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Seit der Ankündigung, dass Zack Snyders ursprüngliche Version von Justice League doch noch das Licht der Welt erblicken wird, ist der sogenannte Snyder-Cut des Films in aller Munde. Doch wie kam es eigentlich dazu, dass die DC-Fans über Jahre so vehement die Veröffentlichung dieser Filmfassung forderten, und wie unterscheidet sich der Snyder-Cut eigentlich von der Justice-League-Version, die im November 2017 in die Kinos kam? Die Antwort auf diese Fragen sind in der Entwicklung des DC Extended Universe zu finden und fallen etwas umfangreicher aus.
Snyder startet das DCEU
Nachdem Warner Bros. mit Christopher Nolans Dark-Knight-Trilogie von 2005 bis 2012 große Erfolge feiern konnte, richtete das Studio seinen Blick anschließend auf Superman. Nolan selbst hatte zwar mit Superhelden abgeschlossen, blieb aber zumindest als Produzent an Bord. Für die Regie sicherte sich Warner Bros. die Dienste von Zack Snyder, der 2013 dann auch Man of Steel in die Kinos brachte und Superman einen neuen Anstrich verpasste.
Die neue, etwas düstere Interpretation des ikonischen Helden schlug sich sowohl an den Kinokassen als auch beim Publikum zwar nicht überragend, war jedoch erfolgreich genug, dass Warner den Film anschließend als Startpunkt für ein eigenes Filmuniversum bestimmte und dessen Entwicklung in die Hände von Snyder legte. Der Regisseur hatte ursprünglich wohl einen Plan für insgesamt fünf Filme, wobei Batman v Superman: Dawn of Justice der düstere Tiefpunkt sein sollte, während die folgenden Justice-League-Abenteuer einen immer optimistischeren und hoffnungsvolleren Ton angenommen hätten.
Der Stock in der Speiche
Als Batman v Superman: Dawn of Justice im März 2016 in die Kinos kam, gab es allerdings den ersten Stolperstein für Zack Snyder und Warner Bros. Der Film kam bei vielen Zuschauern und Kritikern nicht gut an, allerdings gab es auch einige Fans. Finanziell war das Einspielergebnis mit 873 Millionen Dollar ebenfalls stark, allerdings auch nicht so gut, wie man es für den ersten gemeinsamen Leinwandauftritt von Batman, Superman und Wonder Woman erwarten würde.
Kritiken an Dawn of Justice drehten sich vor allem um die Tatsache, dass der Film vielen Zuschauern zu düster und auch zu lang gewesen war und zu wenig spaßige Momente enthielt. Das Problem für Justice League an dieser Stelle war der Zeitplan. Der Begann der Dreharbeiten war bereits für einen Monat, nachdem Batman v Superman: Dawn of Justice in den Kinos gestartet war, angesetzt. Viel Zeit für Anpassungen gab es also nicht. Allerdings wurden die ursprünglichen Pläne von Snyder tatsächlich erst einmal zu den Akten gelegt.
Wie der Regisseur später enthüllte, sollte Justice League in einer düsteren Zukunft spielen, die auch schon kurz in Batman v Superman: Dawn of Justice zu sehen war. In dieser hätte Darkseid Lois Lane getötet und anschließend Superman unter seine Kontrolle gebracht. Der Film hätte sich nun um Batmans Versuch gedreht, gemeinsam mit The Flash in die Vergangenheit zu reisen, um die Entwicklung zu stoppen. Warner Bros. war von dem Skript jedoch nicht begeistert und auch Snyder gab später zu, dass man aufgrund der Reaktionen zu Dawn of Justice so verunsichert war, dass man sich entschied, in eine andere Richtung zu gehen.
Snyder dreht seinen Film
Nachdem die ursprünglichen Ideen verworfen worden waren, machte sich Snyder mit einem neuen Drehbuch zunächst ans Werk. Die Dreharbeiten waren im Dezember 2016 abgeschlossen, und nun beginnt die eigentliche Geschichte des Snyder-Cuts. Im Januar 2017 hatte Snyder eine Schnittfassung des Films erstellt, welche allerdings rund vier Stunden umfasste. Diese schnitt er auf 2 Stunden und 20 Minuten zusammen und zeigte sie den Studioverantwortlichen.
