Kritik zu The Expanse 1.03: OPA und die Canterbury

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The Expanse Folge 3

Die Überlebenden der Canterbury müssen sich auf einem Mars-Schiff mit Verhören und Anschuldigungen herumschlagen, auf der Erde versucht Chrisjen herauszufinden, ob der Mars hinter der Zerstörung der Canterbury steckt und Miller kann auf Ceres inmitten aufkeimender Tumulte seine Mao-Untersuchung nur noch heimlich weitertreiben.

Wütende Gürtler auf Ceres

Am leichtesten zugänglich ist dieser Episode erneut die Handlung auf Ceres. Auf Monitoren wird die Erklärung von Holden gezeigt, was Tumulte untern den Gürtlern befeuert. Die Angst der Bewohner vor schwindenden Wasserreserven und verunreinigter Luft wird greifbar und die Gürtler sind schnell dabei, die Schuld beim Mars zu suchen. Die Situation bewegt sich in unruhige Gewässer, was Millers Arbeitgeber - der sich lieber vage als unparteiisch positioniert - dazu bringt, die Mao-Untersuchung zu beenden und die Detectives lieber auf die aktuellen Sicherheitsprobleme anzusetzen. Diese eskalieren auch stetig, was zu einer bedrohlichen Situation führt, der sich auch der Zuschauer nicht entziehen kann.

Miller hat trotz der Ansage seiner Chefin erneut seinen eigenen Kopf und beschließt, die Mao-Untersuchung nicht einzustellen, sondern fröhlich und heimlich weiter zu ermitteln - leider jedoch noch ohne größere Fortschritte. Allerdings entwickelt sich sein Handlungsstrang immer weiter in Richtung einer klassischen Detektivgeschichte, bei der er kleinste Informationsfetzen (hier von Holden über das Schicksal der Scopuli) zusammensetzt und so langsam ein klareres Bild der Hintergründe erhält. Der Figur des Miller fehlt letztlich nur der innere Monolog als Erzählerstimme für die Zuschauer, um einen wunderbaren Sci-Fi-Noir-Krimi auf Ceres zu erhalten. Allerdings kann Thomas Jane auch ohne diesen dramaturgischen Kniff viele der Vorgänge in Millers Kopf darstellen - ein dickes Plus für die Serie.

In einer Nebenhandlung erfahren wir noch, dass Millers Kollege Havelock offenbar aus eigenem Antrieb von einer Prostituierten Unterricht in der speziellen Sprache der Gürtler erhält und sie eben nicht - wie man zunächst vermutet - aus anderen Gründen in ihrem Etablissement aufsucht. Die Sprache der Gürtler ist ein interessanter Aspekt, der sie fremdartig erscheinen lässt und ihre Position als Alien-Ersatz der Serie untermauert. Havelock wird übrigens am Ende der Episode gezielt von einigen Gürtlern erstochen ("Remember the Cant" - so heißt die Episode auch im Original). Ob er stirbt oder überlebt, bleibt offen. Warum gerade er als Erd-Mensch das Ziel ist, obwohl sich die Proteste doch eigentlich gegen den Mars richten, bleibt ebenfalls unklar.

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Zu Besuch bei den Ostmächten

Die Rumpfcrew der Canterbury ist inzwischen auf der Donnager, einem Mars-Schiff, empfangen worden und in Einzelzellen untergebracht.

Natürlich vereinfache ich in meiner Überschrift stark - doch genau wie man in Star Trek einst die Klingonen als Spiegelbild Russlands zu Kontrahenten im Kalten Krieg machte, stehen die Marsianer in ihrem ganzen Auftreten eindeutig ebenfalls Pate für die Ostmächte. Für uns Zuschauer schafft man somit eine visuelle Zugänglichkeit, die zudem gekonnt die Mechanismen unserer realen Erdgeschichte spiegelt.

Dominiert wird dieser Handlungsstrang von den Verhören der Canterbury-Überlebenden. Dabei treten dann auch spannende Erkenntnisse zu Tage, die die Protagonisten klarer umreißen und ihnen mehr Profil verleihen - abseits von den bisher schon positionierten Miller und Holden.

Alex Kamal zum Beispiel wird als erster aus seiner Zelle geholt und taucht wenig später frisch geduscht und bester Laune in einer Uniform des Mars wieder auf. Wir erfahren, dass man ihm für zwanzig Jahre Dienst in der Flotte des Mars Respekt zollt - oder steckt vielleicht mehr dahinter? Dem Vertrauensverhältnis zu seinen Kollegen ist diese Enthüllung in jedem Fall wenig zuträglich.

Bei Naomi konzentriert sich alles auf eine mögliche Beteiligung an der Zerstörung der Canterbury - die Marsianer sehen in ihr die potentiell wahrscheinlichste OPA-Angehörige des Teams, wobei die Herleitung zu dieser Vermutung mehr als weit hergeholt ist.

