Kick-Ass 2

Originaltitel: 
Kick-Ass 2
Land: 
USA
Laufzeit: 
103 min
Regie: 
Jeff Wadlow
Drehbuch: 
Jeff Wadlow
Darsteller: 
Aaron Taylor-Johnson (Dave Lizewski/Kick-Ass), Christopher Mintz-Plasse (Chris D’Amico/The Mother Fucker), Chloë Moretz (Mindy Macready/Hit-Girl), Jim Carrey (Sal Bertolinni/Colonel Stars and Stripes), Morris Chestnut (Detective Marcus Williams)
Kinostart: 
15.08.13

Kritik

von Cornelia Stegemann. Viele Dinge konnten lange Zeit nur auf dem Papier und in den Köpfen von Lesern existieren und funktionieren. Es ist der harten Arbeit von Filmemachern und Spezialeffektspezialisten zu verdanken, dass auf der Leinwand mehr und mehr unmögliche Dinge möglich werden. Fans wie ich freuen sich in diesem Zusammenhang über die immer weiter steigende Anzahl von Comicverfilmungen. Unter den Bildergeschichten, die jede Woche ihren Weg in die Comicläden der Welt und in die Hände der Leser finden, gibt es allerdings einige, die nicht aufgrund von technischen Möglichkeiten, sondern vielmehr ihrer Inhalte wegen schwer als Filme umsetzbar sind.

Zusätzlich werden die Gelder der Produzenten in den allermeisten Fällen nicht aus reinem Idealismus und der Freude an einem bestimmten Thema vergeben. Sie sind an die Bedingung geknüpft, im Nachhinein einen großen Profit zu erwirtschaften. Das ist nur recht und billig, trägt jedoch dazu bei, dass bestimmte Dinge so umgeschrieben werden müssen, dass sie für den Massenmarkt tauglicher werden. Der Massenmarkt hat sich glücklicherweise gewandelt, weshalb wiederum mehr möglich gemacht und von der Filmindustrie umgesetzt wird.

Mit Kick-Ass hat im Jahr 2010 ein sehr spezieller Comic eine Filmumsetzung spendiert bekommen. Autor der Vorlage ist Mark Millar, der  - insbesondere in seinen persönlichen Projekten, die er unter dem Label Millarworld veröffentlicht - vielfach gewagten und stets in gewissem Sinne berechtigten Fragen provokant nachgeht. Im Fall von Kick-Ass waren Comic und Film ein voller Erfolg. Die Geschichte über den im richtigen Leben erfolglosen Jungen, der so sehr ein Superheld sein will, dass er sich kurzerhand ein Kostüm anzieht und auf Verbrecherjagd geht, wusste zu begeistern. Die Fortsetzung in Comicform folgte auf dem Fuße, und nach 3 Jahren Wartezeit startet nun der Film Kick-Ass 2 im Kino.

Kick-Ass 2 knüpft nahtlos an seinen Vorgänger an. Die Geschichte beginnt dort, wo die des ersten Films aufhörte. Dave Lizewski hat sein Superheldenkostüm und seine Einsätze als Kick-Ass an den Nagel gehängt. Mindy MacCready hingegen kämpft, trotz Verbot durch ihren Steifvater Markus, noch immer als Hit-Girl gegen das Verbrechen. Ihr Vater, der sie von klein auf trainierte, starb im ersten Teil als maskierter Big Daddy. Als Dave bemerkt, dass sein Leben als Kick-Ass doch aufregender war, als sein schnödes Schülerdasein, lässt er sich von Mindy trainieren. Da Hit-Girl nicht viel von heldenmäßiger Zusammenarbeit hält und - inspiriert von den Ereignissen im ersten Teil - inzwischen weitere Normalbürger in Kostümen ihr Glück als Helden versuchen, schließt sich Kick-Ass einem geheimen Team namens Justice Forever an.

