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Was im Kino funktioniert hat, muss doch auch als Serie klappen. Dies dachten sich die Verantwortlichen von Marvel vor ein paar Jahren und riefen gemeinsam mit Netflix das Projekt The Defenders ins Leben. Wie bei den Avengers wollte man erst einmal eine Gruppe von Helden als Einzelfiguren in eigenen Serien etablieren, bevor sie dann schließlich zu einem gemeinsamen Abenteuer zusammenkommen.
Mit Daredevil und Jessica Jones gelang der Start in die Defenders perfekt. Beide Serien kamen bei Kritikern und Publikum richtig gut an. An dritte Stelle geht nun Luke Cage ins Rennen, der allerdings nicht nur allein bestehen, sondern sich auch mit seinen beiden Vorgängern messen muss.
Die Handlung von Luke Cage setzt eine unbestimmte Zeit nach der ersten Staffel von Jessica Jones und der zweiten Staffel von Daredevil ein. Der titelgebende Held hat nach seinem Abenteuer mit Jessica Zuflucht im New Yorker Stadtteil Harlem gefunden. Hier arbeitet er in mehreren Jobs und versucht möglichst unter dem Radar zu bleiben. Dies ist jedoch nicht mehr möglich, als Luke mit dem Gangster Cornell Stokes aka Cottonmouth aneinandergerät. Stokes kontrolliert den Stadtteil, macht jedoch den Fehler, sich mit Cage anzulegen. Der Konflikt zwischen den beiden eskaliert und schon bald kämpfen sie um die Seele von Harlem.
In der Ruhe liegt die Kraft
Luke Cage schlägt zunächst einmal ein sehr gemächliches Erzähltempo an. Das ist vor allem deshalb ein Problem, weil der Zuschauer nicht direkt in die Handlung gezogen wird, wie es beispielsweise bei Daredevil oder Jessica Jones der Fall war. Unsere Kritik basiert auf den ersten fünf Folgen, sodass man festhalten kann, dass die Geschichte erst mit Folge 4 so richtig an Fahrt aufnimmt.
Es fehlt am Anfang etwas der Suchtfaktor. Auch die Tatsache, dass Cage selbst kaum etwa zu tun bekommt, hilft dem Piloten nicht wirklich. Der Fokus liegt stärker auf den Nebenfiguren, was zumindest vor dem Hintergrund Sinn macht, dass viele Zuschauer Luke Cage ja schon kennen dürften. Neue Zuschauer erfahren allerdings nur bedingt viel über die Figur, deren Name schließlich der Serientitel ist.
Bei den Nebenfiguren stechen Pop und Misty Knight hervor, die gleich Interesse wecken können. Die Schurken der Serie können hier leider nicht ganz mithalten. Zwar wurden Cottonmouth und Mariah Stokes mit Mahershala Ali und Alfre Woodard exzellent besetzt, im Vergleich mit einem Kingpin oder Kilgrave fehlt aber einfach das Alleinstellungsmerkmal.
Cottonmouth ist am Ende eben doch der klassische Gangsterboss, wie man ihn schon in vielen anderen Filmen gesehen hat. Ali spielt die Figur hervorragend, aber eben auch nur im Rahmen der Möglichkeiten, die ihm der Charakter bietet. Eventuell wartet allerdings noch ein weiterer Schurke auf die Zuschauer. Der mysteriöse Diamondback wird immer wieder erwähnt und dürfte sicherlich noch einen Auftritt haben.
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Unabhängig von der Schurkenrolle sollte an dieser Stelle aber erwähnt werden, dass auch die anderen Rollen erstklassig besetzt wurden. Mike Colter konnte ja schon in Jessica Jones sein Können beweisen und überzeugt auch im Soloabenteuer. Mahershala Ali und Alfre Woodard haben wir ja schon angesprochen. Beide holen aus ihren Rollen das Maximum heraus. Dazu kommt Simone Missick, deren Misty Knight von der ersten Sekunde an eine treibende Kraft der Serie ist.
Eine eigene Identität
Trotz der Vergleiche, die sich zwischen den drei Marvel-Serien unweigerlich aufdrängen, muss man aber auch festhalten, dass die Unterschiede natürlich auch eine der Stärken sind. Den Machern gelingt es, Luke Cage eine ganz eigene Identität und Stimmung zu geben. Schon Jessica Jones bot mit dem leichten Film-Noir-Einschlag eine angenehme Abwechslung zu Daredevil. Luke Cage fühlt sich ebenfalls noch einmal deutlich anders an, woran der Stadtteil Harlem einen großen Anteil trägt. Gerade im Vergleich zu Marvels Filmen, denen ja oft eine zu einheitliche Linie vorgeworfen wird, machen die Netflix-Serien in diesem Bereich vieles besser, wobei Luke Cage keine Ausnahme bildet.
Hier spielt auch der Soundtrack eine große Rolle. Die Musik ist ungemein passend zur Handlung ausgewählt und trägt viel zur Stimmung bei. Sehr oft sind die Sänger der Lieder zudem direkt in die Handlung eingewoben. Zum Beginn treten immer wieder Künstler in Cottonmouths Club auf und der Zuschauer bekommt immer wieder eine Art Songmontage zu sehen. Dies ist ein nettes Stilmittel und passt sehr gut zur Serie.
Fazit
Luke Cage ist eine unterhaltsame Serie, deren größtes Problem es ist, dass sie in die Fußstapfen von Jessica Jones und Daredevil treten muss. An die Qualität der beiden Vorgänger reicht man zu Beginn leider noch nicht heran. Dies zeigt sich auch besonders in der Darstellung des Cottonmouth, der sich leider nicht mit dem Kingpin oder Kilgrave messen kann. Trotzdem gibt es eine klare Empfehlung. Mit Folge 4 zieht das Erzähltempo spürbar an und man kann hoffen, dass die Serie nach dem ersten Viertel vielleicht doch zu ihren Vorgängern aufschließen kann.