Auch Holdens belastete Vergangenheit wird erneut thematisiert - bei einem Charakter wie ihm ist dies jedoch keine allzu große Überraschung und passt bisher optimal ins Gesamtbild.

Die Umsetzung der Verhöre ist kammerspielartig und erzeugt einen hypnotischen Sog, der diese zweite Handlungsebene der Episode - wie auch die auf Ceres - sehr unterhaltsam macht. Die eingesetzten Pillen zur Schärfung der Sinne sind eine nette Idee und ein schönes Alleinstellungsmerkmal, wenn auch das Drehbuch sich keine Mühe gibt, uns die Wirkungsweise in irgendeiner Form genauer zu erklären.

Intrigen auf der guten, alten Erde

Wie bereits bei den letzten beiden Episoden fällt die Handlung auf der Erde hinter dem Rest deutlich ab. Allerdings ist es gar nicht uninteressant, Chrisjen bei ihren kaltherzigen Manipulationsversuchen eines alten Freundes zuzusehen.

Dabei möchte die gute Frau eigentlich nur Gewissheit - hat der Mars etwas mit der Zerstörung der Canterbury zu tun? Wir wissen diese Antwort bereits durch das Verhalten der Donnager-Crew. Chrisjen muss ein paar Kniffe einsetzen, um am Ende mit dem gleichen Wissensstand ausgestattet zu sein. Wirklich voran geht es hier also erneut nur in ihrer Figurenzeichnung. Nun haben wir jedoch langsam verstanden, dass sie bereit ist, über Leichen zu gehen - oder wie ihr alter Freund es treffend benennt: Sie ist von Kindesbeinen an verbissen auf Sieg gepolt.

Spannend ist dennoch, wie er Chrisjen weiterhin mit Respekt begegnet, obwohl seine Karriere ruiniert ist und er nicht mehr dorthin zurück kann, wo er sich am liebsten aufhält. Er kann den Druck und die Verantwortung seiner alten Freundin nachempfinden und gesteht ihr diese erbarmungslosen Methoden tatsächlich zu.

The Expanse

Augen und Ohren

Wunderbare Ansichten von der Erde wechseln sich mit klaustrophobischen Kulissen von Ceres und auf der Donnager ab und die hier erstmals gezeigten Uniformen und der Look der Marsianer können klar überzeugen. Die Welt auf Ceres erinnert visuell und in den detailverliebten Kulissen erneut stark an Filme wie die Originale von Total Recall oder Blade Runner - oder eben weiterhin das Remake von Battlestar Galactica.

Die Frau des Rezensenten

Noch wird sie nicht warm mit der Serie. Weder packt sie das politisch undurchsichtige Geflecht, noch die Figuren. Das gleiche Problem hatte sie jedoch auch vor Jahren bei Game of Thrones. Den vermeintlichen Tod von Havelock fand sie zudem äußerst schade.

Kurz gesagt

The Expanse bastelt weiter an ihrer komplexen und absolut realistischen Zukunftsvision, präsentiert neue Fraktionen im großen Spiel und puzzelt an allen Ecken und Enden die Handlung im Schneckentempo voran. Dass dabei einiges zum Stillstand neigt (die Mao-Untersuchung) und vieles immer noch reines Setup ist (die Szenen auf der Erde), stört nicht weiter. Viel zu interessant ist das Entdecken von Details und das Suchen nach Ansatzpunkten inmitten dieser spannenden Welt.

Wertung: Vier von fünf Verhörpillen (für den besseren Durchblick)

Nächstes Mal in der Episode "CQB" erreichen die Erde unschöne News, Miller fahndet weiter nach Mao und auf der Donnager bekommt man es mit unerwarteten Problemen zu tun.

zusätzlicher Bildnachweis: 
© Syfy/ Netflix
The Expanse

Originaltitel: The Expanse (2015)
Erstaustrahlung am 23.11.2015
Darsteller: Thomas Jane (Josephus "Joe" Aloisus Miller), Steven Strait (James „Jim“ Holden), Cas Anvar (Alex Kamal), Dominique Tipper (Naomi Nagata), Wes Chatham (Amos Burton), Shawn Doyle (Sadavir Errinwright), Shohreh Aghdashloo (Chrisjen Avasarala), Frankie Adams (Roberta "Bobbie" W. Draper)
Produzenten: Broderick Johnson, Andrew Kosove, Sharon Hall, Sean Daniel, Jason F. Brown, Mark Fergus, Hawk Ostby, Naren Shankar
Basiert auf der gleichnamigen Romanreihe von Daniel Abraham & Ty Franck
Staffeln: 3+
Anzahl der Episoden: 24+


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