Through the Valley of Shadows - Kritik zu Star Trek: Discovery 2.12

SPOILER

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Star Trek: Discovery 2.12

Wie schon bei “Donnergrollen” aus dieser Staffel ist auch für “Tal der Schatten” wieder das Regie-Autoren-Team aus Douglas Aarniokoski, Bo Yeon Kim und Erika Lippoldt verantwortlich. Star Trek: Discovery 2.12 hat von einer Art Khazad-dûm über Riesenbabys bis zu nerdigen Tischgesprächen einiges zu bieten.

Das Spielfeld

Bringen wir für die Übersicht erst einmal die Figuren auf ihre neuen Positionen. Diesmal wird angenehm wenig in der Zeit gesprungen. Georgiou wurde Ende letzter Episode mit auf die Discovery gebeamt und ist schon wieder unterwegs. Sie ist auf eigene Faust auf der Suche nach Leland. Tyler hingegen ist an Bord geblieben, und von seinen dramatischen Verletzungen ist gar nichts mehr zu sehen.

Die oberste Aufgabe der Discovery-Crew ist es nun, das Spheren-Archiv unter allen Umständen zu beschützen und hat sich deshalb möglichst bedeckt und weit weg von Leland zu halten. Die logischste aller Taten ist es natürlich, sofort das erneut aufgetauchte rote Signal anzusteuern. Da wird sie bestimmt niemand vermuten. Ganz besonders weil es diesmal in klingonisches Gebiet führt.

Auf nach Boreth, dem Planeten, wo der Voq-L’Rell-Spross aufwächst. Dies bringt L’Rell wieder ins Spiel, was uns auch einen kurzen Blick auf einen klingonisches D7-Schiff bietet. Da weder L’Rell noch Voq die besten Kandidaten für die anstehende Außenmission sind, nimmt dies Captain Pike höchst selbst in Angriff. In einer schicken Winterjacke, die ein super Merchandise-Produkt wäre.

Saru ist der neue coole Captain und erlaubt Burnham, auf einen gefährlichen Solotrip zu gehen. Also fast, letztlich schickt er ihr dann doch noch Spock als Aufpasser mit. Schließlich wird diesmal kein roter Engel kommen, um sie zu retten.

They look like us now

Die beiden machen sich per Shuttle auf zu den letzten Koordinaten eines Schiffes der Sektion 31, das sich nicht wie vereinbart rechtzeitig gemeldet hat. Ähnlich wie der lasche Umgang der Discovery mit der Ansage, sich unauffällig zu verhalten, ist natürlich auch dieser Alleingang eigentlich ziemlich riskant und nicht unbedingt verantwortungsvoll. Immerhin wissen sie ja nun, dass Control auch Sektion 31 mit unterwandert hat. Aber nun gut - es bringt dafür jede Menge schöner Geschwistermomente zwischen Burnham und Spock, inklusive entnervten Seufzen.

Am Ziel angekommen erwartet sie ein grausiger Anblick: Überall treiben Leichen im All herum. Keine Lebenszeichen, bis auf eines. Und ja, ich habe nicht gleich vermutet, dass es sich bei Kamran Grant, der mit Burnham auf der Shenzhou diente, um einen weiteren Cylonen handelt. Genau genommen ging mir das Licht erst zeitgleich mit Burnham auf. Für mich also eine wirklich gelungene Heranführung.

Control hat mal wieder die Kontrolle über ein Schiff übernommen. Mannschaft stört eher, also alle Luken auf und einmal durchpusten. Aber was will Control überhaupt? Eine mögliche Motivation: Kriegsvermeidung, was im Prinzip eine der ursprünglichen Aufgaben in der Entwicklung des Systems war. Und logisch, wie so ein AI nunmal denkt, ist die effektivste Lösung zur Vermeidung von Kriegen, wenn man alles bewusste Leben auslöscht und die Kontrolle übernimmt. Hart, aber effektiv.

Wobei das immer noch nicht erklärt, warum ausgerechnet Burnham gebraucht wird. Mit Leland hat Control gelernt, auch andere Menschen zu imitieren. Dann würde es doch reichen, irgendein Crew-Mitglied der Discovery zu übernehmen, um an das Spheren-Archiv zu kommen. Und hätte Control nicht mehr Erfolg bei der Übernahme von Lebewesen, wenn es seine Nanobots schwarmmäßig schön verteilt rumfliegen lässt anstatt so zusammengeklumpt ein gutes Ziel abzugeben? Gibt allerdings den schöneren Horror-Effekt. Zum Glück hat Spock rechtzeitig den Supermagneten gefunden, was nun ja eine ganz neue Waffe gegen Control ins Spiel bringt.

Um schließlich an die obige Frage wieder anzuknüpfen: Es steht nach wie vor der Befehl, das Spheren-Archiv sicher und isoliert zu halten. Nun hatten Burnham und Spock gerade Begegnung mit Control. Es war an Bord ihres Shuttles. Sie waren an Bord eines von Control kontrollierten Schiffes. Sie waren Nanobots ausgesetzt. Und dennoch anscheinend sehr davon überzeugt, dass alles sicher ist. Wäre es nicht sinnvoller, sich eher in eine Art Quarantäne als ausgerechnet wieder zurück zur Discovery zu begeben?

Du bist aber groß geworden

Während Spock und Burnham mit dem Computer spielen, geht Pike ins Kloster. Ein Ort, an dem auch Worf eines Tages mal gerne rumhängen wird. Das Klosterdesign des europäischen Mittelalters hat sich ja ziemlich durchgesetzt. Selbst in fremden Welten in der fernen Zukunft sehen Klöster aus wie Klöster, und Mönche tragen weite Gewandungen mit großen Kapuzen. Nagut, bei den Klingonen kombiniert mit reichlich Khazad-dûm-Flair.

