Hörspiel

Das Schiff: Kritik zu Oliver Dörings Science-Fiction-Hörspiel

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In den letzten Jahren hat der Hörspielregisseur Oliver Döring in seinen Phantastischen Geschichten viele klassische Bücher von H. G. Wells oder H. P. Lovecraft adaptiert und seine Versionen jeweils in der Moderne angesiedelt. Bei seinem neuesten Zweiteiler "Das Schiff" ist der Zeitsprung zwischen der Vorlage und dem Hörspiel wesentlich größer. Hauffs Märchen Die Geschichte von dem Gespensterschiff hat Döring weit in die Zukunft katapultiert. Aus dem heimeligen Grusel der Vorlage wird in "Das Schiff" düsterer Weltraumhorror.

Als die drei Freunde Core, Raw und Cosma Ärger mit einer Verbrechergilde bekommen, sind sie gezwungen, von der Raumschiffwerft Lonapor zu fliehen. Während des folgenden Raumgefechts wird ihre Navigationseinheit durch einen Schuss der feindlichen Sternenjäger beschädigt. Um ihr Leben zu retten, wagen die drei einen Sprung ins Ungewisse.

"Da sind nicht viele Sterne."

Die drei Freunde stranden mitten in der Leere des Weltraums. Während ihres Zufallssprungs haben sie den Rand eines Schwarzen Lochs gestreift und wurden auf negative Lichtgeschwindigkeit beschleunigt in die Weite des Universums geschleudert. In ihrer Nähe gibt es kein bekanntes Sonnensystem, geschweige denn einen bewohnten Planeten. Ihre einzige Hoffnung scheint ein durch die Leere treibendes riesiges Raumschiff der Erebos-Klasse zu sein.

Notgedrungen dringen Raw, Cosma und Core in das Schiff ein, um es entweder wieder zum Laufen zu bringen oder Ersatzteile für ihre kaputten Sternenjäger zu finden. Das Schiff scheint seit Jahren verlassen zu sein, bis Cosma von einem gruseligen kleinen Mädchen bedroht wird – und dann meldet sich auch noch das eigensinnige Dialogprogramm Sarah zu Wort.

Der Regisseur, Autor und Produzent Oliver Döring ist in der Hörspielszene mittlerweile wahrlich kein Unbekannter mehr. Seinen Durchbruch hatte er im Jahr 2000 mit seiner Neuauflage John-Sinclair-Serie. Es folgten die Adaptionen verschiedener Star-Wars-Hörspiele sowie diverse eigene Serien wie End of Time und Foster.

Bereits für das Label Folgenreich inszenierte er einige Werke von H. G. Wells (Die Zeitmaschine, Der Krieg der Welten und Das Imperium der Ameisen). Diese Adaption setzte er nun in der Reihe Oliver Dörings Phantastische Geschichten beim Label Imaga fort. Neben Wells ("Der Unsichtbare", "Dr. Moreau") vertonte Döring dort auch verschiedene Geschichten von H. P. Lovecraft ("Berge des Wahnsinns", "From Beyond").

Somit stellt die Bearbeitung von Die Geschichte von dem Gespensterschiff von Wilhelm Hauff innerhalb von Dörings Hörspielreihe etwas Neues dar. Die Erzählung erschien in Hauffs Märchen-Almanach für das Jahr 1826. Wie vom Regisseur gewohnt, inszeniert er das einstige Märchen routiniert und professionell als spannendes Science-Fiction-Spektakel. Das beginnt schon bei der Riege der sehr gut ausgewählten Sprecher.

"Das ist nicht möglich, ich habe andere Menschen gesehen."

In den drei Hauptrollen sind Peter Flechtner (Synchronstimme von Matthew Fox), Marie Bierstedt (Synchronstimme von Kirsten Dunst) und Michael Iwannek (Synchronstimme von Zach Galifianakis) zu hören. Alle drei spielen ihre Rollen sehr gut, ohne dass einer den anderen dabei an die Wand spielt. Ein Punkt, der dazu beiträgt, dass man den drei Sprechern die Freundschaft ihrer Figuren sofort abnimmt.

