Such Sweet Sorrow - Kritik zu Star Trek: Discovery 2.13

SPOILER

Wartet, wartet - geht gleich wieder. Hier waren gerade ein paar zwiebelschneidende Ninjas unterwegs. Star Trek: Discovery hat mich diese Woche zum Weinen gebracht, und das nicht im negativen Sinne. Der Titel “Süße Trauer” trifft zumindest ein paar Teile der Episode auf den Punkt.

Raumschiff-Porno

Es ist die Enterprise! Von außen. Von innen. Im Ganzen. Im Manöver. Der Innenraum von außen gesehen. Ich mein, mit Blick raus ins All hat man ja ständig, aber die Kamerafahrt am Schiff entlang mit klaren Blick durchs Fenster in die Gänge. Da hatte ich Herzchenaugen. Die Griffe im Turbolift - hach. Ja, meist kann man mich mit bekloppten Kleinigkeiten sehr glücklich machen.

Zum jetzigen Zeitpunkt hat man sich entweder mit dem Discovery-Stil arrangiert, mag ihn sogar oder quält sich aus welchen Gründen auch immer durch. Eine Enterprise in der Discovery-Serie kann nicht original so aussehen wie zu Klassik-Zeiten, das Gefälle wäre dann doch deutlich zu groß, selbst wenn die Discovery nicht dieses übermoderne Schiff wäre. Und die Serienmacher haben sichtlich Liebe und Mühe in eine angemessene Umsetzung gesteckt. Die Enterprise ist klar erkennbar und hat überall altbekannte Gimmicks.

Untermalt wird alles rund um die Enterprise mit nostalgisch-emotionsgeladener Musik. Eine gelungene Mischung aus dem neuen Score für Discovery und alten Klängen der Klassik-Serie. Auch die Sounds, vom Lift über Türen hin zu Torpedos, dürften bekannt vorkommen.

Dass Detmer eine astreine Pilotin ist, wurde innerhalb der Serie mehrfach erwähnt. Gleich zu Beginn kann sie ihre Fähigkeiten nun in voller Pracht zeigen. Statt zu beamen oder mit Shutteln auf die Enterprise überzusetzen, wird die komplette Crew über Gangways evakuiert. Und dafür müssen die beiden Schiffe nunmal so nah wie möglich aneinander ran. Ob ausklappende Stege von Schiff zu Schiff mitten im All wirklich die beste Idee sind und man sich so zusammengekoppelt nicht erst recht verwundbar macht, sei mal dahingestellt - cool sieht es auf jeden Fall aus. Wobei mir selbst eine solide Planke von Steg auf Segelschiff zu wackelig ist, aber gut, bevor man mit dem Schiff explodiert.

Übrigens nett von Cornwell, dass sie Pike den Sitz angewärmt hat. Man sieht nicht, ob sie erst mit der Evakuierung von der Discovery kam, oder schon mal vorgeschwommen ist. So plötzlich wie sie vor zwei Episoden verschwand, taucht sie jetzt auch wieder auf.

Als Nummer Eins schließlich ihren sichtlich erfreuten Captain wieder “Zuhause” begrüßt, kam das erste Sentimentals-Tränchen.

A Vulcan Goodbye

AI-Leland ist mit der Sektion-31-Truppe also der Enterprise und damit der davongesprungenen Discovery dicht auf den Fersen. Wenig überraschend ist das Spheren-Archiv komplett gegen seine Zerstörung und übernimmt kurzerhand alleine das Schiff. Zum Glück wird das “das hätten wir kommen sehen können” innerhalb der Episode erwähnt, denn ja, hättet ihr wirklich.

So schnell wie man sich off-screen dazu entschlossen hat, die Discovery zerstören zu müssen, will sich nun Burnham opfern. Die Ergebnisse der Analyse der roten Signale und das Unwissen von Burnhams Mutter führen zu einem logischen Schluss: Michael muss selbst in einem Roten-Engel-Anzug durch die Zeit springen.

Mit vereinten Kräften kann man so ein Ding anscheinend auch in rasender Geschwindigkeit bauen. Blöd nur, dass der Zeitkristall unfassbar viel Energie braucht. Wie gut, dass es die Short Treks gibt. Die überkluge Königin Me Hani Ika Hali Ka Po (Yadira Guevara-Prip) kann zusammen mit ihrer skurrilen Bekanntschaft Tilly - und Reeno -  gemeinsam ein wenig über Wissenschaft geeken und dabei der Crew helfen.

Dann doch blöd, denn der Energieaustoß wird unkontrolliert sein und den Zeitkristall zerstören. Es wird ein One-Way-Trip in die unbekannte Zukunft. Irgendwie wird bei den ganzen Abschiedsszenen vergessen, dass man ja nunmal davon ausgeht, dass Burnham der Rote Engel ist, der die Signale verursacht. Ganz so One-Way scheint es ja dann doch nicht zu sein, oder?

Auch tickt die Zeit, und bei all dem, was die in einer Stunde zu erledigen haben, gehören lange Abschiedsszenen eigentlich nun nicht unbedingt dazu. Und über den Glaskugel-Zeitkristall muss ich immer noch schmunzeln. So ganz komme ich auch geografisch nicht hinterher: Wie genau schaffen es Sarek und Amanda, so schnell zur Discovery zu kommen?

