Dawn of War III: Kritik zur erfolgreichen Spielefortsetzung

Geduld zählt bekanntlich zu den wichtigsten Tugenden – und auch die Fans von Dawn of War mussten sehr geduldig auf einen neuen Serienteil warten. Sechs Jahre sind vergangen, seit wir zum letzten Mal in eine neue Geschichte aus dem Dawn-of-War-Universum eintauchen durften. Jetzt ist Dawn of War III endlich erschienen – aber hat sich das lange Warten auch gelohnt?

Aller Anfang ist klein

Die Antwort ist: Ja! Und das liegt daran, dass Dawn of War III die Stärken des zweiten Teils nimmt und in das Konzept des ersten packt. Heißt im Klartext: Elite-Einheiten als kleine Ein-Mann-Armee treffen auf Massenschlachten und Basenbau.

Wer aber jetzt den Eindruck gewinnt, Dawn of War III hätte keine taktischen Gefechte zwischen kleinen Soldatengruppen zu bieten, der irrt. Gerade zu Beginn einer Partie liegt der Fokus auf wenigen Einheiten und deren Spezialfähigkeiten. Eine gut platzierte Granate oder ein Sprung von Captain Gabriel Angelos inmitten einer kleinen Feindgruppe, kann da bereits den Unterschied machen.

Kein Schlachtfeld ohne Elite-Einheiten

In der Regel wählt der Spieler vor Beginn einer Partie drei Elite-Einheiten aus. Die Ausnahme bilden einige Missionen aus der Kampagne, in denen diese Einheiten vorgegegeben sind. Dawn of War III verfügt über eine breite Palette dieser Eliten, die jeweils einen anderen Spielstil unterstützen. Vom günstigen Ork-Stormboyz-Trupp mit Jetpack, über schlagkräftige Terminatoren der Space Marines, bis zum teuren, dafür aber auch gewaltigen Phantomritter Taldeer der Eldar. Logisch: Je stärker eine Einheit, desto höher ihre Kosten. Die Rekrutierung der Elite-Einheiten benötigt die gleichnamigen Elite-Punkte. Letztere generieren sich im Verlauf einer Partie automatisch. Dieser Vorgang kann über spezielle Generatoren noch beschleunigt werden.

Durch dieses System bringt das Spiel eine neue taktische Komponente mit: Aggressive Spieler setzen auf günstige bis mittelteure Eliten, um dem Feind möglichst früh zu überrennen. Defensive Spieler investieren ihre Punkte lieber in etwas teurere, dafür aber stärkere Elite-Einheiten.

Betritt eine dieser Einheiten das Feld, ändert sich die Spielweise. Zählt gerade zu Beginn jeder einzelne Trupp, rücken mit dem Erscheinen einer Elite-Einheit deren Fähigkeiten in den Vordergrund - und die fallen mitunter komplexer aus, als der erste Eindruck vermuten lässt. 

Ein Beispiel: Der Ork-Waaaghboss Gorgutz kann seine mechanische Kralle herumwirbeln, damit nahestehenden Feinden Schaden zufügen und wehrt außerdem feindliche Geschosse ab. Damit aber nicht genug, denn zur Spielmechanik der Orks gehört das Sammeln von Schrott auf dem Schlachtfeld. Sollte Gorgutz also vor dem Einsatz seiner Kralle Schrott eingesammelt haben und die Wirkdauer seiner Fähigkeit nicht unterbrechen, verstärkt er am Ende seiner Fähigkeit das Tempo und den Schaden naher Verbündeter und heilt sie zusätzlich. Alternativ kann er die Aktivphase seiner Kralle auch unterbrechen. Dann rammt der Ork seine Kralle an der Zielposition in den Boden, verursacht Schaden und zwingt getroffene Gegner, ihn anzugreifen. Seine zweite Fähigkeit besitzt zwar nicht so viele Variationen, ist aber nicht minder taktisch einsetzbar. Der Ork schleudert seine Kralle zur Zielposition, fügt getroffenen Gegner Schaden zu und zwingt sie wiederum, ihn anzugreifen. Darüber hinaus kann die Wurfkralle aber nicht nur aggressiv, sondern auch zur Flucht aus brenzligen Situationen genutzt werden.