Nicht unerwähnt soll Esra Meral bleiben, die ihre Stimme dem Dialogprogramm Sarah leiht. Meral ist eine ausgebildete Sprecherin, aber größere Rollen kann sie bisher nicht vorweisen. Dennoch kommt einem ihre Stimme sofort bekannt vor. Ihr gelingt es täuschend echt, die Stimmen von Siri oder Alexa nachzuahmen und wurde damit durch verschiedene TikTok-Videos bekannt. Mit dem Dialogprogramm Sarah hat sie eine der dankbarsten und lustigsten Rollen in "Das Schiff" – jeder ihrer Auftritte ist ein großer Spaß für den Hörer.

"Vielleicht Echos von uns selbst."

Auch die noch so kleinsten Nebenrollen sind mit bekannten Sprecher, unter anderem Tobias Kluckert (Synchronstimme von Bradley Cooper), Santiago Ziesmer (Synchronstimme von Steve Buscemi), Thomas Nero Wolff (Synchronstimme von Hugh Jackman) und Wolfgang Pampel (Synchronstimme von Harrison Ford ), besetzt.

Pampel hat als Erzähler des Hörspiels jedoch nicht viel zu tun. Er muss nur einige kurze Ortsbeschreibungen einsprechen. Die unendlichen Weiten des Weltraums, die futuristische Schiffswerft und das verlassene Raumschiff als Kulisse der Abenteuer müssen sich die Hörer selbst ausmalen – bestens unterstützt durch die sehr gelungenen Soundeffekte.

Auch wenn die Effekte besser klingen als auf klassischen Jan-Tenner-Kassetten, könnte sich der eine oder andere Fan der 80er Jahre Hörspielserie an die Folge "Das Totenschiff" erinnert fühlen. Auch dort erkunden Jan und Laura ein scheinbar verlassenes Raumschiff von gigantischem Ausmaß, welches ihren Silbervogel mit einem Traktorstrahl erfasst hat.

Fans von Science-Fiction-Horror-Filmen könnte auch der Film Event Horizon – Am Rande des Universums aus dem Jahr 1997 als Inspirationsquellen in den Kopf kommen. Aber ein Hörer, der nicht weiß, worauf er sich einlässt, würde sicher nicht an Hauffs Die Geschichte von dem Gespensterschiff denken, so radikal hat Oliver Döring die märchenhafte Vorlage für sein Hörspiel umgestaltet.

"Das kann nicht sein, fast die gesamte Galaxis ist kartografiert."

Von dem Märchen sind nur zwei Grundelemente geblieben: Schiffbrüchige landen auf einem verlassenen Schiff und der Schrecken wiederholt sich in regelmäßigen Zyklen. Die Vorgeschichte, der Grund für die grauenhaften Spukerscheinungen und die Lösung des Problems weichen sehr stark voneinander ab. Döring verzichte in seiner Version auf alles Übersinnliche und findet im Kontext seiner Geschichte eine rationale technische Erklärung – schließlich handelt es sich bei dem Zweiteiler "Das Schiff" um Science Fiction

Diese Konzentration auf diese zwei Elemente der Originalerzählung stellt für das Hörspiel eine Bereicherung dar. Selbst Hörern, welche das Märchen kennen, bietet Dörings Science-Fiction-Variante etwas komplett Neues. Wer eine originalgetreue Umsetzung von Hauffs Märchen hören will, dem sei, wie so oft an dieser Stelle, die Reihe Gruselkabinett (Folge # 171) empfohlen, welche ebenfalls Die Geschichte von dem Gespensterschiff vertonte.

"Ich bin in etwa acht Minuten bei euch. Redet so lange mit mir bitte."

Nun kann man darüber streiten, warum man überhaupt Hauffs Märchen adaptiert, wenn am Ende so wenig von der Originalgeschichte überbleibt. Kann man machen – man kann sich aber auch einfach freuen, dass Oliver Döring ein sehr gelungenes Science-Fiction-Horror-Hörspiel aufgenommen hat. Auf dem Hörspielmarkt sind gute Space Operas, Weltraumhorror und Ähnliches eher selten zu finden.

Wenn man etwas Negatives über die neue Folge von Oliver Dörings Phantastische Geschichten sagen kann, dann, dass es ein wenig zu lang geraten ist. Die Vorgeschichte ist recht ausufernd dafür, dass sie nachher keine Rolle mehr spielt. Und der Beginn der zweiten Folge fühlt sich wie eine Wiederholung des Endes der Vorherigen an – was allerdings im Rahmen der Erzählung wiederum Sinn ergibt und den Hörer in die Gruselzeitschleife mit hineinzieht.

