Nostalgie in Serie: Pokémon - Wie alles begann… (2/2)

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Pokemon

Wer den ersten Teil der Reihe nachholen möchte, wird hier fündig.

Die Pokémon

Nachdem die wichtigsten menschlichen Haupt- und Nebenfiguren bereits ausführlich besprochen wurden, ist es höchste Zeit, sich endlich den klein-großen Helden selbst zuzuwenden.

Alles begann mit 150 Pocket Monsters oder eben Pokémon, wobei man schon diese Aussage eigentlich relativieren müsste. In der ersten Folge "Pika-Pikachu“ ist nämlich eines am Himmel zu sehen, das man zu diesem Zeitpunkt noch nicht kennen kann, weil Ho-Oh (#250) ein Vertreter der zweiten Generation ist, die erst im Kontext der Johto-Abenteuer eingeführt wird. Zu Beginn spielt die Handlung hingegen bekanntermaßen zunächst komplett in Kanto. Besagte Region wirkte bereits derart groß und weitläufig, dass man seinerzeit nicht unbedingt davon ausgehen konnte, dass in all den Jahren noch viele weitere hinzukommen würden.

Mewtu, das legendäre Klon-Pokémon (#150), taucht erstmals in "Der Kampf um den Erdorden“ auf. Dies ist im Grunde der Punkt, an dem der erste Film des Franchises, der ein weltweiter Erfolg war, einsetzt. In Pokémon - Der Film: Mewtu gegen Mew wiederum lernt man dann auch Mew (#151) kennen. Da der Abendfüller aber den meisten Fans als eine Art Finale der ersten Staffel gilt, hat der treue Anhänger also recht schnell die Bekanntschaft von 152 tierähnlichen Wesen gemacht.

Als Trainer-Neuling erhält man normalerweise einen der drei Starter, mit dessen Hilfe man später sein zweites Teammitglied fangen kann. Durch einen wohlüberlegten Einsatz bestimmter Attacken muss das eigene das Wunsch-Pokémon schwächen, damit es anschließend auch tatsächlich im eingesetzten Pokéball verbleibt und ihn nicht direkt wieder unaufgefordert verlässt. In diesem Kontext ist es sehr wichtig, etwas über die verschiedenen Pokémon-Typen (ein Pokémon kann einem oder zwei zugeordnet werden) zu wissen. Ursprünglich waren das die 15 folgenden: Feuer, Wasser, Pflanze, Elektro, Normal, Psycho, Flug, Boden, Gift, Gestein, Käfer, Eis, Kampf, Geist und Drache. Angelehnt an das Schere-Stein-Papier-Prinzip sind bestimmte Typen anderen gegenüber im Vorteil/Nachteil. Dessen muss man sich bewusst sein, bevor man entscheidet, wen man wann auf das Feld schickt. Will man beispielsweise ein Pflanzen-Pokémon fangen, sollte man es mit einem Feuer-Pokémon angreifen, das seinerseits kaum eine Chance gegen Wasser-Pokémon hat, das sich allerdings wenig bis gar nicht gegen Angriffe von Pflanzen-Pokémon zur Wehr setzen können.

Ash wäre jedoch natürlich nicht Ash, wenn er nicht einen etwas anderen Weg gehen würde: Einige seiner künftigen Gefährten schließen sich ihm - oftmals nach einem verbindenden Erlebnis - mehr oder minder freiwillig an - etwa Schiggy (#007) oder Glumanda (#004). Überhaupt wird im Anime die starke Bindung, die der Junge aus Alabastia zu seinen kleineren und größeren Freunden aufbaut, sehr häufig thematisiert und macht damit etwas, was den Video- und Kartenspielen in dieser Form selbstredend nicht möglich war. Und was entscheidend dazu beiträgt, dass der Zuschauer sich noch leichter mit dem Protagonisten identifizieren kann. Vor allem sein Verhältnis zu Pikachu (#025), das sich von der Not- (am Tag der Starter-Übergabe kam der Langschläfer zu spät zu Professor Eich, weshalb er das Kraftpaket nehmen musste, das noch übrig war) schließlich zur Traum-Lösung entwickelt hat, muss in diesem Zusammenhang zweifelsfrei erwähnt werden.

