Disney's Jungle Book

Originaltitel: 
The Jungle Book
Land: 
USA
Regie: 
Jon Favreau
Drehbuch: 
Justin Marks
Darsteller: 
Neel Sethi, Bill Murray, Ben Kingsley, Idris Elba, Lupita Nyong'o, Scarlett Johansson, Christopher Walken, Giancarlo Esposito
zusätzliche Infos: 
basiert auf dem Buch The Jungle Book von Rudyard Kipling
Kinostart: 
14.04.16

Für die Neuinterpretation des Disney-Klassikers Das Dschungelbuch konnte Regisseur Jon Favreau viele namhafte Darsteller verpflichten, die zum Großteil als Synchronsprecher fungieren. Hierzu gehören unter anderem die Oscar-Gewinner Ben Kingsley als Baghira, Lupita Nyong'o als Raschka, Christopher Walken als King Louie sowie Scarlett Johansson als Kaa, Idris Elba als Shir Kan und Bill Murray als Balu. Die Rolle des Mogli wird von dem Newcomer Neel Sethi verkörpert.

Das Dschungelbuch (The Jungle Book) ist eine Sammlung von Erzählungen des britischen Autors Rudyard Kipling aus dem Jahr 1894. Eine der bekanntesten Geschichten ist die des Findelkinds Mowgli, der bei den Tieren im indischen Dschungel aufwächst. Die Geschichten begleiten ihn von Kindesbeinen an, bis zum Aufstieg als Herrscher über die Tierwelt.

Disney bediente sich 1967 für den Animationsfilm Das Dschungelbuch an der Romanvorlage, der jedoch eine ganz eigene Richtung einschlägt. Die Charaktere des Films wurden 1990 in den Zeichentrickserien Käpt’n Balu und seine tollkühne Crew (Balu als Pilot, Louie als Barbesitzer, Shir Khan als Firmenmogul) und 1996 in Die Dschungelbuch-Kids weiterverarbeitet. 2003 veröffentlichte Disney eine Fortsetzung des Animationsfilms auf DVD.


Kritik

von Johannes Hahn. Der Menschenjunge Mogli wird im indischen Dschungel von Wölfen aufgezogen. Doch der Tiger Shir Khan sieht in Mogli nur eine Bedrohung und will ihn töten, solange er sich nicht wehren kann. Deswegen beschließt das Rudel, Mogli aus dem Dschungel herauszuführen und zu den Menschen zu bringen. Begleitet wird er dabei vom schwarzen Panther Baghira. Unterwegs treffen sie auf Balu den Bären, die Schlange Kaa und die Elefanten. Bevor Mogli aber zu den Menschen kann, muss er sich erst gegen die Nachstellungen durch Shir Khan wehren.

Nostalgie ist ein zweischneidiges Schwert. Sie spielt mit den Emotionen an ein unbestimmtes Früher und versucht dabei, das Heute aufzuwerten. Das Problem, wenn Nostalgie verkauft werden soll, so wie es derzeit Trend in der Popkultur ist, sind ebendiese Emotionen - denn das schnöde Heute kann mit dem wunderbaren Gestern einfach nicht mithalten. Oder einfacher ausgedrückt: Wenn ein Film versucht, Nostalgie zu verbreiten, kann er letztlich nur enttäuschen, da er nie so gut sein kann, wie das, woran er versucht zu erinnern.

Das soll nicht heißen, dass ein Film, der mit Nostalgie spielt, unbedingt schlecht sein muss. Und Disneys The Jungle Book ist an sich ein guter Film. Er ist spannend, lustig und an manchen Stellen musikalisch - schlicht das, was man von einem Disney-Film erwartet. Solide Familienunterhaltung. Aber dennoch kommt man als Zuschauer, der das Original von 1967 so oft auf einer Videokassette gesehen hat, dass irgendwann das Magnetband anfing auszuleiern, am Ende einfach nicht von dem Gedanken los, dass diesem Film etwas fehlt.

Dabei ist alles da: Mogli und das Wolfsrudel, der grausame Tiger Shir Khan, der gemütliche Bär Balu, die Schlange Kaa hat einen kurzen Auftritt und sogar König Louie darf sein Lied "Ich wär so gerne wie du" anstimmen.

