Kolumne: Daddeln? Aber du bist doch schon bald 30!

Immer wieder ernte ich Blicke voller Unverständnis, wenn ich beispielsweise meinen lieben Arbeitskollegen erzähle, dass ich mich am Wochenende gern mit Freunden treffe um die halbe Nacht vor dem Fernseher zu sitzen und Nintendo zu spielen. Aber warum? Bin ich etwa ein zurückgebliebener Daddelkopp, der nicht erwachsen werden will? Heißt Peter Pan heute Peter LAN und lebt nicht mehr im Nimmerland sondern im Internet?

Peter LAN

Durchaus möglich, aber ich finde es ziemlich unwahrscheinlich. Denn: Videospiele sind in der Form wie es sie heute gibt nunmal erst seit dieser Generation vorhanden. Früher konnte man nicht einfach zuhause auf dem Sofa rumlümmeln und den ganzen Tag Pokémon auf dem Handheld daddeln oder mit ein paar Kumpels auf dem Fußboden im Wohnzimmer hocken und GoldenEye zocken. Man musste ja quasi “rausgehen und sich mit echten Menschen treffen” um Spaß zu haben. Die Elterngeneration von heute (bzw. gestern) kennt diese Art von Zeitvertreib einfach nicht aus ihrer eigenen Kindheit und hält sie daher in der Regel wohl für groben Unfug. Genau wie Techno-Musik, Anime und Alkopops.

Für mich jedoch sind Videospiele zuerst einmal ganz einfach ein Hobby, was ich betreibe weil es mir Spaß macht. Ganz ähnlich wie Filme gucken oder Bücher lesen. In meiner Kindheit gab es nun mal Videospiele und daher bin ich mit dem NES groß geworden so wie Generationen vor mir mit ihren Walkmen und Büchern. Und ich wüsste nicht, dass jemand aufhört Musik zu hören oder Bücher zu lesen nur weil er das als Kind auch schon tat. Selbstverständlich ändern sich die Interessen über die Jahre irgendwie aber eine gute Spielmechanik bleibt auch nach 10 oder 20 Jahren immer noch eine gute Spielmechanik. Und ob die Protagonisten nun aussehen wie Phantasiemonster oder wie Elitesoldaten ist mir da ziemlich egal.

Vergleichbar ist das ja auch mit dem Thema “Zeichentrick” und “Comicheften”, denn Cartoons oder gar Anime sind ja auch generell nur für Kinder! Aber das ist eine andere Geschichte.

Was für mich den grundsätzlichen Spaß an Games ausmacht wird in der ersten Hälfte des folgenden Videos sehr schön veranschaulicht:

Nahtzee - The n00b effect

Hierbei gefällt mir besonders der Vergleich mit Donkey Kong, Football und Poker sehr gut. Hier wird aufgezeigt, dass das Spielen von Videospielen aus irgendeinem Grund einfach total klischeebehaftet ist und die ganze Welt pauschal davon ausgeht, dass jede andere Form von Spielen sinnvoller sei als Videospiele. Weil man drückt ja nur ein paar Knöpfe. Das kann ja gar nicht anspruchsvoll sein. Und falls es das doch ist, dann steigert man sich doch bloß in was rein, was es überhaupt nicht wert ist. Denn was hat man schon davon in einem Videospiel gut zu sein?!

Ein anderer Punkt ist die Frage ob Videospiele nicht vielleicht sogar eine Form von Kunst sind.

Darüber lässt sich wunderbar streiten, denn je nachdem wen man dazu befragt bekommt man andere Antworten. Wichtig ist hier auf jeden Fall zu differenzieren. Natürlich gibt es Spiele die keinerlei künstlerischen Ansatz haben, brauchen sie aber auch nicht. Niemand verlangt bei einem Wrestle Jump, Super Mario Kart oder Tetris eine ausgefeilte Story und/oder grafische Finessen, denn das sind eben Spiele die schlicht und einfach durch Gameplay überzeugen und daher Spaß machen.

Aber es gibt halt auch Spiele, die durchaus etwas vermitteln wollen anstatt nur kurzweilig zu unterhalten. Das klassischste Beispiel sind hier wohl (japanische) Rollenspiele: Interessante Geschichten mit tollen Charakteren, die sich ueber zig Stunden strecken, Soundtracks für die man ins Orchester gehen kann und phantastische Welten, die sogar ein Herr der Ringe blass aussehen lassen. Alles Komponenten, die in der “Offline-Welt” bereits als Kunst anerkannt werden. Und nun kombiniert man diese Sachen, fügt noch die Möglichkeit hinzu, das Geschehen selbst zu steuern und ZACK hat man ein Spiel. Nur noch ein Spiel. Und Spiele sind ja für Kinder, Kunst ist das bestimmt nicht!

Auf Dorkly wurde vor einiger Zeit ein Artikel namens 8 Things Gamers Want gepostet und dort kommt das Thema Kunst auch zur Sprache:

Are videogames art? No, videogames are more than art – they are the culmination of art. Videogames combine incredible music that has been played by the world’s greatest symphonies, visuals that are comparable to the work of Monet, narratives as complex and rewarding as film, and immersive, emotional experiences that no other piece of art could possibly offer. For far too long, videogames have been misconstrued as simple “toys” by much of the mainstream media. Nothing but pointless distractions for immature children. But look at games like Journey, Limbo, Fez, and Braid – all incredible experiences, all driven by the imaginations of brilliant creators, all able to take the player on an emotional journey. If “art” is the act of creating something that had previously only existed in one’s imagination, then there is no reason why the world should not recognize videogames as art.

Besonders im Bereich der Indie-Spiele, fernab von Kaufhausregalen und großen Preisschildern gibt es viele viele Entwickler, die darauf setzen dem Spieler ein tolles Erlebnis zu bereiten. Ob das nun durch innovatives Gameplay, einzigartige Grafikstile, einen außergewöhnlichen Soundtrack oder einfach nur eine wundervolle Story ist, unterscheidet sich natürlich von Spiel zu Spiel. In der Regel findet sich aber immer mindestens einer dieser Aspekte in (tollen) Indiegames wieder. Es geht eben auch anders als ständig nur möglichst realistisch aussehende Terrorist abzuknallen.

Tja, und dann gibt es da noch Spiele wie Professor Layton.

Hier spielt man eigentlich gar nicht, hier denkt man nur nach und löst Rätsel. Die Dinger machen ohne Frage auch eine Menge Spaß aber ich würde die Layton-Reihe pauschal nicht als Spiele definieren, denn in meinen Augen sind sie schon fast gleichzustellen mit Titeln wie Dr. Kawashimas Gehirnjogging. Klar, die Rätsel und Puzzles sind irgendwie gamified worden und sind durch eine Rahmenstory miteinander verknüpft, aber irgendwas… passt da einfach nicht.

Ich würde diese “Spiele” eher in die Kategorie “Alltagsspielereien” stecken. Was sich dahinter verbirgt wird in folgendem Video schön dargestellt, denn eigentlich kann man so ziemlich alles was man tut irgendwie als Game verpacken:

Games We Play

Und wenn solche Spielereien von der Gesellschaft akzeptiert werden, dann sind wir doch alle irgendwie Gamer.
Wie sieht es bei euch so aus? Zockt ihr auch im “Alter” noch oder habt ihr für diesen kindischen Kram keine Zeit mehr und seid jetzt mit erwachsen sein beschäftigt?

Patrick schreibt seine Meinung außerhalb von Robots & Dragons als Herr moep0r getarnt in seinem Blog auf omgwtfbbq1337.de

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