Während sich die Helden organisieren und wortwörtlich mit Gewalt versuchen Gutes zu tun, findet ein weiterer Charakter eine neue Bestimmung: Chris D'Amico, der einst als Red Mist ein Superheld sein wollte, wechselt sein Kostüm, nennt sich ab sofort der Motherfucker und setzt alles daran der erste Superbösewicht der Welt zu werden. Er will sich an Kick-Ass rächen, der seinen Vater, einen New Yorker Drogenbaron, im Endkampf des ersten Films tötete. Um gegen die wachsende Anzahl Helden bestehen zu können, schart er eine Armee aus Verbrechern und Wahnsinnigen um sich und macht Jagd auf Kick-Ass.

Schon an der Inhaltsangabe wird erkennbar, dass man den ersten Teil gesehen haben sollte, um der Geschichte von Kick-Ass 2 folgen zu können. Der Film ist zwar so konstruiert und mit mündlichen Berichten der Protagonisten bestückt, dass auch Zuschauer ohne Vorkenntnisse einen Kinobesuch wagen können, im Zusammenhang mit dem ersten Teil werden jedoch viele Details klarer. Betrachtet man die Vorlage so ist Kick-Ass 2 ein ganzes Stück näher am Comic als sein Vorgänger. Damit einhergehend wurde der Gewaltgrad hochgeschraubt und es fallen mehr derbe Sprüche. Das Faszinierendste an den Kick-Ass-Comics sind für mich die trotz aller Überspitztheit nachvollziehbaren Charaktere.

In Kombination mit expliziter Gewaltdarstellung und dem einzigartigen, teilweise fast groben Zeichenstil von Zeichner John Romita Jr. beschreibt Mark Millar ein nicht ganz undenkbares Was-wäre-wenn-Szenario und die Zusammenhänge zwischen Gut und Böse. Die Künstler bescheren den Lesern Wechselbäder zwischen lautem Lachen und einem gehörigen Kloß im Magen und schrecken dabei thematisch vor nichts zurück. Der Film Kick-Ass 2 verbindet zwei Comic-Miniserien miteinander: Hit-Girl, die dierekte Fortsetzung von Kick-Ass und die gleichnamige Heftserie Kick-Ass 2. Beide Comicserien, sowie die Vorlage zum ersten Teil, sind bei Panini Comics auf Deutsch erschienen (Link zur Kick-Ass-Übersichtsseite auf der Webseite des Verlages). Von mir ein echter Lesetipp. Momentan arbeiten Autor und Zeichner übrigens an Kick-Ass 3, der letzten Kick-Ass-Heftserie.

Schon die Fülle der Inhalte von zwei Vorlagen bringt es mit sich, dass der Film sich in einigen Teilen davon unterscheiden muss. Sämtliche Kürzungen, die damit zusammenhängen, sind aus meiner Sicht logisch und nachvollziehbar. Allerdings wurden einige Veränderungen an den Charakteren vorgenommen, bei denen ich mir ein Stirnrunzeln leider nicht verkneifen konnte. Regisseur und Drehbuchautor Jeff Wadlow hatte offenbar keine Angst vor zu viel Gewalt in seinem Film und setzte das Meiste eins zu eins um. Das weiß ich als Fan durchaus zu würdigen. An einigen Stellen hatte ich dennoch das Gefühl, dass die Macher Zweifel überkamen, weshalb sie dann doch lieber etwas filmischen Weichspüler beigaben - beispielsweise was die Beziehung zwischen Kick-Ass und Hit-Girl anbelangt. Die Methoden von Mindy, sich in die Gemeinschaft gleichaltriger Mädchen an der Schule einzufügen, hielt man offenbar ebenfalls nicht für Kinotauglich und ersetzte sie lieber mit übertriebenem Fäkalhumor, den ich persönlich als noch unpassender empfand.

Besonders die Figuren von Hit-Girl und dem Motherfucker wollte man, da bin ich mir sicher, weniger hart als in der Vorlage darstellen. An einigen Stellen führt dies aber zu solch eklatanten Veränderungen, dass manches, was eigentlich nicht gar nicht lächerlich ist, trotz allem lächerlich und dümmlich wirkt. Zwischen staubtrockenem Humor, bei dem Lesern, beziehungsweise  Zuschauern, das Lachen fast im Hals stecken bleibt und Lächerlichkeit gibt es große Unterschiede. Warum man das Ende im Vergleich zur Vorlage abwandelte, kann ich übrigens auch nicht nachvollziehen. Immerhin legte sich mein erster Schock etwas, nachdem ich mir den Abspann bis ganz zum Ende angesehen hatte.