Apropos entwickeln: Dass selbstverständlich ebenfalls das Level der jeweiligen Pokémon von Bedeutung ist, steht bei Pokémon logischerweise nie so sehr im Fokus wie in den Handheld-Versionen respektive nur indirekt. Erreichen die titelgebenden Zwei-, Vier- oder Nullbeiner (zum Beispiel Team Rockets Rettan (#023) und Smogon (#109) beziehungsweise Arbok (#024) und Smogmog (#110)) nämlich ein bestimmtes, entwickeln sie sich weiter. Das prominenteste Beispiel neben den Lieblingen von Jessie und James ist sicherlich Glumanda (#004), aus dem zunächst Glutexo (#005) und schließlich der Fan-Favorit Glurak (#006) wird. Letzterer wird, selbst als Ash sich in anderen Regionen neue Teams zusammengestellt hat, immer wieder für den jungen Abenteurer in den „Ring“ steigen, und das, obwohl es extrem lange gedauert hat, bis dieser gelernt hatte, den mächtigen Drachen zu kontrollieren. Nach einer Entwicklung kann es durchaus vorkommen, dass sich Trainer und Pokémon erst wieder aneinander gewöhnen müssen.

Manche wie Ashs Pikachu (#025) oder sein Bisasam (#001) verweigern aber auch diese Evolution und wollen lieber in ihrer Ausgangsform stärker und stärker werden. (Ersteres würde sich im Übrigen mit Hilfe eines sogenannten Donnersteins zu Raichu (#026), Zweiteres ganz normal zuerst zu Bisaknosp (#002) und danach zu Bisaflor (#003) entwickeln.) Andere wie die legendären Vogel-Pokémon Arktos (#144), Zapdos (#145) und Lavados (#146) sind dagegen gar nicht dazu in der Lage und dann gibt es darüber hinaus noch Kandidaten wie Schlurp (#108), von denen man so lange dachte, sie würden es nicht beherrschen, bis bei der Präsentation einer neuen Generation plötzlich Schlurplek (#463) vorgestellt wurde. Ganz allgemein kann man festhalten, dass die Augenblicke, in denen vor und im TV-Gerät beziehungsweise auf dem Mini-Display ein bis dato unbekanntes Pokémon erscheint, für die Treuesten der Treuen bis heute sehr besondere sind.

Mittlerweile sollte im Übrigen auch klar geworden sein, dass es sich hier um keine Serie handelt, die gewaltverherrlichend ist, wie es Ende der 90er-Jahre einige Eltern befürchtet hatten - die großen oder kleinen Gefährten kommen zum Beispiel auch zumeist sehr schnell in ein Pokémon-Center, wenn sie verletzt sind. Ausgesprochen viele Folgen widmen sich dem Aspekt "Verantwortungsvoller Umgang mit Pokémon“ und die Trainer, die ihre tierähnlichen Partner als Mittel zum Zweck sehen, erleben daher in der Regel recht zeitnah ihr blaues Wunder, werden bekehrt oder beides. Bei Pokémon-Kämpfen geht es eben um so viel mehr als nur um das bloße Triumphieren.

Kämpfe, Arenen und die Pokémon-Liga

Die erste Szene des Anime ist dem Videospiel nachempfunden, denn auch dort duellieren sich am Anfang Nidorino (#033) und Gengar (#094) und geben allen Nachwuchstrainern einen Vorgeschmack auf das, wovon sie zu diesem Zeitpunkt noch träumen: Ein Pokémon-Liga-Kampf vor einem riesigen Publikum.

Zunächst aber muss es erst einmal zu einem 1-gegen-1-Match kommen. Von diesen gibt es reichlich, und zwar nicht nur unter der Beteiligung des Freundes von Misty und Rocko, sondern auch durchaus mit der der beiden. Hier wird dann - wie fast immer, wenn sich zwei Pocket Monster gegenüberstehen -, gern der Pokédex befragt, um wichtige Informationen über den Kontrahenten oder Typ-Vorteile zu erhalten, womit wir bei dem strategischen Element der Kämpfe angelangt wären.

