fans dürften sie gleich als Synchronstimme von Kate Mulgrew als Captain Janeway in Star Trek: Raumschiff Voyager erkennen. Honeck gelingt es somit schnell, die Zuhörer gedanklich in den Weltraum zu führen.

Keine Weltraumerfahrung besitzt die Sprecherin Merete Brettschneider, die schon in der zweiten Folge der neuen Gruselserie einen sehr kurzen Auftritt hatte. Als Stella Dupont durfte sie nun in "Dracula – Tod im All" eine größere Rolle übernehmen, die sie sehr gut ausfüllt. Man merkt ihr an, dass sie regelmäßig als Teenager-Detektivin Marie Grevenbroich in der Hörspielserie Die drei Ausrufezeichen mitwirkt. Zudem ist Brettschneider die Synchronstimme von Melissa Benoist in der Serie Supergirl.

Udo Schenk, der in den Folgen "Yeti – Kreatur aus dem Himalaya" und "Moskitos – Anflug der Killer-Insekten" noch als Erzähler fungierte, spielt diesmal Dracula. Als deutsche Synchronstimme von Gary Oldman durfte er dem berühmten Vampir in Bram Stoker's Dracula schon einmal seine Stimme leihen.

Christian Brückner (Synchronstimme von Robert De Niro) übernimmt von Schenk die Rolle des Erzählers. Eine exzellente Wahl: Mit seiner markanten Stimme könnte der erfahrene Sprecher sein Publikum vermutlich auch mit einem Vortrag von Bedienungsanleitungen für Elektrogeräte fesseln.

Weitere Crew-Mitglieder werden von Anna Carlsson (Synchronsprecherin von Piper Perabo), Jürgen Uter (Direktor Reno in der Hörspielserie Point Whitmark) und Romanus Fuhrmann (Synchronsprecher von Rune Temte in Captain Marvel) gesprochen. Die drei liefern eine solide Arbeit ab, können aber mit den vier erstgenannten Sprechern nicht ganz mithalten. Besonders bei Uter und Fuhrmann hat man auch nach mehrmaligem Hören Probleme, die Stimmen der beiden Männer auseinanderzuhalten.

Der Moderator und Schauspieler Peter G. Dirmeier (Nebenrollen in Die drei Fragezeichen, TKKG, Fünf Freunde) liefert als Tarik Thomalla die schwächste Leistung ab. Zugutehalten muss man ihm, dass er als sexistischer Macho auch die unsympathischste Rolle übernommen hat.

"Wir sind ein Forschungsteam und keine Sternenkrieger!"

An den zum Teil recht miesen Dialogen würden aber auch bessere Sprecher als Dirmeier scheitern. Gerade zu Beginn lässt Autor André Minninger (Die drei Fragezeichen, Ein Fall für TKKG) die Besatzung ausführlich und umständlich Dinge erklären, welche für die folgende Handlung total unwichtig sind.

Diese Schwächen konnte offenbar auch Heikedine Körting (Die drei Fragezeichen, Masters of the Universe, Tom und Locke) als Regisseurin nicht ausbügeln. Körting war bereits für die ursprüngliche Gruselserie verantwortlich, welche ab 1981 beim Hörspiellabel Europa erschien.

Die Dialogbücher verfasste damals der Autor H. G. Francis. Zum Bedauern vieler Fans wurde die Reihe 1982 nach der Folge "Das Weltraum-Monster" eingestellt. "Dracula – Tod im All" schlägt somit eine thematische Brücke zwischen den vielen Dracula-Folgen und dem letzten Teil der alten Gruselserie.

Leser, die bis hierher gekommen sind und nicht schon bei dem Titel oder spätestens bei der Zusammenfassung des Inhalts aus dem Artikel ausgestiegen sind, haben vermutlich eine große Toleranz für Trash und Genre-Crossover. Die Verknüpfung zwischen Vampir-Gothic-Horror und Weltraum-Grusel ist André Minninger sehr gut gelungen und eine der Stärken des Hörspiels. Im Laufe der Geschichte wird eine im Rahmen des Genres akzeptable Erklärung geboten, wie der Vampirfürst in das Weltall gelangte.

Mit Dracula besitzt das Hörspiel zudem einen klassischen Schurken, welcher am Ende nicht überraschend von einer Öko- oder Friedensmission angetrieben wird. Im Prinzip ist gegen so eine positive Botschaft nichts einzuwenden. Solche Wendungen wurden aber innerhalb der Reihe jetzt schon öfters eingesetzt. Diesmal ist das Böse wirklich böse – und stellenweise richtig unheimlich.

"Aber warum wurde dieser Dracula von der Kamera nicht erfasst?"

Dafür verhalten sich die Menschen auf dem Raumschiff nicht immer logisch und nachvollziehbar. Sie finden einen mit Ketten umwickelten Sarg auf einem fernen unbesiedelten Planeten und haben nichts Besseres zu tun, als ihn schnell an Bord zu holen. Und trotz ihrer Bedenken wegen des unheimlichen Sargs genehmigt die Kommandantin ihrer Besatzung ein fröhliches Saufgelage.

Man merkt, dass Minninger verhindern wollte, dass die Besatzung zu früh hinter das Geheimnis des Sargs kommen. Dafür muss halt eine Jacke das Alarmsignal für die offene Schleuse verdecken, und die Überlebenden kommen auch erst gegen Ende darauf, sich einmal die Überwachungsbänder anzusehen.

Neben den zum Teil hölzernen Dialogen ist dieses aber der einzige negative Kritikpunkt des Hörspiels, über den man leicht hin weghören kann. Die Schwächen teilt sich die Folge mit den anderen Episoden der Neuauflage der Gruselserie. Im direkten Vergleich schneidet "Dracula – Tod im All" wesentlich besser ab als die Vorgänger.

Denn die Geschichte macht durchaus Spaß und ist sehr gut in Szene gesetzt. Da wäre zuerst die Musik zu nennen, die gerade zu Beginn schön nostalgisch an alte Science-Fiction-Filme erinnert. Später wird sie ein wenig zurückgenommen, um im Hintergrund die Spannung zu unterstützen. Auch die Effekte sind sehr gelungen. Das Öffnen und Schließen der Schleusen, der Flug mit dem Shuttle und die Kommunikation auf den Planeten über Helmfunk werden glaubhaft dargestellt.

"Untote wie ich sind auf Sauerstoff nicht angewiesen."

Die Gruselserie ist allerdings bald nicht mehr alleine im Weltall: Das Label Dreamland Grusel bringt im Dezember die Folge "Die Weltraummonster" heraus. Hierbei soll es sich um eine direkte Fortsetzung der alten Geschichte von H. G. Francis handeln. Dreamland Grusel setzte bereits mit "Wolfsnächte", "Draculas Todesinsel" und "Kap der blutigen Nächte" einige Francis-Hörspiele der alten Gruselserie fort.

Fazit

Das Hörspiel besitzt einige Logiklöcher und nicht sehr gelungene Dialogpassagen. Es ist trotzdem ein großer Spaß zuzuhören, wie Captain Janeway beziehungsweise Kommandantin Alexandrowna gegen Dracula antritt. Insgesamt ist das Hörspiel spannend aufgebaut, besitzt sehr gute Effekte und wurde mit tollen Sprechern wie Christian Brückner, Gertie Honeck und Udo Schenk besetzt. So ist "Dracula – Tod im All" gerade wegen seiner trashigen Geschichte die beste Folge der Reihe.

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Gruselserie - Folge 5: Dracula - Tod im All

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