Fazit

Oliver Döring hat aus dem Märchen um das gruselige Gespensterschiff einen Action geladenen Horrorschocker im Weltraum gemacht. Auch wenn dabei viele Elemente von Wilhelm Hauffs Vorlage auf der Strecke bleiben, werden die Leerstellen mit interessanten Science-Fiction-Ideen ausgefüllt. Zudem kann das Hörspiel ohne Ausnahme mit sehr guten Sprechern punkten und wurde von Döring wie gewohnt perfekt in Szene gesetzt.

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© Imaga

Mia Insomnia: Mystery-Hörspiel-Serie mit Bastian Pastewka

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Wer bei der Horrorhörspielserie Korridore bis zum Ende zugehört hat, wird den Hinweis auf den neuen Mystery-Podcast schon mit bekommen haben. Am 15. Januar startet in der ARD-Audiothek Mia Insomnia. Alle, die als Kind mit Hörspielkassetten der Drei Fragezeichen, Fünf Freunde, Tom und Locke oder TKKG aufgewachsen sind, sollten sich von der Handlung der Serie besonders angesprochen fühlen.

Mia hat als Kind die Hörspiele der drei jungen Detektive Boris, Fred und Kathi geliebt. Über deren Abenteuer spricht nun als Erwachsende in ihrem Podcast. Besonders die gruselige Folge "Insomnia" ist ihr im Gedächtnis hängen geblieben. Die Geschichte um ein unheimliches Dorf wird noch gruseliger, als Mia feste stellt, dass sie sich als einzige Person an dieses Hörspiel erinnert. Mia wird ihr versichert, dass eine Folge mit dem Titel "Insomnia" nie produziert wurde.

Die Hauptrolle der Mia spricht Julia Gruber, die als Schauspielerin und Synchronsprecherin arbeitet, bisher aber nur in kleineren Rollen zu sehen beziehungsweise zu hören war. An ihrer Seite übernimmt Bastian Pastewka (Der WiXXer) eine größere Rolle – wie man nach dem kurzen Trailer vermuten kann, spielt er einen der Hörspieldetektive.

Der Wind und Das Glas: Zwei Hörspiele nach Geschichten von Ray Bradbury

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Ray Bradbury dürfte einem breiteren Publikum vor allen durch seine Science-Fiction-Roman Fahrenheit 451 und vielleicht noch Die Mars-Chroniken bekannt sein. Aber der Autor schrieb auch mehrere gruselige Erzählungen, wie zum Beispiel Das Böse kommt auf leisen Sohlen. Der NDR Kultur sendet am 8. Januar um 19 Uhr nun zwei kurze Hörspiele nach Kurzgeschichten Bradburys.

In Der Wind geht es um Allin, die sich seit einer Reise in das Himalaja-Gebirge von Stürmen, Orkanen und Taifunen verfolgt fühlt. Im Mittelpunkt von Das Glas steht der Verlierer Charlie, dessen Wohnzimmer zum Mittelpunkt der Dorfgemeinschaft wird, als ein mysteriöses großes Glas, mit einem schleimigen grauen Ding drin auftaucht.

Ein drittes Bradbury-Hörspiel hat der NDR bereits gesendet. In Hasenjagd geht es um ein Paar, welches vor einem Atomkrieg in die Vergangenheit flieht und dort von einem Zeitwächter verfolgt wird. Alle drei Hörspiele wurde von Erwin Neuner 1987 beziehungsweise im Falle von Hasenjagd 1994 inszeniert und stehen bereits in der ARD-Audiothek zur Verfügung.

Dort ist auch der achtteilige Mystery-Podcast DreamLab zu finden, indem es um rätselhafte Vorfälle in einem Schlaflabor geht. In dem Hörspiel-Thriller sind unter anderen Matthias Matschke (Timothy Truckle ermittelt), Annette Frier (Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer) und Luise Helm (Synchronstimme von Scarlett Johansson) zu hören.