Aber keine Angst: Auch wenn es auf den ersten Blick den Eindruck erwecken könnte, ufern die Elite-Fähigkeiten nicht in lästiges Micromanagement aus. Stattdessen prägen sich die Mechaniken gut ein und gehen mit etwas Übung flott von der Hand. Das gilt übrigens auch für alle Einheiten-Fähigkeiten.  

Deutlich mehr Übung ist jedoch gefragt, wenn es gilt, in größeren Gefechten oder den Massenschlachten des späteren Spielverlaufs die Fähigkeiten aller Einheiten zur richtigen Zeit einzusetzen. Wer sich nur auf seine Elite-Einheiten verlässt, wird die Kampagne zwar auch ohne größere Probleme auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad durchspielen können, zieht im Multiplayer gegen einen geübten Gegner aber den Kürzeren.

Die Geschichte dreier alter Bekannter

Stichwort Kampagne: Die erzählt die Geschichte der Suche nach einem mächtigen Eldar-Artefakt. In insgesamt 17 Missionen, verteilt auf drei Schauplätze, treffen die Space Marines unter der Führung von Captain Gabriel Angelos, mit den Eldar, geführt von der Runenprophetin Macha und den Orks, unter ihrem Waaaghboss Gorgutz auf dem Planeten Cyprus Ultima aufeinander. Dabei besitzt jede Fraktion ihre eigenen Strippenzieher im Hintergrund und verfolgt eigene Ziele. Gorgutz ist beispielsweise noch nicht zu Beginn der Kampagne der Waaaghboss des gewaltigen Ork-Heeres und muss sich erst an die Spitze bringen.

Wie viel Bedeutung Dawn of War III seinen Elite-Einheiten beimisst, wird besonders dann deutlich, wenn der Spieler ganze Kampagnen Missionen nur mit einigen von ihnen abschließen müssen. So geht beispielsweise Gabriel in der Mission "Niemand wird zurückgelassen" auf die Suche nach einem vermissten Freund und wird dabei nur von einem Trupp Terminatoren unterstützt. Auch andere Missionen starten häufig mit nur einer Elite-Einheit und wenigen Truppen. Doch am Ende laufen diese meist darauf hinaus, eine möglichst große Streitmacht aufzustellen und die feindlichen Stellungen zu zerstören - was aber durch die bombastischen Massenschlachten keineswegs langweilig ist. 

Der Anspruch der Missionen schwankt dabei mitunter recht stark. Auf dem höchsten der drei Schwierigkeitsgrade sind die Missionen zwar stets fordernd, einige aber deutlich weniger als andere.

Dazu tragen auch die Bonusziele bei, die während den Missionen erfüllt werden können und deren Abschluss mal mehr, mal weniger nützlich ist. In “Der Seher, Der Schwindler, Das Biest” müssen wir in der Rolle der Eldar regelmäßig unsere Basis verlegen, da Gorgutz sie sonst durch einen Meteoritenschauer zerstört. Bonusziel dieser Mission ist es, sieben Seelensteine der Eldar einzusammeln. Sind alle Sieben gesammelt passiert folgendes - nämlich gar nichts. Schade, denn in anderen Missionen haben die Bonusziele durchaus einen Sinn und können sogar spielentscheidend sein.

Solide Geschichte ohne wirkliches Chaos

Den Kennern der Dawn-of-War-Reihe wird aufgefallen sein, dass bei den klassischen Völkern Space Marines, Orks und Eldar ein Volk fehlt. Das Chaos hat es nicht als spielbare Fraktion in die Kampagne geschafft. Doch auch mit “nur” drei Völkern bleibt die Kampagne spannend. In jeder Mission übernimmt der Spieler das Kommando über eine andere Fraktion. Dieser Wechsel sorgt für Abwechslung in der Geschichte und ermöglicht neue Blickwinkel auf die Geschehnisse.

Wirklich denkwürdige Story Twists sollte der Spieler aber nicht erwarten. Alles ist allem ist die Geschichte motivierend, was aber eher an den großen Schlachten während der Missionen liegt, als an der Geschichte selbst.

Das liegt vor allem an ihrer Inszenierung. Schicke Rendersequenzen, wie Blizzard sie oft zeigt, sucht man vergebens. Stattdessen erzählt Dawn of War III seine Geschichte in eher langweiligen Missionsbesprechungen, unterlegt von Standbildern. Das Highlight sind da doch die Videos aus animierten Standbildern. Davon gibt es aber leider nur acht Stück während der ganzen Kampagne.