Das übliche Mantra: Man darf einfach nicht zu sehr nachdenken. Denn auf der Gefühlsebene hat man alles richtig gemacht. Ein guter Schachzug, eher Saru das Wort zu geben statt Burnham. Sie muss nicht alleine auf die Mission. Neben Saru schließen sich auch Tilly, Stamets, Spock, Detmer, Owosekun, Reno, Nhan, Nilsson, Rhys, Bryce und Osnullus an - und sie dulden keinen Widerspruch. Auch wenn es ob der Bedrohung im Nacken zeitlich unpassend scheint, die kurzen Einzelszenen mit vermeintlich letzten Worten aller Beteiligter an ihre Lieben lässt es wie echte Abschiede wirken. “Committing to a life amongst the stars is in itself a resolution to leave some things behind” - sorry, geht gleich wieder, muss nur kurz die Augen wischen.

Oh Captain, my Captain

Die Leistung sämtlicher Darsteller war in dieser Episode fantastisch. Sehr schön, dass Captain Pike an seinen ersten Auftritt anschließt und der “ich bin nicht Lorca”-Motivationsrede in allem Stress noch die richtigen Worte des Abschieds findet. Während er zu Beginn der zweiten Staffel sich noch jedes Mitglied der Brückencrew vorstellen lässt, spricht er nun von sich aus jeden einzeln (nagut, außer Osnullus) mit Namen an und hat persönliche Worte parat. Sie danken es ihm mit einem gebührenden Salut, ein echter Gänsehautmoment.  Die Reise, die sie gemeinsam hinter sich haben, ist in dem Moment nahezu greifbar.

Anson Mount brilliert als Captain Pike. Die Mischung der verschmitzt-verwegenen Art und des pflichtbewussten Vorzeige-Starfleet-Captains hat mich gänzlich überzeugt. Und auch Ethan Peck hat das schwere Erbe der Spock-Darstellung gut gemeistert. War ich zunächst skeptisch, was die enge Anknüpfung an die Klassik-Serie angeht, so widerrufe ich fast alles und wünsche mir nun lautstark die bereits erwähnte weitere Prequel-Serie über die frühen Abenteuer der Enterprise in der Ära vor Kirk. Ich bin mit diesem Pike noch nicht fertig. Auch wenn ich tief im Herzen immer mit Jean-Luc fliegen werde.

Und sonst?

Bei aller Dramatik kam auch der Humor nicht zu kurz und konnte vor allem auch an den selbstreferentiellen Stellen punkten. Denn ja, ‘was auch immer Georgiou da macht’. Ihr Charakter ist an sich dort gänzlich überflüssig und durch die extrem überzeichnete Art auch mitunter nervig, aber irgendwie ist sie halt doch dabei, und auf quere Art ist das auch gut so. Schon alleine für die “Das ist eine schlechte Idee”-Szene.

Mittlerweile zeichnet sich auch mehr das mögliche Bild der anstehenden Sektion-31-Serie ab. Ash Tyler (Shazad Latif) schließt sich der One-Way-Mission nicht an, weil er mit seinem Wissen innerhalb der Sektion 31 Schadensbegrenzung betreiben will. Und Georgiou amüsiert sich weiter mit Rumsticheleien.

Zumindest beim momentanen Stand scheinen sich Stamets und Culber tatsächlich getrennt zu haben. Culber geht als Arzt auf die Enterprise, und Stamets bleibt auf der Discovery. Allerdings glaube ich da noch nicht so recht an das wirklich finale Ende. Immerhin muss ja auch Spock irgendwie noch in der aktuellen Zeit bleiben beziehungsweise zurückkommen.

Fazit

Hach, was fürs Raumschiff-Sternenflotten-Herz. Das Drehbuch-Regie-Gespann der Folge übernimmt auch die kommende. Das lässt für das große Finale nächste Woche hoffen. Wenn man zurück an das Ende von Staffel 1 denkt, liegt die Latte allerdings auch nicht besonders hoch.

Ob man für die dritte Staffel mit der One-Way-Crew weit in der Zukunft weitermacht? Mit neuer Mission oder beim Versuch, nach Hause zu kommen? Wird diese Discovery das Calypso-Schiff mit weiterentwickelten Spheren-AI? Findet Burnham ihre Mutter? Springen sie aus irgendeinem Grund gar nicht in die Zukunft? Anders als die wenig überraschende Tyler/Voq-Geschichte bleibt die Auflösung diesmal tatsächlich noch spannend.

Trailer STAR TREK DISCOVERY - S02E13 "Such Sweet Sorrow"

Star Trek: Discovery

Originaltitel: Star Trek: Discovery
Erstaustrahlung 24. September 2017 bei CBS All Access / 25. September 2017 bei Netflix
Darsteller: Sonequa Martin-Green (Michael Burnham), Jason Isaacs (Captain Gabriel Lorca), Michelle Yeoh (Captain Georgiou), Doug Jones (Lt. Saru), Anthony Rapp (Lt. Stamets), Shazad Latif (Lt. Tyler), Maulik Pancholy (Dr. Nambue), Chris Obi (T’Kuvma), Shazad Latif (Kol), Mary Chieffo (L’Rell), Rekha Sharma (Commander Landry), Rainn Wilson (Harry Mudd), James Frain (Sarek)
Produzenten: Gretchen Berg & Aaron Harberts, Alex Kurtzman, Eugene Roddenberry, Trevor Roth, Kirsten Beyer
Entwickelt von: Bryan Fuller & Alex Kurtzman
Staffeln: 4+
Anzahl der Episoden: 42+


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