Korridore: Neue Horrorhörspielserie in der ARD-Audiothek

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Patrick hat vor zwölf Jahren seine Mutter verloren. Was aus ihr geworden ist, kann dem jungen Mann niemand sagen. Unter mysteriösen Umständen verschwand sie zusammen mit all ihren Kolleginnen. Patrick fängt als Werkstudent in der damaligen Firma an, um hinter das Geheimnis ihres Verschwindens zu kommen.

In den verlassenen Korridoren des Firmengebäudes beginnt er seine Suche. Wähnend seiner Nachforschungen stößt er auf viele merkwürdige Dinge. Die Firma diente als Tarnung für das Institut für Paramediale Phänomene. So wird Patrick mit suizidale Kaffeemaschine oder Geister beschwörenden Chatsbots konfrontiert – bis er plötzlich selbst spurlos verschwindet und nur die Sprachmemos auf seinem zurückgelassenen Handy von seiner Recherche berichten.

In Korridore sind unter anderen Maximilian Schimmelpfennig (Dark), Nisan Arikan (Leon muss sterben) und Ulrich Bähnk (14 Tage lebenslänglich) zu hören. Inszeniert wurde die Hörspielreihe vom Schauspieler, Musiker und Regisseur Lars Kokemüller alias Lars Henrik.

Die ersten drei Folgen der zwölfteiligen SWR-Horrrorhörspielserie sind stehen bereits in der ARD-Audiothek zum Abruf bereit. Ein Trailer zum Hörspiel Korridore ist hier zu finden.

Clarimonde: Gruselhörspiel nach einer Geschichte von Hanns Heinz Ewers

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Eigentlich präsentiert Bastian Pastewka in seinem Podcast Kein Mucks! alte Kriminalhörspiel, die überwiegend aus den 50er- bis 70er-Jahren stammen. Clarimonde stellt damit innerhalb der Reihe eine zweifache Ausnahme da. Das Hörspiel des Deutschlandfunks wurde erst 2011 aufgenommen und es handelt sich um keinen klassischen Kriminalfall, sondern um eine Geistergeschichte.

Im Paris des frühen 20. Jahrhunderts gibt es eine Pension, in der es immer wieder zu unerklärlichen Todesfällen kommt. Betroffen sind die Gäste, welche im Zimmer 7 übernachten. Die Polizei steht vor einem Rätsel. So beschließt der Student Bracquemont eine Nacht in dem Zimmer zu verbringen, um dem Spuk auf den Grund zu gehen.

Die Vorlage aus dem Jahr 1908 mit dem Originaltitel Die Spinne schrieb Hanns Heinz Ewers (Alraune). Der Autor ist heute aufgrund seiner Nähe zum Nationalsozialismus nicht unumstritten. In jungen Jahren setzte er sich für die Gleichberechtigung seiner jüdischen Mitbürger ein, trat aber später in die NSDAP ein und arbeitete für das NS-Propagandaministerium. Die Anbiederung an das NS-Regime nutzte den Autoren nicht viel. 1934 wurde ein Publikationsverbot gegen ihn verhängt und seine Bücher verboten, weil sie den Nationalsozialisten zu freizügig waren.

Das Hörspiel Clarimonde findet man, genauso wie alle andere Krimis von Pastewkas Kein-Mucks-Podcasts, in der ARD Audiothek. Dort kann man sich auch alle 30 Folgen eines anderen modernen Klassikers anhören: Der Herr der Ringe. Das Hörspiel wurde 1992 vom WDR produziert.

2035 – Die Zukunft beginnt jetzt: Neun Science-Fiction-Hörspiele in der ARD-Audiothek

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In der ARD-Audiothek ist seit Anfang Dezember der Hörspiel-Podcast 2035 – Die Zukunft beginnt jetzt zu finden, der in neun Folgen ein Blick ins die Zukunft des Jahres 2035 wagt. Eingeleitete werden die jeweiligen Episoden von dem Wissenschaftsjournalisten Niklas Kolorz. Thematisch geht es um Fleischkonsum, Social Media, gesellschaftliche Spaltungen, künstliche Intelligenz und immer wieder um den Klimawandel.