Schädel gegen Doktrin

Und dennoch: Die Kampagne sollte jeder Spieler vor Beginn einer Multiplayer-Partie durchgespielt haben. Für erfolgreich absolvierte Missionen steigen nämlich nicht nur die eingesetzten Elite-Einheiten im Level auf, sondern der Spieler erhält auch sogenannte Schädel, die Währung von Dawn of War III. Mit diesen Schädeln werden nicht für neue Elite-Einheiten für den Multiplayer, sondern auch für die neuen Armeedoktrin bezahlt.

Von diesen Doktrin wählt der Spieler vor Beginn einer Partie insgesamt drei aus und passt seine Armee so seinem individuellen Spielstil an. Mit der Doktrin “Befehl des Paladin -Schildwand” erzeugen Devastor Marines einen Schild, der sie vor Schaden schützt, wenn sie sich eine Zeit lang nicht bewegt haben. Andere Doktrin verbessern wiederum die Fahrzeuge einer speziellen Fähigkeiten einer Fraktion.

Zusätzlich dazu verfügen auch die Elite-Einheiten über die sogenannten Elite-Doktrin. Kämpft Gabriel auf dem Schlachtfeld und hat “Anwesenheit” als Doktrin gewählt, dann heilen die Landungskapseln nahestehende Verbündete, wenn sie abgeworfen werden. Alternativ dazu kann er aber auch die Cyborgs mit der Doktrin “Befehl” verstärken. Letztere erfordert allerdings, dass Gabriel die Stufe Acht erreicht hat - also fleißig die Kampagne durchspielen.

Gerüstet mit dem Wissen um Elite-Einheiten und deren Fähigkeiten, die Armeedoktrin und den verschiedenen Truppen könnte sich der Spieler doch eigentlich direkt in ein Multiplayer-Gefecht stürzen, oder? Nicht ganz, denn ein wesentlicher Bestandteil aus dem ersten Dawn of War fehlt noch.

Basenbau und Upgrades sind zurück - teilweise

Und das ist der Basenbau. Der hält mit dem dritten Teil nämlich wieder Einzug. Fans der ersten Stunde dürften aber beim ersten Blick auf die Bauoptionen schlucken, denn die Anzahl an Gebäuden wurde stark reduziert. Standen den Space Marines in Dawn of War noch elf (einschließlich Minenfeld) Bauoptionen zur Verfügung, müssen sie sich im dritten Teil mit gerade einmal fünf begnügen. Diese Verschlankung macht auch vor den Techtrees der drei Fraktionen nicht halt. Wirklich schlimm ist das aber nicht. Denn das schlankere Baumenü erleichtert den Einstieg ins Spiel und macht es vor allem zu Beginn flotter. Weniger taktisch wird es dadurch nicht.

Wohl jedoch durch die Individualisierung der einzelnen Einheiten. Die gibt es nämlich so nicht mehr. Stattdessen sind aus den vormaligen Waffenupgrades ganze Einheiten geworden. Statt einen Trupp Space Marines mit schweren Boltern auszustatten, teilen sich die Truppen jetzt in die Gattung Taktische Marines und Devastor Marines. Erstere können per Upgrade wahlweise mit Flammenwerfern oder Plasmakanonen ausgestattet werden. Die Devastor Marines kommen direkt mit schweren Boltern aufs Feld. Trotzdem: Ein wenig mehr Anpassungsmöglichkeiten für die Einheiten hätten es schon sein dürfen. Das hätte sicher auch für noch mehr Taktik im Multiplayer gesorgt.

Die Königsdisziplin von Dawn of War III

Im Multiplayer gibt es nur einen Spielmodus mit dem Titel Energiekern. Darin ist es das Ziel, den namensgebenden Energiekern des Gegners zu zerstören. Zuvor gilt es aber, einen Schildgenerator und einen beziehungsweise mehrere Wachtürme dem Erdboden gleich zu machen. Wer jetzt an League of Legends denkt, liegt damit gar nicht so falsch.

Und wie macht sich das MOBA-Konzept in Dawn of War III? Wirklich gut, da durch das Vorkämpfen von einer Verteidigungsstellung zur nächsten bis hin zum Energiekern immer das nächste Ziel klar ist.

