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Regisseur Ari Aster versuchte bereits 2018 mit Hereditary - Das Vermächtnis des Grauens, einen schrecklichen Familienverlust mit einer düster-unangenehmen Atmosphäre und brutalen Alptraumbilder als Horror-Metapher greifbar zu machen. Ein Film, der durchaus kritischen und kommerziellen Erfolg in der Filmwelt verbuchen konnte und gespannt auf das nächste Projekt des Regisseurs warten ließ. Ein Regisseur, der unter anderem Ingmar Bergman, Roman Polanski, Michael Haneke und Mike Leigh zu seinen wichtigsten Einflüssen zählt. Ein künstlerischer Anspruch, den er unbedingt auch in seinen neuen Film Midsommar einfließen lassen möchte und dabei nur bedingt erfolgreich ist.
Vom Forschungs- und Beziehungs- zum Horrortrip
Christian (Jack Reynor) ist schon mit einem Fuß aus der Beziehung mit Dani (Florence Pugh) ausgetreten, als ihr eine furchtbare Familientragödie zustößt. Auch wenn ihn sein Freund Mark (Will Poulter) anderweitig überzeugen möchte, kümmert er sich weiter unwillig um die seelisch verletzte Studentin. Ein Umstand, der sich auch wie ein Schatten auf die bevorstehende Studienreise nach Schweden legt, die Jack zusammen mit Mark, Josh (William Jackson Harper) und dem schwedischen Austauschstudent Pelle (Vilhelm Blomgren) schon seit einer Weile geplant hat. Pelle lädt Dani nämlich ein, mitzukommen, was die anderen Teilnehmenden nur widerwillig akzeptieren. In der schwedischen Kommune und ihren Midsommar-Feierlichkeiten angekommen, eröffnen sich zwar faszinierende Studienobjekte für die Doktorarbeit, allerdings auch neue Probleme.
Von der Kunst, kunstvoll wenig zu sagen
Mit einem offensichtlichen Auge für kunstvolle Bilder und einer selbstbewussten sowie eigenwilligen Kameraführung, die den Blick des Zuschauers in ungewöhnliche Richtungen lenkt, gestaltet Regisseur Ari Aster eine gelegentlich märchenhafte Welt, die sich immer wieder ins Schreckliche verkehrt. Dieser Schreck entwickelt sich jedoch langsam, bedacht und ist schon wie im Vorgängerfilm weniger auf laute Schockeffekte ausgerichtet. Während Hereditary jedoch konstant eine unangenehme und angespannte Atmosphäre aufbaute, wiegt Midsommar die Zuschauer in einer falschen Sicherheit.
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Letztendlich möchte der Film jedoch alles möglich sein. Von Kunstfilm über Horrorvision bis hin sogar zur Komödie, die sich mit einer auseinander brechenden toxischen Beziehung und kulturellen Differenzen beschäftigt, lässt sich Vieles in den Film hinein interpretieren beziehungsweise ziemlich leicht herauslesen. Das Problem ist, alles davon trifft irgendwie zu, nichts davon meistert der Film wirklich erfolgreich.
Film-Potpourri, das sich nicht traut, in die Tiefe zu gehen
Ja, das Gebaren von Jack und seinen Kumpanen kann gelegentlich unterhaltsam stupide sein. Und wenn eine willkürliche Person aus der schwedischen Kommune mit vordergründiger Freundlichkeit eine absolut hanebüchene Erklärung für das Verschwinden eines der Besucher eröffnet, mag das sogar witzig sein. Aber handelt es sich deswegen um eine Komödie? Und ja, die ansprechenden Bilder von Ari Aster und seinem Kameramann Pawel Pogorzelski reichen von kunstvoll märchenhaft bis verstörend. Aber ob sie über der reinen Ästhetik-Ebene hinaus noch viel mehr zu erzählen haben, bleibt fraglich. Der Horror, der sich auf der Leinwand präsentiert, kann sicherlich ebenfalls Unwohlsein hervorrufen, eine effektive Metapher für eine sich zersetzende Beziehung stellt er letztlich aber nicht unbedingt dar.
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Anstatt drei Filme halbherzig in einem zu bündeln, hätte Ari Aster wahrscheinlich eine ehrlichere Herangehensweise an seine zugrunde liegende Thematik gefunden, wenn er sich für eine Richtung entschieden hätte. Es wirkt fast so, als hätte er nicht genügend über seine Figuren zu sagen, und wolle seine Geschichte deswegen durch allerlei Mummenschanz auspolstern. Das spiegelt sich auch in den Figuren selbst wider, die oftmals wie zweidimensionale Abziehbilder daherkommen.
Fazit:
Trotz stellenweise kunstvoller und effektiver Alptraum-Momente und der überzeugenden Hauptdarstellerin Florence Pough lässt Midsommar einen schlussendlich unbeeindruckt zurück. Ein Film, der sehr viele Facetten besitzen möchte, aber sich nicht sehr intensiv mit überhaupt irgendeinem seiner Themen beschäftigt. Die schwache Figurenzeichnung können auch die guten bis sehr guten Darsteller nicht wieder ausgleichen.