Im Mittelpunkt von 2035 – Die Zukunft beginnt jetzt steht dabei eine Gruppe Menschen, die 2022 ihren Schulabschluss gemacht haben. Erzählt wird ihr Leben dreizehn Jahre später in einer mal mehr oder weniger düsteren Zukunft. Die einzelnen Folgen sind unabhängig voneinander zu hören und präsentieren unterschiedliche Szenarien – es gibt aber immer wieder Querverbindungen zischen einzelnen Hörspielen.

In "Für immer wir alle zusammen" beschließen sechs Freundinnen nach dem Abi, sich jedes Jahr am selben Tag eine Sprachnachricht zu schicken. Der Hörer bekommt so im Zeitraffer Einblicke in die Entwicklung der Zukunft in den nächsten 13 Jahren. Auch die Folge "9 Dinge, die Du 2035 nicht erwartet hättest #6 wird dich umhauen" springt zwischen verschiedenen Protagonisten des Jahres 2035 umher und verschafft einen Überblick über eine kaputte Gesellschaft. Und "Peak Meat. Die Fleischkriege" fokussiert sich ganz auf den Bürgerkrieg zwischen den Veganer und den Fleischessern.

Die einzelnen Folgen haben unter anderen von Mariola Brillowska (An den mechanischen Präsidenten), Thilo Reffert (Nächster Halt Mars), Walter Filz (Akte 88. Die 1000 Leben des Adolf Hitler) und Martin Heindel Martin Heindel (Eifelgeist, Die Fabrik) geschrieben. Die Science-Fiction-Reihe entstammt einer Zusammenarbeit der ARD-Radiosender und dem Deutschlandfunk. Im Anschluss werden die einzelnen Hörspielepisoden im Programm der unterschiedlichen Radiosender zu hören sein. In der Audiothek ist zudem das Science-Fiction-Hörspiel Erik Wunderlich: Unearthing zu finden.

Gruselkabinett 181: Das gefährlichste Spiel der Welt - Kritik zum Hörspiel

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2020 lief auf dem Streaming-Anbieter Quibi die Serie Most Dangerous Game, in der sich der von Liam Hemsworth gespielte Protagonist gegen Geld von anderen Menschen jagen lässt. Man denkt sofort an Stephen Kings Roman Menschenjagd, dessen Verfilmung Running Man mit Arnold Schwarzenegger, den deutschen Fernsehfilm Das Millionenspiel von Tom Toelle oder die Kurzgeschichte The Prize of Peril von Robert Sheckley.

Die Vorlage für die Actionserie ist aber, wie der Titel schon vermuten lässt, die wesentlich unbekanntere Erzählung The Most Dangerous Game von Richard Connell. Diese Geschichte hat nun Hörspielregisseur Marc Gruppe für die Reihe Gruselkabinett vertont.

"Die Welt besteht nun mal aus zwei Klassen: den Jägern und den Gejagten."

"Das gefährlichste Spiel der Welt" beginnt auf dem Ozean. Der Großwildjäger Sanger Rainsford will 1924 von New York nach Brasilien reisen. Doch soll er sein Ziel nie erreichen. Als sein Schiff gerade durch die Karibik fährt, stürzt der Jäger mitten in der Nacht von der Besatzung unbemerkt ins Meer. Er kann sich auf eine einsame Tropeninsel retten. Dort lebt in einer Festung der russische General Zaroff, welcher den Gestrandeten aufnimmt und bewirtet.

Die beiden Männer verbindet eine gemeinsame Leidenschaft: die Jagd. Deswegen wird Rainsford zunächst auch nicht misstrauisch, als Zaroff ihn zur Teilnahme an seiner nächsten Unternehmung auf der Insel einlädt. Der General hat den gestrandeten Großwildjäger allerdings bereits als Beute seiner nächsten Jagd ausgewählt. So findet sich Rainsford am folgenden Morgen nur mit einem Messer bewaffnet auf der Flucht vor dem General und seinen Hundemeute wieder.

"Das sind Tiere, wilde Tiere – sie haben keine Gefühle wie wir."

Die Geschichte kommt völlig ohne übernatürlichen Horror aus und lässt auf die Formel zusammenfassen: Ein reicher Mann tötet auf seiner privaten Insel aus Freude an der Jagd andere Menschen. Aus dieser simplen Grundidee schuf Richard Connell ein spannendes Action-Abenteuer. Die 1924 veröffentlichte Erzählung erlangte schnell große Bekanntheit, und da der Autor auch Drehbücher verfasste, war die Verfilmung des Stoffes nur eine Frage der Zeit.