Fast perfekte Animation aus dem Computer

Bei den allermeisten rufen diese Namen warme Erinnerungen an das handgezeichnete Original von 1967 wach. Zurecht ist dieser Film auch einer der Zeichentrick-Klassiker. Mit The Jungle Book wollten die Macherinnen und Macher nun zum einen an diese Nostalgie anknüpfen, und zugleich eine Art "neues" Dschungelbuch für eine neue Generation an Kindern schaffen. Deshalb greift der Film auch nicht auf die traditionelle Handanimation zurück, sondern erstellt seine Bilder komplett am PC, in Computergrafik - bis auf Mogli.

Der bei den Dreharbeiten ungefähr acht oder neun Jahre alte Neel Sethi spielt das Findelkind in den allermeisten Situationen überzeugend. Er interagiert so natürlich mit seiner Umgebung, wie es möglich ist, wenn alles um einen herum in einem grüngestrichenen Studio in L. A. stattfindet. Das spricht für das Talent des Jungen. Das Ergebnis des gesamten Films spricht aber auch für die Animatorinnen und Animatoren: Die haben den Dschungel und seine Tiere hervorragend und fast überzeugend in Szene gesetzt. Die Tiere bewegen sich nahezu natürlich, ihr Fell wirkt knapp greifbar - aber eben nur knapp.

Denn am Ende können wir Menschen schon sehr gut entscheiden, was animiert und was real ist. Und eben dieser Blick für das "Falsche" kann Teile des Publikums immer wieder aus dem Film reißen. Das ist doppelt schade, denn im Grunde versucht The Jungle Book eine eigene Geschichte zu erzählen, atmosphärisch näher an das düstere Original von Rudyard Kipling angelehnt, aber mit genug Herz und Humor, um in guter Disney-Tradition zu stehen.

Diese Tradition wird dem Film letztlich aber zum Verhängnis. Denn unweigerlich drängt sich immer der Vergleich mit dem Original auf und an jeder Stelle verliert der Film gegen das Original. Spätestens, wenn Mogli und Balu "Probier's mal mit Gemütlichkeit" anstimmen, wird den allermeisten warm ums Herz. Allerdings strahlt der Film, dank seiner klinisch reinen Computeroptik nie wirklich diese Wärme aus. Beständig erinnert der Film ganz bewusst an seinen fast fünfzig Jahre alten Vorgänger, so dass er nie wirklich eigenständig ist, nie wirklich sich vom Original löst. Und man sich dann am Ende fragen muss: Warum gibt es diese Neuinterpretation überhaupt, wenn sie eigentlich kaum etwas neu interpretiert?

Ein neues Dschungelbuch für eine neue Generation?

Ganz ehrlich: Es ist echt schwer, diesen Film objektiv zu beurteilen, eben weil er ständig mit der Nostalgie des Publikums spielt. Sowohl musikalisch, als auch in manchen Szenen verweist er auf seine Wurzeln - Verweise, die von einem älteren Publikum verstanden werden, an Jüngere aber verloren gehen. Gerade in diesem Vergleich fällt dann auch am stärksten auf, was The Jungle Book wirklich fehlt: Die Seele. Die Wärme, die Herzlichkeit, vielleicht auch die Unvollkommenheit, die Das Dschungelbuch von 1967 ausgemacht hat.

Was bleibt, ist eine neue Version eines Films, der keiner neue Version bedurft hat. Natürlich hätte The Jungle Book absolut seine Berechtigung, wenn er sich wirklich um eine neue Darstellung bemühen würde, eine richtige Neuinterpretation eines bekannten Stoffes wäre. Aber so geht The Jungle Book in einer Welle an stets ein bisschen künstlich aussehenden Filmen unter, die eine Form der Massenunterhaltung für Kinder und ihre Eltern darstellen und wird daher nie die Bedeutung erreichen, die Das Dschungelbuch von 1967 hatte.

Fazit:
The Jungle Book ist trotzallem ein solider Unterhaltungsfilm, der Spaß macht und Spannung verbreitet. Aber ihm fehlt die Seele und menschliche Substanz, um mit dem Original mitzuhalten. Wer mit seinen Kindern einen schönen Nachmittag im Kino verbringen will, denen sei der Film durchaus empfohlen. Es besteht nur die Gefahr, dass man am Ende die DVD des Zeichentrickklassikers kaufen wollen wird.

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