Der Fantasyaspekt endet hier leider noch nicht. Zeitkristalle sind richtige leuchtende Kristalle mit Zaubereigenschaften, an die nur die mutigsten Auserwählten gelangen können. Die Mönche sind so Wächter der Zeit und des Friedens, die die Klingonen vor sich selbst beschützen. Denn das Spiel mit der Zeit ist ein gefährliches. Allerdings sind sie auch erstaunlich schnell davon zu überzeugen, ihnen doch eine Chance zu geben. Wirklich lange bitten muss Captain Pike ja nun nicht gerade.

Obermönch Tenavik persönlich geleitet Pike in die Minen. Dass Vulkanier die Space-Elben sind, steht ja ohnehin schon fest. Nun sind Klingonen als Gegenpart die Space-Zwerge. Tenavik ist übrigens niemand geringeres als das bis dahin noch namenlose Baby von Voq und L’Rell. Also … nicht mehr so ganz das Baby. Innerhalb weniger Monate um viele Jahrzehnte gealtert. Zeitkristalle tun Dinge mit einem. Gut für Kenneth Mitchell - der Schauspieler steckte in der ersten Staffel unter der Maske von Kol, dann Kol-Sha und nun schließlich Tenavik.

Ding ist - auch wenn einem hier der Fantasy-Aspekt nahezu anschreit, fügt sich alles gut in die Episode und die Geschichte von Discovery ein. Optisch nichts Neues, aber ansprechend, dazu überzeugende Schauspieler und ein gutes Erzähltempo. Man macht also an sich viel richtig.

Höhepunkt hier liegt ganz klar in den Emotionen. Wieder einmal gelingt der Anschluss an die bereits bekannte Kanon-Geschichte der Klassikserie. Durch die Zeitkristalle erfährt Captain Pike von seinem dramatischen Schicksal. Und statt es nur erzählt zu bekommen, sieht man, wie er in einer heldenhaften Rettungsaktion selbst verstrahlt wird und entstellt im Rollstuhl landet. Ansons Mount brilliert weiter als Captain Pike. Alles wirkt glaubhaft. Der erste Schock, der später noch sichtlich nachwirkt, ebenso wie die grandiose Szene, in der er sich selbst an die edlen Auftrag eines Starfleet-Captains erinnert und so Mut zuspricht. Für das Wohl des Ganzen ist er bereit, sein Schicksal in Kauf zu nehmen.

Lol, Menschen

Obwohl alles hochdramatisch ist, bleibt an Bord der Discovery Zeit für Zwischenmenschliches. Gut so! Jett Reno war nicht einfach verschollen, sondern hat sich anscheinend kräftig mit der Crew (wo war Tilly eigentlich, muss ich mir Sorgen machen?) angefreundet. Diese kleine Alltäglichkeiten wie die Neckereien untereinander beim Essen in der Messe zu sehen, machen eine solche Serie erst lebendig. Auch die spätere Szene zwischen Reno und Culber nimmt nicht viel Zeit in Anspruch, bringt aber dennoch mehr Farbe ins Spiel. Bitte mehr davon.

Und was ist aus “Die Zukunft ist noch nicht geschrieben” geworden? Mit der Mitnahme des Zeitkristalls soll Pike laut Klingonenmönch sein Schicksal fest besiegelt haben. Kann er jetzt also auf Weltraumspaziergänge ohne Anzug gehen, weil er ja sicher erst später irgendwann mal sterben wird? Wie funktioniert Schicksal?

Auf ein Wiedersehen mit der Enterprise müssen wir wohl auch nicht lange warten. Zur Rettung der Crew steht ein Rendezvous an, um dann die Discovery zu zerstören. Eine andere Lösung, um Control von der völligen Übernahme abzuhalten, scheint es nicht zu geben. Oder wird das Schiff vielleicht doch versteckt und wartet für hunderte von Jahren auf die Rückkehr der Crew? Ja, ich spiele auf Calypso an. Elegant-subtil ist aus.

Fazit

Wenn man mit Fantasy-Aspekten und klumpenden Nanobot-Schwärmen klar kommt, ist “Tal der Schatten” eine spannende Folge mit sehr angenehm-kurzer, flüssiger Erzählweise. Es passiert jede Menge an unterschiedlichen Handlungsorten, ohne dass gehetzt oder unübersichtlich wird. Meine Angst vor den Klingonen war unbegründet, der Ausflug gefällt mir diesmal sogar.

Sämtliche Darsteller liefern überzeugende Leistungen ab, allen voran Anson Mount, der eine ganze Palette von Gefühlen bei Captain Pike zeigt. Jetzt will ich erst recht die Prequel-Serie über die frühen Jahre der Enterprise mit Pike und Spock.

Star Trek: Discovery

Originaltitel: Star Trek: Discovery
Erstaustrahlung 24. September 2017 bei CBS All Access / 25. September 2017 bei Netflix
Darsteller: Sonequa Martin-Green (Michael Burnham), Jason Isaacs (Captain Gabriel Lorca), Michelle Yeoh (Captain Georgiou), Doug Jones (Lt. Saru), Anthony Rapp (Lt. Stamets), Shazad Latif (Lt. Tyler), Maulik Pancholy (Dr. Nambue), Chris Obi (T’Kuvma), Shazad Latif (Kol), Mary Chieffo (L’Rell), Rekha Sharma (Commander Landry), Rainn Wilson (Harry Mudd), James Frain (Sarek)
Produzenten: Gretchen Berg & Aaron Harberts, Alex Kurtzman, Eugene Roddenberry, Trevor Roth, Kirsten Beyer
Entwickelt von: Bryan Fuller & Alex Kurtzman
Staffeln: 4+
Anzahl der Episoden: 42+


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