1932 drehten Ernest B. Schoedsack und Merian C. Cooper den Kinoklassiker King Kong und die weiße Frau. Zeitgleich mit dem Abenteuerfilm inszenierten die beiden Regisseure Graf Zaroff – Genie des Bösen. Der Film teilte sich mit dem berühmten Riesenaffen nicht nur den Drehort, sondern auch einige der Hauptdarsteller.

The Most Dangerous Game ist seine bis heute bekannteste Erzählung und entwickelte im Kino rasch ein Eigenleben mit vielen Variationen und Abwandlungen. Zu den Produktionen, die mal mehr oder weniger lose auf Connells Geschichte basieren, gehören unter anderen auch der trashige Science-Fiction-Streifen Jäger der verschollenen Galaxie (1987), Surviving the Game (1994) mit Ice-T und Rutger Hauer sowie die oben bereits erwähnte Serie Most Dangerous Game. Der Autor Sylvain Runberg und der Zeichner François Miville-Deschênes haben die Geschichte in ihrem Comicalbum Zaroff sogar fortgesetzt.

Obwohl die Erzählung so oft als Vorlage für Drehbücher diente, geriet der Originaltext im Laufe der Jahre in Vergessenheit. Regisseur Mark Gruppe bleibt in seinem Hörspiel, wie für die Gruselkabinett-Reihe üblich, eng an der literarischen Vorlage. Das zeigt sich vor allem an der begrenzten Anzahl der Sprecher, die für das Hörspiel benötigt werden.

"Ihr Englisch ist hervorragend."

In der Hauptrolle ist Pascal Breuer als Sangaer Rainsford zu hören. Er ist der Synchronsprecher des Bollywood-Schauspielers Shah Rukh Khan. Für die Gruselkabinett-Hörer ist er kein Unbekannter. Breuer war unter anderem in "Das Traktat Middoth" oder "Alraune" zu hören. In Folge 181 führt er als Icherzähler in gewohnt guter Qualität durch das Hörspiel. Das bietet zwar keine Überraschung, fügt sich aber wunderbar in das Konzept der Horror Reihe ein.

Bekannter als Breuer dürfte die Stimme von Torsten Münchow sein, der Brendan Fraser (Die Mumie) im Deutschen seine Stimme leiht. In "Das gefährlichste Spiel der Welt" spricht er den Antagonisten General Zaroff. Er klingt rauer, als man seine Stimme von seiner Synchronarbeit in Erinnerung hat. Das passt aber sehr gut zu dem dekadenten General. Positiv fällt auf, dass Münchow komplett darauf verzichtet, mit einem künstlichen russischen Akzent zu reden.

In weiteren Rollen sind Glenn Goltz als Großwildjäger Whitney und Peter Weis als Kapitän Nielsen zu hören. Goltz war zuletzt in Folge 180 des Gruselkabinetts als Jim Shorthouse zu hören, während Weis in derselben Folge die Rolle des Erzählers übernahm. Thomas Balou Martin steuert als Zaroffs stummer Handlanger Iwan zu richtigen Zeit ein paar Grunzlaute bei. Wer ihn richtig sprechen hören will, muss zu den Gruselkabinett-Folgen "Der gewaltige Gott Pan" oder "Die Köpfe von Apex" greifen.

Neben der guten Leistung der Sprecher muss man auch die Inszenierung insgesamt loben. Regisseur Marc Gruppe hat Geräusche, Effekte und Musik gut in die Handlung eingewoben. Das Hörspiel wird den einen oder anderen Hörer mit 71 Minuten vielleicht ein wenig zu lang vorkommen. Gerade zu Beginn und dann wieder in der Mitte gibt es zwei lange Dialogpassagen über die Kunst der Jagd zwischen Rainsford und seinen Freund Whitney beziehungsweise Zaroff.

"Wenn interessiert schon, wie sich ein Jaguar dabei fühlt, wenn wir Jagd auf ihn machen?''"

Ob man diese Stellen zu lang oder gar langweilig findet, kommt auf die Einstellung an, mit der man an das Hörspiel herangeht. Wer sich eine altmodische Geschichte nahe an der Vorlage wünscht, wird die Dialoge mögen, in denen die verschiedenen Facetten, Freuden und Grausamkeiten der Jagd diskutiert werden. Wer sich auf spannende Action freut, muss sich bis zur zweiten Hälfte gedulden.

