PR Neo 64- Herrin der Flotte

Robert Corvus

Robert Corvus wendet sich in seinem Beitrag "Herrin der Flotte" von der enttäuschenden Perry Rhodan Ebene ab und konzentriert sich auf Atlan, Belinkhar und Ihin da Achran. In der Vergangenheit haben diese zweiten Handlungsbögen mehrfach dazu gedient, die schwierigen Situationen, in welche sich Perry Rhodan mit seinem jeweils unkoordinierten und ungeplanten Vorgehen gebracht hat, zu relativieren. Robert Corvus Roman scheint im zweiten Teil diese Strategie zu bestätigen, wobei der erste Teil sehr viele kleinere Logikfehler und Übertreibungen aufweist, so dass das zugrundeliegende "Agentenabenteuer" eher schwer in Gang kommt. Immerhin nähern sich die drei mit der TIAÍR der militärischen Orbitalstation von Arkon III, um am feierlichen Abschlussball der Akademie teilnehmen zu können. Ein gesellschaftliches Ereignis erstens Ranges, das natürlich auch stattfindet, nachdem über dem Schwesterplaneten die Ringstation vernichtet und wahrscheinlich tausende, wenn nicht Millionen von Menschen den Tod gefunden haben. Ihins Druck machen - es wird mit Warnschüssen beantwortet !!! - sollte die arkonidischen Wachmänner eher auf das kleine Schiff aufmerksam machen. Aber bedenkt man, welche Schlappen diese Elitetruppen in den letzten Romanen erlitten haben, ist es wenig überraschend, dass niemand wirklich auf die drei Eindringlinge mit teilweise falschen Identitäten schaut. Noch unglaubwürdiger ist, dass der Leiter der Raumschiffwerft den Privatauftrag des Regenten - er soll das Stachelraumschiff MEGACH bestehend aus unbekannter Technologie, fremdartigen Werkstoffen und zumindest nicht eruierter Herkunft untersuchen - unterbricht, um den Auftrag eines Trossoffiziers - Atlan in Tarnung - zu übernehmen. Dieser besteht aus der Demontage, Analyse und dem kompletten Wiederaufbau der Innereien des Schiffes. Unabhängig davon, dass so ein Auftrag mehr als nur wenige Stunden in Anspruch nimmt, berauben sich die drei Arkoniden ihrer einfachsten Fluchtmöglichkeit und lenken angesichts der enormen Unterlichtbeschleunigung des Raumschiffes die Aufmerksamkeit des Raumwerftleiters Yerum Uskach auf die Yacht. Das Atlan auch noch den Zellaktivator und den Tarkanchar dem Techniker zur Analyse übergibt, rundet diese Fragwürdigkeit ab. Logisch gesehen handelt es sich um einen der wichtigsten Männer des Imperiums, der Aufträge vom Regenten annimmt. Weiterhin ist nicht bekannt, in welche Richtung seine Loyalität geht und alleine technische Neugierde als Ausrede zu nehmen, dass Uskach über diesen Auftrag angesichts des bekannten Chaos im System und der Tatsache, dass Fremde sogar bis zum Regenten vorgestoßen sind, zu nehmen, ist abenteuerlich. An keiner Stelle kann und darf der Regent davon ausgehen, dass die Gruppe um Perry Rhodan alleine ohne Unterstützung gehandelt hat. Und das der Aufstand inklusiv des Absturzes des Ringes zeitgleich mit dem Auftauchen der Menschen erfolgt ist, wird jeden diktatorisch paranoiden Herrscher zu erhöhter Wachsamkeit verleiten. Es kommt aber noch schlimmer. Ohne den Wachen Bescheid zu sagen und vor allem den Auftrag des Herrschers fortzuführen - der Stachelraumer scheint ja auch noch in der Demontage, Analyse zu sein - baut Uskach zusammen mit Atlan im Herzen des Imperiums - Arkon III ist der Kriegsplanet, wie Atlan stellvertretend für den Leser ausführlich beschrieben wird - scheinbare sinnentleerte, aber hochkomplexe Aggregate auseinander und setzt sie zu einem hantelförmigen Gerät zusammen, nachdem schon der überdimensionale Zellaktivator auf einen geheimnisvollen Hyperimpuls aus dem Randbereich des System reagiert hat. Im Gegensatz zu Yerum erkennt Atlan, dass es sich um eine Konverterkanone handeln muss, die aus den einzelnen Teil innerhalb der Yacht zusammengesetzt werden kann. Am Ende zeigt sich, dass im arkonidischen Imperium alles überwacht wird und jeder sein eigenes Süppchen kocht. Der Verrat der Verräters - anders kann man Yerum nicht bezeichnen - wird relativ schnell positiv ausgenutzt, um Atlans eigentlichen Auftrag, Chaos in der Führungsriege zu verursachen, durchzuführen. Das wirkt wenig überzeugend und vor allem noch weniger solide geplant, denn bei einer Überwachung durch den Regenten oder eine größere Loyalität - warum Yerum zum Verräter wird, geht bei der Etablierung dieser Figur vollkommen unter - gegen dem Herrscher wäre Atlans Plan (das ist ein Plan ?) gescheitert, die Yacht oder im schlimmsten Fall die Waffe in Händen des Regenten, die drei Eindringlinge verhaftet und kein Chaos in der Führungsebene. Auch wenn sich Robert Corvus bemüht, innerhalb dieses wenig spannenden Handlungsbogen Tempo und eine bedrohliche Atmosphäre aufzubauen, scheitert er angesichts der unglaubwürdigen und fast infantil zu nennenden Vorgehensweise des Arkoniden, der auch keine Hinweise auf das Schicksal seiner ehemaligen Geliebten findet.

