Cherringham Band 3 "Mord im Mondschein"

Cherringham Band 3, Bastei, Titelbild
Matthew Costello und Neil Richards

Ob es an der Stimmung der Festtage liegt – der Plot beginnt an Thanksgiving und endet in den Adventstagen – oder ob die beiden Autoren wieder den Faden aus dem ersten Abenteuer „Mord an der Themse“ aufnehmen wollten, spielt im Grunde keine Rolle mehr. Nach dem etwas distanzierten Abtasten in „Das Geheimnis von Magdon Manor“ stehen sich Jack und Sarah wieder näher. Er wird zu einem köstlichen Thanksgiving Essen eingeladen, als Sarahs Tochter ins Krankenhaus muss, revanchiert er sich mit freundlichen Babysitting. Und die Schlussszene im Epilog könnte sogar bedeuten, dass Jack seinen Frieden und neue Wurzeln in Cherringham gefunden hat. Die beiden unterschiedlichen Charaktere bilden nicht nur eine kriminaltechnisch ermittelnde Einheit, vor allem verstehen sie sich privat ausgesprochen gut. Und da Sarahs Kinder Jack schon am Ende des ersten Heftromans als potentiellen Ersatzvater angesehen haben, bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich die private Ebene der „Cherringham“ Krimis entwickelt.

 „Mord im Mondschein“ ist kein gänzlich überzeugender Fall. Die eigentliche Tat ist perfide geplant und fast perfekt ausgeführt. Am Abend der Chorprobe- auch Jack wird später ein Mitglied aus der Not geboren – erleidet Kirsty einen anaphylaktischen Schock. In einem der angeblich selbstgebackenen Kekse haben sich Spuren von Erdnüssen befunden. Ihre Notfallmedizin funktioniert nicht. Ihr langsames Ersticken mit einer geschwollenen Zunge wird eindringlich und schockierend beschrieben. Es ist die bislang grausamste und bislang einzige direkt beschriebene Sterneszene dieser Serie.

 Da Jack Mitglied im örtlichen Chor geworden ist, wird es dieses Mal von einer schüchternen Dame namens Beth angesprochen, die einige Dinge an Kirstys Tod nicht versteht. Jacks Neugierde wird geweckt und dieses Mal ist er es, der mit den Ermittlungen beginnt.

 Wie bei allen Romanen kommt nur eine Handvoll von mehr oder minder exzentrischen bis unsympathischen Figuren in Frage. Nicht zum ersten Mal siedeln die Autoren ihren Roman in der Zeit der Finanzkrise – also zwischen 2008  bis 2011 – an. Dazu karikieren sie einen pedantischen Bänker, der gleichzeitig den Kirchenchor leitet und anscheinend sich für die ledige Kirsty interessiert. Er konnte ihr aber keinen Kredit geben.

 Im Ort lebt auch ein Broker, der in Reichtum schwelgt, während seine Klienten Geld verloren haben. Auch Kirsty gehört zu den Menschen, die vielleicht durch das Platzen einer weiteren Aktienblase ihre ganzen Ersparnisse verloren haben. Das sie aber den Broker bei der FINRA und nicht der britischen Börsenaufsicht anzeigen wollte, ist einer der vielen kleinen Fehler, die sich in den einzelnen Romanen einschleichen, aber nicht vom Plot ablenken. Interessant ist, dass Cherringham wie Twin Peaks aber auch eine Gemeinde ist, die über erstaunlich viele unterschiedliche Mitglieder verfügt, während auf der anderen Seite über diese schwarzen Schafe geschwiegen wird.

 Auch der örtliche Buchhändler mit seiner Frau erscheinen verdächtigt, obwohl weder Jack noch Sarah mit ihrer jeweiligen plumpen Vorgehensweise wirklich Fakten finden. Es ist erstaunlich, dass diese fast freche Art über funktionieren kann. Zumindest hinsichtlich eines wichtigen Hinweises werden Sarah und Jack mit ihrer Vergangenheit als Ermittler konfrontiert und können so den ermüdenden Tanz ums goldene Ei inklusiv der immer wieder zitierten Selbstzweifel vermeiden.

 Die größte Schwäche des Romans ist die hinter dem Verbrechen stehende Konzeption. Die Grundidee ist nicht gänzlich neu. Mit verschiedenen Variablen haben die Autoren diese Idee schon in „Mord an der Themse“, dem ersten Heftroman der Serie angewandt. Affären, mögliche Erpressungen und schließlich ein anderer Täter als der Hauptverdächtige. Nur spielt die Geschichte dieses Mal im Rahmen des einfachen wie singenden Volkes und nicht den Neureichen, die aus London nach Cherringham gezogen sind.

 Das innerhalb von drei Heften zweimal ein Fall kreiert worden ist, dessen Schablone rückblickend übereinstimmt, ist unglücklich und hoffentlich ein Zufall.

 Zusammengefasst ist „Mord im Mondschein“ auf der zwischenmenschlichen Ebene ein deutlicher Fortschritt, während der Kriminalplot bis auf ganz wenige Facetten wie die Verfolgungsjagd über vereiste Straßen und/ oder das absichtlich ausgespielte Klischees des Verstecks im Kleiderschrank eher durchschnittlich sowie leider viel zu vertraut erscheint.    

Bastei Verlag

Heftroman, 64 Seiten

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