Allerdings hat das Hörspiel ein weiteres Problem. Sanger Rainsford fungiert auch als Erzähler der Geschichte. Somit nehmen schon seine ersten Worte ein wenig die Spannung aus dem Hörspiel. So bangt man nicht wirklich um das Leben des Helden. Das tut dem Hörvergnügen insgesamt jedoch keinen Abbruch. Wer öfter zu einem Gruselkabinett-Hörspiel greift, weiß, was ihn erwartet.

Nachdem in der Reihe zu Beginn viele Vertonungen bekannter Gruselklassiker von Bram Stoker, H. P. Lovecraft, Mary W. Shelly, Arthur Conan Doyle oder Edgar Allen Poe erschienen, inszenierte Marc Gruppe zuletzt immer öfter auch Geschichten vergessener Autoren wie Willy Seidel, Francis Flagg oder wie im vorliegenden Fall Richard Connell. Somit bietet auch "Das gefährlichste Spiel der Welt" die Chance, einen verschollene Geschichte wieder zu entdecken – es lohnt sich.

Fazit

Wer sich ein Hörspiel der Gruselkabinett-Reihe kauft, kann sich auf eine gelungene Inszenierung und gute Leistung der Sprecher verlassen. Darin ist auch die 181. Folge keine Ausnahme. Hörer, die eine simple Actiongeschichte erwartet, könnte in der ersten Hälfte enttäuscht werden. Zu Beginn philosophieren die Figuren noch über das Für und Wider der Jagd. In der zweiten Hälfte zieht die Spannung an und belohnt den Zuhörer mit einem packenden Zweikampf zweier Jäger.

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© Titania Medien

Titania Medien: Gruselkabinett Folge 181 – Das gefährlichste Spiel der Welt (Hörprobe)

Timothy Truckle ermittelt: 4 Science-Fiction-Hörspiele nach den Erzählungen von Gert Prokop

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In den Science-Fiction-Krimis von Gert Prokop sind die USA Mitte des 21. Jahrhunderts ein totalitär regierter kapitalistischer Staat. Dort ermittelt der Privatdetektiv Timothy Truckle im Auftrag der oberen Zehntausend in mehreren skurrilen Fällen. Dass Truckle in einer Folge einen verschwundenen Leibkoch suchen muss, klingt noch nach dem gewöhnlichen Arbeitsalltag eines selbstständigen Ermittlers.

Gleich zu Beginn in "Wer stiehlt schon Unterschenkel?" muss sich der Privatdetektiv auf die Suche nach gestohlenen Transplantaten machen. In der nächsten Folge gilt es zu beweisen, ob man Menschen einfrieren und später in der Zukunft ohne Schäden wieder auftauen kann. Und dies sind nicht die einzigen Probleme, mit denen sich Truckle herum schlagen muss. Der Privatdetektiv ist nämlich auch noch Mitglied einer Untergrundgruppe, die den Sturz des kapitalistischen Systems plant.

Die Darstellung der USA und die Kritik am Kapitalismus sind damit zu erklären, dass Prokop seine satirischen Science-Fictions-Krimis 1977 in der ehemaligen DDR veröffentlichte. Sechs Jahre später folgte auf den Sammelband Wer stiehlt schon Unterschenkel? acht weitere Erzählungen, vereint in dem Band Der Samenbankraub.

Die Hauptrolle in Timothy Truckle ermittelt spielt Matthias Matschke (Pastewka). Weitere Rollen in den vier Hörspielen übernahmen Jens Wawrczeck (Die drei Fragezeichen), Valery Tscheplanowa (Speed Racer), Bernhard Schütz (Barbaren) und Aljoscha Stadelmann (Fabian). Die Regie führte Wolfgang Seesko.

Alle vier Teile vonTimothy Truckle ermittelt  stehen bereits in der ARD Audiothek zum Abruf bereit.