Viel stärker zum Tragen kommt ebendieses allerdings im Rahmen der Arena-Kampf-Episoden, die in jedem Fall zu den absoluten Staffel-Höhepunkten zählen. Jedes Mal, wenn Ash Ketchum einem Arenaleiter gegenüberstand, wurde es dramatisch, wendungsreich und außerordentlich interessant. Nach den noch eher freundschaftlich-humanen Aufeinandertreffen mit Rocko und Misty in Marmoria beziehungsweise Azuria City kommt es später beispielsweise auch zu den hochgradig spannenden mit Sabrina in Saffronia City, die Psycho-Pokémon einsetzt und Pyro auf der Zinnoberinsel, der auf Feuer-Pokémon vertraut - generell sind diese Ausnahmekönner stets auf einen bestimmten Pokémon-Typ spezialisiert. In beiden Fällen unterlag Pikachus (#025) Trainer beim ersten Versuch und bei den Revanche-Gefechten war zudem lange nicht abzusehen, ob der ambitionierte Herausforderer sich diesmal gegen seine Gegner würde durchsetzen können.

Wer die acht Arenaleiter der Kanto-Region besiegt und in der Folge von jedem einen Orden erhalten hat, ist dazu berechtigt, an der Pokémon-Liga teilzunehmen, die auf dem legendären Indigo-Plateau stattfindet. Ash saugt vom ersten Tag an die Atmosphäre an dem altehrwürdigen Schauplatz auf und genießt es, - zumindest gefühlt - seinem Traum, Pokémon-Meister zu werden, durch die Teilnahme ein gutes Stück nähergekommen zu sein.

Man kann relativ leicht diverse Gründe dafür finden, warum die Folgen, in denen sich der sympathische Cappy-Träger erstmals mit den Besten der Besten messen darf, für viele nicht nur zu den besten der ersten, sondern zu den besten aller Pokémon-Staffeln gehören. Ein entscheidender Faktor dabei: Es war seinerzeit eine Premiere. Selbst all jene, die heute die ersten Abenteuer nachholen, dürften spüren, wie sehr das Format sein bis dahin größtes Highlight mit einem mehrere Episoden überdauernden Mini-Arc zelebrierte - zuvor waren vereinzelte Doppelfolgen das höchste der Gefühle gewesen.

Darüber hinaus war Ash bisher noch nie über einen derart langen Zeitraum so sehr gefordert worden wie hier. Dies gipfelt in dem 6-gegen-6-Kampf gegen seinen Freund Richie, dessen Pikachu ihm ebenfalls nie von seiner Seite weicht. Einen Kampf - Spoiler -, den der Held dieses Anime verliert, ohne die Möglichkeit zu haben, das noch einmal zu korrigieren. Eine - für eine in Deutschland ausgestrahlte Zeichentrickserie - echte Sensation, mit der wohl kaum einer der größtenteils noch recht jungen Fans der ersten Stunde damals gerechnet hatte. Inhaltlich war es rückblickend betrachtet eine mutige, aber auch logische Entscheidung. Denn so ließ sich wunderbar erklären, warum der Unterlegene nach einer kurzen Phase der Enttäuschung ab Moment X noch motivierter war als sowieso schon. Und außerdem können so sehr leicht einige wichtige Messages vermittelt werden, die die Serie auch im späteren Verlauf immer wieder aufgreift: Gewinnen ist nicht alles, aus Niederlagen lernt man/geht man gestärkt hervor, sei ein fairer Verlierer respektive ein demütiger Gewinner und wahre Freundschaften sind wichtiger als Pokale.

Da sehr viele Anhänger die Videospiele in der Phase spielten, in der sie Pokémon schauten, war Ash Ketchums Reise für die Mehrheit ohnehin auch irgendwie stets ihre eigene. Und selbst wenn die Gameboy-Titel natürlich darauf ausgelegt waren, dass der Spieler sich irgendwann Pokémon-Meister würde nennen können, schmälerte dies trotzdem nicht die durch den Anime gewonnen Erkenntnisse. Denn ganz ehrlich: Das Gefühl, als man endlich die Top-4 und danach den Rivalen, den man womöglich zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr auf dem Schirm hatte, geschlagen hatte, war doch nur deshalb so schön, weil man davor zahlreiche Male an Lorelei, Bruno, Agathe, Siegfried oder eben an dem Gary nachempfundenen Kontrahenten gescheitert war. Und ein Franchise, das auf all diesen Ebenen, die sich sogar ergänzen, funktioniert - damals wie heute (mit leichten Abstrichen (Stichwort: Abnutzungserscheinungen)) - muss man nicht lieben, verdient jedoch zweifellos die Anerkennung zumindest sämtlicher Popkulturbegeisterten.

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