Zu Beginn laufen die Partien ganz klassisch ab. Einheiten werden rekrutiert und Kontrollpunkte erobert. Anders als noch im ersten Teil, werden Generatoren zur Gewinnung von Energie- und Einflusspunkten jetzt direkt auf Kontrollpunkten errichtet. Gebäude können erstmal überall auf der Karte platziert werden, was die Ausbildung von Truppen direkt an der Front erlaubt. Meist dauert es nur wenige Minuten, bis es zu den ersten Gefechten kommt. Mit 20 bis 40 Minuten Spielzeit pro Partie dauern die Spiele auch nicht zu lang.

Die Unterschiede machen es aus

Im Multiplayer werden auch die Unterschiede zwischen den drei Fraktionen deutlich sichtbar. Dank der Landungskapseln schlagen die Space Marines mit ihren Truppen direkt an der Front oder auch innerhalb der feindlichen Linien ein - was übrigens auch für ihre Fahrzeuge gilt. Die Eldar setzen ebenfalls auf Mobilität, wenn auch etwas anders. Denn sie verlegen gleich ganze Gebäude über die Karte und können ihre Einheiten (das richtige Upgrade vorausgesetzt) auch zwischen zwei Gebäuden hin- und herschicken. Die Orks sammeln, wie Eingangs bereits erwähnt, Schrott ein und verbessern ihre Truppen damit. Zusätzlich können die Baueinheiten der Orks auch Fahrzeuge aus den Schrotthaufen zusammenzimmern.  

Das alles funktioniert recht gut und die Unterschiede zwischen den Fraktionen werden deutlich herausgestellt. Nur beim Balancing könnte noch an der ein oder anderen Schraube gedreht werden. Während dem Psisturm, der Superfähigkeit der Eldar, kaum auszuweichen ist, gelingt das gegen den Orbitalschlag der Space Marines recht einfach. Zumal bei Letzterem auch die Steuereinheit erobert werde kann und der Orbitalschlag damit unbeweglich wird. All das tut dem Multiplayer aber nur wenig Abbruch.

Denn wenn sechs Spieler ihre Einheiten, Fahrzeuge, Eliten und Superfähigkeiten aufeinander loslassen, dann macht das nicht nur einen Heidenspaß, es sieht auch wirklich hübsch aus. Die Grafik von Dawn of War III muss sich nämlich keineswegs verstecken. Gerade in den beschriebenen Massenschlachten brennt das Spiel ein regelrechtes Feuerwerk ab. Aber auch abseits davon kann sich das Spiel sehen lassen. Die Einheiten-Modelle sind durchweg detailliert gestaltet, Animationen wirken flüssig und durch die Physik des Spiels fliegen auch ordentlich Schrott und Feinde durch die Gegend - die entsprechende Hardware vorausgesetzt.

Lediglich etwas mehr Abwechslung beim Aussehen der Karten, sowohl in der Kampagne als auch im Multiplayer, hätten dem Spiel gut getan. Die vier Schauplätze unterscheiden sich zwar voneinander - wirklich anders ist aber nur die Oberfläche des Planet Acheron. Die anderen drei Gebiete sind alle in ähnlichen braunen und matschigen Tönen gehalten. Das mag zwar dem düsteren Setting von Dawn of War entsprechen, hätte aber auch etwas abwechslungsreicher ausfallen können.

Fazit

Das Warten hat sich gelohnt. Dawn of War III ist der erhoffte Hit der Echtzeitstrategie geworden. Fans der ersten Stunde fühlen sich schnell heimisch und auch Einsteiger lernen schnell, wie die verschiedenen Spielmechaniken ineinander greifen. Sowohl die Kampagne als auch der Multiplayer motivieren mit ihren Massenschlachten und bieten locker Spielzeit für ein paar Wochen. Und spätestens, wenn das Chaos und andere Inhalte per Addon nachgeliefert werden, dürfte zusätzlicher frischer Wind in Spiel kommen.

Kleinere Fehler, wie die teils eintönige Optik, kleinere Balancing Probleme und nur einen Multiplayer-Modus, verzeihen wir dem Spiel gern. Denn die Mechaniken der einzelnen Fraktionen funktionieren einfach. Defensive Spieler können ebenso erfolgreich sein, wie die aggressiven Spieler. Letztendlich wird also nicht nur die Tugend der Geduld, sondern auch die des Mutes belohnt.

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