Erdsee: Hörspiel nach Ursula K. Le Guins Fantasyklassiker

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Zu den bedeutenden Klassikern der Fantasyliteratur dürfte mittlerweile auch der Romanzyklus Erdsee der Autorin Ursula K. Le Guin zählen. Nach Vorlage der Bücher hat der Regisseur Jörg Schlüter für den WDR jetzt ein Hörspiel produziert.

Erdsee ist eine Welt, die aus vielen kleiner Inseln besteht. Auf der Insel Rok wird der junge Ged zum Magier ausgebildet. Durch ein Missgeschick öffnet er eine Verbindung zum Totenreich und ein dunkles Etwas entkommt nach Erdsee. Von nun an ist es Geds Aufgabe, dieses Wesen zu jagen und in seine Ursprungsdimension zu bannen.

In dem Hörspiel sind unter anderen Béla Gabor Lenz, Aram Tafreshian, Steffen Reuber, Kristin Alia Hunold und Sithembile Menck zu hören. Alle sechs Teile des Hörspiels stehen bereits in der ARD-Audiothek zur Verfügung.

2020 veröffentlichte Ursula Poznanski (Erebos, Thalamus) ihren Jugendroman Cryptos. In ihm schildert die Schriftstellerin eine durch Umweltzerstörung und Klimawandel lebensfeindliche Welt, in der die meisten Menschen ihre Zeit in virtuellen Welten verbringen. Die Programmiererin und Welten-Designerin Jana kommt eines Tages einer dürsteten Geheimnis auf die Spur.

Die Regie bei der Hörspiel-Adaption von Bremen 2 führte Janine Lüttmann. Die Hauptrollen in Cryptos spielen Elisa Schlott, Jonas Nay, Jannik Schümann, Dietrich Hollinderbäumer und Katharina Leonore Goebel. Die ersten vier von insgesamt sechs Folgen sind ebenfalls in der ARD-Audiothek zu finden.

Dort kann man bereits alle neun Teile der Serie Miami Punk abrufen. Das NDR-Hörspiel basiert auf den gleichnamigen Roman von Juan S. Guse aus dem Jahr 2019. In der Adaption stehen vier Rollenspieler im Mittelpunkt, die das Pen-and-Paper "Miami Punk: The complete DLC" spielen. Das Spiel schildert eine Welt, in welcher der Atlantik vor Florida verschwunden ist, in Miami eine Krokodilplage herrscht und ein Hochhauskomplex von Erdboden abhebt.

In dem Hörspiel Miami Punk von Iris Drögekamp und Felix Lehmann übernahmen Stefan Konarske, Lisa Hrdina, Taner Sahintürk sowie Sebastian Zimmler die Hauptrollen.

Die Viruskonferenz: Hörspiel über einen Komponisten und ein Weltuntergangsprojekt

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Es gibt Hörspielankündigungen, nach deren Inhaltsangabe man nicht genau weiß, was dem Zuhörer am Sendetermin erwartet. Die Viruskonferenz ist so ein Fall. Es geht um dem Komponisten Alexander Stieglitz, der Hieroglyphen in Musik übersetzt. Für jedes Piktogramm sucht er einen entsprechenden Klang.

Auf einer Reise nach Kairo lernt er im Flugzeug die Virologin Maria Freytag-Nelson, die an einem geheimnisvollen Killervirusprojekt arbeitet. Sie ist auf den Weg zu einer Konferenz, auf der über die Erringung der Weltherrschaft diskutiert werden soll. Aber eigentlich liegt der Komponist Stieglitz im Koma und hört lediglich Dialogfragmente. An seinem Bett im Krankenhaus sitzt seine Tochter, welche auf ihren bewusstlosen Vater einredet.

Das Hörspiel aus dem Jahr 1997 wurde von Georg Herrnstadt inszeniert. In Die Viruskonferenz sind unter anderen Ulrich Wildgruber, Elisabeth Trissenaar und Theresa Hübchen zu hören. WDR 3 sendet das Hörspiel am 11. September von 19.04 bis 20 Uhr. Nach der Ausstrahlung steht Die Viruskonferenz befristet im WDR-Hörspielspeicher zum Download zur Verfügung.

Elf Tage später folgt am 22. September um 23 Uhr auf 1Live der Mystery-Thriller Eifelgeist. Bereits in der ARD-Mediathek kann man sich die dreiteilige Hörspieladaption Hochhaus von James Graham Ballards Roman High Rise anhören.

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