Die Besetzung von Kick-Ass 2 wurde zu großen Teilen aus dem ersten Film übernommen. Aaron Taylor-Johnson spielt Dave Lizewski und schafft es dabei besonders in der Maskierung als Kick-Ass, wenn der grüne Neoprenanzug das meiste von ihm verdeckt, Emotionen zu transportieren. Die Rolle von Mindy McCready übernimmt erneut Chloe Grace Moretz, die logischerweise in den letzten drei Jahren sichtbar älter geworden ist. Sie kann in ihrem Part überzeugen. Für die meisten Unterschiede zum Comic im Bezug auf Hit-Girl mache ich das Drehbuch und nicht die Schauspielerin verantwortlich. Die Mindy in der Comicvorlage ist zwar jünger, da die Geschichte nahtlos fortgeschrieben wird, ein Schauspielerwechsel wäre in diesem Fall jedoch ungeschickt gewesen. Der einzige Mime, der etwas an seiner Darbietung hätte ändern können, ist in meinen Augen Christopher Mintz-Plasse.

Sein Motherfucker wirkt zu oft mehr wie ein tollpatschiger Möchtegern, als wie ein verärgerter Jugendlicher, der einen sinistren Racheplan ausheckt. Sehr gut gefallen hat mir Olga Kurkulina als muskelbepackte und scheinbar unbezwingbare Superschurkin Mother Russia. Die Bodybuilderin spielte ihre Rolle mit sichtlicher Freude. Seitdem ich sie auf der Leinwand sah, rotiert in meinem Kopf die Frage, warum um alles in der Welt man in der (meiner Meinung nach unterirdischen) Verfilmung von Thomas Harris Buch Hannibal Masons Schwester Margot, einen der schillerndsten Charaktere des Buchs, vollständig gestrichen hat ... aber zurück zu Kick-Ass 2 ...

Ob sich Jim Carrey die Comicvorlage nicht ansah, oder was ihn sonst zu seinen Äußerungen bezüglich der Gewalt in Kick-Ass 2 und seiner nachträglichen Unzufriedenheit mit seiner Rolle trieb, ist mir schleierhaft. Er passt jedenfalls gut als Colonel Stars and Stripes, ein ehemaliger Mafiakiller, der sich neu orientiert hat und als Held durchschlagende Erfolge feiert. Optisch passen auch die restlichen Schauspieler sehr gut zu ihren Vorbildern auf dem Papier.

Kick-Ass 2 wird den aus der Vorlage übernommenen Teilen zum Großteil gerecht. Manchmal lässt sich gleichwohl auf hohem Niveau gut jammern, vor allem wenn es sich um etwas handelt, das einem lange und fest ans Herz gewachsen ist. Der erste Film näherte sich seiner Vorlage wesentlich vorsichtiger und wies viel mehr Unterschiede auf. Vielleicht ist es der Gedanke "Wenn schon so, dann richtig!" der mich dieses Mal etwas verhaltener reagieren lässt. Zwischen Originaltreue und sinnvollen Veränderungen, zwischen krass und zu krass, zwischen lustig und lächerlich verläuft jeweils ein schmaler Grat. Jeff Wadlow bewandert diesen über die Dauer des gesamten Films zumeist stabil.

Hin und wieder droht er abzurutschen, fängt sich dann aber in der Regel schnell. Der liebevolle Umgang mit Sprechblasen und anderen Comicelementen, sowie diverse Anspielungen und Andeutungen, entschädigen für viele Abweichungen und Auslassungen. Für Comicfans und Liebhaber von schrillen Komödien mit derbem Humor lohnt sich der Besuch im Kino für Kick-Ass 2 allemal. Zartbesaitete Gemüter, die bei flotten Sprüchen unterhalb der Gürtellinie und Arschtritten rot werden, sind im Kinosaal wenigstens durch die Dunkelheit geschützt.

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