Kritik zu Darksiders 3: Apokalyptischer Reiter sucht Pferd

Darksiders 3 Header

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Manche Schätze gehen mit dem Untergang ihres Schiffes für immer verloren - doch Darksiders 3 ersteht aus der Asche eines Giganten der Videospielindustrie wieder auf. Weniger Budget ist zwar kein Grund zum Feiern, aber die Ankündigung der Rückkehr der Marke hat die Fangemeinde erstmal erleichtert. Denn das geistige Eigentum der Darksiders-Reihe schien nach der Zerschlagung des Publishers THQ im Jahr 2012 verloren. Der Kampf zwischen Himmel und Hölle darf jetzt, sechs Jahre nach Erscheinen des Vorgängers, doch weiter ausgetragen werden. Die Rechte wurden aufgekauft von Nordic Games, inzwischen ironischerweise umgetauft in THQ Nordic. Das originale Entwicklerstudio Vigil Games ist zwar aufgelöst, aber viele der Programmierer-Veteranen von damals sind bei Gunfire Games untergekommen. Es ist also alles sehr ähnlich wie vorher - kann also nur ein tolles Sequel geworden sein?

So leicht scheint die Entwicklung aber nicht gelaufen zu sein - wie alles in der Industrie ist es kompliziert. In den vergangenen Jahren gab es bei den Beteiligten viel Unklarheit um die Akquise nach der Liquidierung von THQ. Creative Director Joe Madureira erzählt in einem Interview von vergangenen Plänen: "Es war immer unsere Hoffnung, ein umfangreiches Vier-Spieler-Koop-Spiel zu machen, bei dem alle vier apokalyptischen Reiter spielbar sind". Doch wechselnde Budgets hätten die Realisierung erschwert. Fans wären verständlich enttäuscht darüber, dass sie damit nach Krieg und Tod die letzten zwei Reiter nie kennenlernen konnten. Im Endeffekt hat man sich, scheinbar auch wegen des neuen, kleineren Publishers, für einen Plan entschieden, der nur einen Spieler durch die Apokalypse jagen lässt.

Die wütende Reiterin auf der furiosen Straße

Diesmal geht es also mit Protagonistin Fury in den finalen Kampf gegen die Streitkräfte von Himmel und Hölle. Der Name wird im Gegensatz zu ihren Brüdern Krieg und Tod nicht übersetzt, vielleicht auch, weil die Entwickler mit Strife (Englisch für Streit) die originalen Reiter Pestilenz und Hunger ersetzen. Ein klarer Verstoß gegen den biblischen Kanon, alle Anhänger des Christus-Fandoms, die noch den Massenmord an Engeln geduldet haben, sind jetzt wohl endgültig raus. Fury ist die einzige Frau unter den Reitern, auch wenn sie sich als uralte Nephilim technisch gesehen Geschlechterrollen entzieht. Ihr Charakterdesign ist sehr im martialischen Stil der Reihe gehalten, doch erinnert etwas zu sehr in Klischees: rote Haare, High-Heels und eine Peitsche. Fury ist eine Furie, damit das auch die Letzten verstanden haben. Zugegeben: Ihre Haare verbergen noch einen Trick.

Darksiders 3 Fury

Eine kurze Auffrischung, für Neueinsteiger und vergessliche Fans: Im ersten Teil hat eine Verschwörung um einen übergelaufenen Erzengel die sieben Siegel gebrochen und somit vorzeitig die Apokalypse ausgelöst. Dämonen und Engel sind für den letzten Krieg auf die Erde herabgestiegen und haben die unvorbereitete Menschheit in den Konflikt mit hineingerissen. Der erste Reiter Krieg wird für das Chaos verantwortlich gemacht und von dem Feurigen Rat, einer neutralen Instanz, zu einer Lösung des Konflikts verdammt. Die Menschheit ist in der Zwischenzeit in den Ruinen der eigenen Zivilisation ausgestorben. Der zweite Teil spielt parallel zum ersten Teil und handelt von dem Reiter Tod, der den Ruf seines Bruders wieder reinwaschen will und dafür einen Weg sucht die Menschheit zu retten oder wiederzubeleben. Beide Spiele endeten mit einem Cliffhanger, der andeutet, die vier Reiter wiederzuvereinen.

Auch Teil Drei geht in eine ähnliche Richtung: Fury darf ungefähr zur gleichen Zeit dem Ruf der Apokalypse folgen. Das ist an sich schon eine enttäuschende Entscheidung, weil die lang ersehnte Auflösung damit weiter verschoben wird - in eine unklare Zukunft. Bis zu einem potentiellen vierten Teil werden mehr als zehn Jahre nach der Veröffentlichung des ersten Cliffhangers 2010 vergangen sein. Stattdessen wird die Protagonistin vom feurigen Rat gerufen, im Gegensatz zu ihren Brüdern schert sie sich nicht um die Apokalypse. Fury ist anfangs immer wütend und hungrig nach dem nächsten Kampf. Da kommt es ihr gerade gelegen, dass die personifizierten sieben Todsünden auf die Erde entkommen sind und niedergestreckt werden müssen. In den Ruinen einer modernen Großstadt angekommen, entdeckt Fury einen Zufluchtsort von einer Handvoll Menschen und damit schließlich auch die Menschlichkeit in ihr. Ja, diese Charakterentwicklung ist wirklich im Spiel.