 

Deutlich geschickter und interessanter ist die zweite Handlungsebene, in welcher mit der Mascatin Pertia ter Galen die Chefin der Raumflotte eingeführt wird. Ihre Karriere ist eher kurios. Sie erkannte den Regenten vor zwölf Jahren an, als der Imperator plötzlich und scheinbar spurlos verschwunden ist. Sie weigerte sich, am Spiel der Kelche teilzunehmen und wurde deswegen befördert. Seit Jahrzehnten hält sie sich als eine Art Schutzwall eine Doppelgängerin - wie der Regent, der sich kontinuierlich klonen ließ- , die sie durch Schönheitsoperationen ihres Privataras immer wieder ihrem Aussehen angleichen lässt. Durch Komimplantate sind die - zumindest dem Roman folgend - zu empathischen Zwillingsschwester geworden. Verfolgt der Leser Galens Karriere aufmerksam, dann erscheint der letzte Schritt unlogisch. Auch wenn sie zu den anscheinend paranoiden Führungskräften des arkonidischen Imperiums gehört, scheint ihre "Zwillingsschwester" Atina eher eine Art Schutzwall zu sein, den ter Galen durch die zu enge Bindung wieder durchlöchert. Wieder hilft der Zufall in diesem Fall Belinkhar. Da Treffon vergiftet für seinen eigenen Putsch nicht ter Galen, sondern das Double. Anstatt diesen Auftakt als Sprungbrett für eine spannungsgeladene Sequenz zu nehmen, wirken die Palastintrigen inklusiv mit Gift präparierter Uniformen, dem Einsatz verschiedener Kurtisanen zur Spermagewinnung - ernsthaft - und schließlich die Exkurse in die verschiedenen Dagorlehren langweilig und aufgesetzt. Das es im arkonidischen Imperium keine echten Patrioten mehr gibt, zeigt ter Galens Stellvertreter da Mortur, der als Mitglied einer alten arkonidischen Adelsfamilie ebenfalls sein eigenes Süppchen kocht und für Yerums Überwachung auf eigene Initiative zuständig ist. Wie gut, dass er seinem Spitznamen "Roboter" mit seiner Handlungsweise Ehre macht.  

 

Belinkhars Schwierigkeiten mit ihrem Extrasinn - da wird doch wohl nicht der wichtigste Teil des Epetransarchivs wieder versteckt worden sein - machen aus dieser bislang interessanten Figur ein emotionales Wrack, das am liebsten Selbstmord begehen möchte. Auch so können in diesem Taschenheft Seiten ohne nachweislichen Handlungsfortschritt zurück gelegt werden. Am Ende wird zumindest bewiesen, das der Regent kein Arkonide ist - was man aus durch Kurtisanen „gewonnenes“ Sperma ohne Probleme analysieren kann und Belinkhars gespaltenes Verhältnis zu ihrem neuen Extrasinn relativiert. "Herrin der Flotte" ist ohne Frage ein Fortschritt gegenüber dem unterdurchschnittlichen letzten "Neo" Roman. Auch wenn weiterhin der Zufall regiert und sich Robert Corvus in dieser technokratischen Welt immer noch zurecht finden muss, hält er das Tempo trotz der für "Neo" so signifikanten Schwächen relativ hoch. Der weitere Einblick in die arkonidische Kultur, die sich mehr und mehr Don Lawrence glänzender Comicreihe "Das Reich Trigan" mit seiner Mischung aus römischer Hochkultur und mannigfaltig nutzbarer Technik anpasst, ist zufriedenstellend, auch wenn es inzwischen nervt, dass plötzlich jeder sein eigenes Süppchen kocht. Das erscheint überzogen, zumal an vielen Stellen Spannung aufgebaut wird, die durch Eigeninteressen in ein Plot technisches Nichts wieder abfließt und es allen eindringenden Gruppen - mit diesem Band hat das Team Atlan an naiven "Dummheiten" wirklich mit dem Team Rhodan gleichgezogen - viel zu einfach macht. Vor allem Atlans Auftrag, für Chaos zu sorgen, scheint angesichts der zahlreichen Verschwörungen, heimtückischen Morde und Eigeninteressen eine Farce zu sein. Wie hier in "Neo" beschrieben, richtig sich das arkonidische Reich eher in Monaten denn Jahren oder gar Jahrzenten zugrunde. Auf der anderen Seite hat sich Robert Corvus bemüht, trotz der zu vielen positiven Zufälle Spannung zu erzeugen und zumindest auf einige bislang aufgeschobene Punkte - die Pläne der Konverterkanone oder weitere Hinweise auf die Identität des Regenten - weniger salomonische, sondern pragmatische Antworten zu geben.  Stilistisch ordentlich mit guten Dialogen und pragmatischen Beschreibungen erzählt führt "Herrin der Flotte" eine Reihe von zukünftig interessanten Protagonisten wie Yerum ein, die aber zu menschlich, zu gesteuert und stellenweise einfach zu naiv handeln, als das sie als abgerundete dreidimensionale Figuren durchgehen könnten. Für den schwerfällig sich dahin schleppenden, phasenweise langweiligen und unlogischen Zyklus ein kleiner Lichtblick in dunkler "Neo" Nacht.  

 

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 1427 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 160 Seiten
  • Verlag: Perry Rhodan digital (27. Februar 2014)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B00HJYUGU4
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