Menschen gut, Dämonen böse, Fury wütend

Zum Glück bleibt Fury als uraltes Wesen trotzdem arrogant, vorlaut und somit auch liebenswert. Ihr Modus Operandi ist Töten, bei Rätseln und Laufwegen wird sie ungeduldig. So durchbricht die Reiterin schonmal die vierte Wand: Es müssen drei Gegenstände gesucht werden, um die Tür zu öffnen, aber warum sind es immer wieder drei? Zu Furys Glück und dem Pech der Spieler wurden eigene Dungeons in Darksiders 3 aber abgeschafft. Damit konnte sich die Reihe bisher immer sehr gelungen an den Zelda-Spielen orientieren, nun haben sich die Entwickler aber eine andere Inspiration gesucht. Darksiders 3 muss wie Dark Souls sein, koste es, was es wolle. Alles muss wie in einem Souls-Spiel funktionieren: Kampfsystem, Waffen, Attribute, Gegenstände, Händler, Speicherpunkte, Bosse und Leveldesign. Ein hochgestecktes Ziel mit einem niedrigen Budget.

Man muss kein Hellseher sein, um vorherzusehen, dass dieses Vorhaben in jeder Hinsicht scheitert, manchmal knapp, häufig sehr enttäuschend. Es wird versucht, die actionorientierten, schnellen Kämpfe aus den Vorgängern mit den feinfühligen Mechaniken eines Dark Souls zu kombinieren - zwei verschiedene Welten treffen aufeinander. Die Balance haben die Entwickler damit völlig aus dem Fenster geworfen: Anfangs sind selbst kleinste Gegner ein Dorn in der Seite des Spielers, später wirken selbst große Bosse wie Kleinvieh. In der Spieleszene nennt man einen ähnlichen Vorgang Power Creep, ein Fehler, der bei der neuen Inspiration keinesfalls unterlaufen darf. Wem die Vergleiche mit der Souls-Reihe nicht berechtigt vorkommen, der werfe einen Blick auf die Bossgegner. Der Asylum Demon und das legendäre Boss-Duo Ornstein und Smough werden ein wenig optisch und beinahe komplett spielerisch kopiert.

Darksiders 3 Ruins

An sich sind Kopien nichts Schlimmes: In Videospielen und Film sind die meisten Tricks schonmal gemacht worden, Medien können sich dadurch sogar weiterentwickeln. Aber wer alles auf eine Karte setzt und dabei in den meisten Kategorien scheitert, sollte sich vielleicht lieber an alten Werten orientieren. Dadurch, dass die Kämpfe sich nun nicht mehr gut anfühlen und steuern, verliert Darksiders 3 viel an seiner Faszination. Wer immer aufpassen muss, weil die meisten Angriffe tödlich enden können, der wird passiv, hält sich zurück und geht auch nicht das Risiko ein die Welt weiter zu erforschen. Denn ohne Dungeons besteht das Spiel aus einer riesigen, verbundenen Welt, die Fury ohne ihr Pferd bereisen muss. Das würde nicht zum neuen System passen und wird daher schnell und sehr unelegant aus der Handlung herausgeschrieben.

Die Protagonistin lässt verlauten "Ein Reiter wird nicht durch sein Ross definiert" - was genauso dämlich klingt, wie es schlicht falsch ist. Was bleibt, sind leider nur sehr unansehnliche Gegenden, die gefühlt immer in die Herbstfarben Grau und Braun gehüllt sind. Zugewachsene Hochhausschluchten und Kanalisationen sind bekannt und nach der dritten Stunde hat der Spieler genug von Fassaden und Moos. Das gibt es schließlich in einer höheren Auflösung im hauseigenen Keller. Etwas Farbe bringt die angesprochene Frisur von Fury später ins Spiel. Mit vier verschiedenen Fähigkeiten ändert sich die Farbe je nach ausgewähltem Element. Diese Elemente verleihen der laufenden Reiterin neue Fortbewegungsmöglichkeiten wie Sprünge durch einen Sturm, dem Laufen auf dem Meeresgrund und Erklettern von eisigen Oberflächen. In Darksiders 3 ist also nicht alles schlecht, solange es eben nicht aus Dark Souls stammt.

Fazit

Das Entwicklerteam von Gunfire Games hat eine weitere Chance gekriegt und sich dabei gründlich verrechnet. Darksiders 3 hätte nur die treue Nachfolge der Reihe antreten müssen und wäre weitgehend gut angekommen. Aber der nun veröffentlichte Dark-Souls-Klon ist für Fans einfach ärgerlich und für Neueinsteiger zu frustrierend. Ein kleines Budget und große Ambitionen, die in unbefahrenen Wassern liegen, passen einfach nicht zusammen. Wer sich aber durchbeißt und im dritten Akt Gegnerwellen übermächtig auseinandernimmt, kann einen kurzen Blick auf ein besseres Spiel erhaschen. Ein Spiel, das sonst nur schwach durch einen grau-braunen Schleier scheinen kann.

Darksiders 3 ist erhältlich für Playstation, Xbox und PC.

zusätzlicher Bildnachweis: 
© THQ Nordic

Darksiders III - Release Trailer

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