Als Reaktion auf die Kritik an Dawn of Justice soll auch Snyders Version einen deutlich leichteren Ton gehabt haben und grob dem Plot der letztendlichen Kinofassung gefolgt sein. Batman und Wonder Woman rekrutieren die Helden der Erde, um Superman wiederzubeleben und Steppenwolf zu besiegen. Allerdings hatte Snyders Film viel mehr Hintergrundinfos sowie neue Nebenfiguren, und der Regisseur investierte deutlich mehr Zeit in den Aufbau der Welt.
Auch die gekürzte Version kam bei den Verantwortlichen von Warner Bros. allerdings nicht extrem gut an. Es wurde entschieden, dass der Film noch weitere Arbeit benötigt und Nachdrehs stattfinden sollten. Bevor es dazu kam, stieg Snyder jedoch aus dem Projekt aus. Hintergrund war der tragische Suizid seiner Tochter, in deren Folge sich der Regisseur mit seiner Frau Deborah, die Justice League als Produzentin betreute, aus der Öffentlichkeit zurückzog und die Arbeit an dem DC-Film abgab.
Joss Whedon übernimmt
Die undankbare Aufgabe, Justice League fertigzudrehen, fiel nun in die Hände von Joss Whedon. Dieser hatte mit The Avengers und Avengers: Age of Ultron bewiesen, dass er große Superheldenfilme drehen kann, im Falle von Justice League stand er jedoch vor einer Mammutaufgabe. Allein die Tatsache, dass die Stile von Snyder und Whedon nur bedingt ähnlich sind, wäre schon ein Problem für sich gewesen, das Studio Warner Bros. machte die Aufgabe aber noch schwerer.
So hatten die Studioverantwortlichen nach der Kritik an Batman v Superman: Dawn of Justice die Angewohnheit entwickelt, fast schon zu extrem auf Fanmeinungen und kritische Stimmen zu reagieren. Grundsätzlich mag es keine schlechte Sache sein, sich Kritik zu Herzen zu nehmen, Warner Bros. machte allerdings gern einmal gleich eine 180-Grad-Drehung. Die Zerstörung von Metropolis in Man of Steel war zu krass? Von jetzt an wird nur noch in menschenleeren Orten gekämpft! Dawn of Justice ist zu düster? Jeder DC-Film muss jetzt spaßig und leicht sein! Dawn of Justice ist zu lang? Justice League darf maximal eine Laufzeit von 120 Minuten haben!
Das erste Opfer der Studiopolitik war Suicide Squad. Nachdem ein eher spaßiger Trailer zum Film bei der Comic-Con relativ gut angekommen war, entschied sich das Studio kurzerhand, den gesamten Schnitt an das Unternehmen zu geben, welche auch den Trailer geschnitten hatte. Regisseur David Ayer hatte nicht mehr viel zu melden und musste mit ansehen, wie sein Film erheblich verändert wurde. Das fertige Ergebnis gilt für viele DC-Fans als mit Abstand schwächster Film des DCEU.
Joss Whedon hatte also keinen einfachen Job und versuchte, mit neuen Szenen ein halbwegs rundes Gesamtwerk zu schaffen. Unter anderem drehte er nahezu alle Szenen mit Superman neu, inklusive dessen Wiederbelebung, inszenierte ein neues Finale und schnitt vieles von der Hintergrundgeschichte von Aquaman, The Flash und Cyborg aus dem Film. Besonders Cyborg sollte eigentlich eine viel größere Rolle haben und wurde als emotionales Herz des Films beschrieben. Auch der Zeitreise-Aspekt soll in Snyders-Film noch eine kleine Rolle gespielt haben, und der Oberschurke Darkseid war tatsächlich zu sehen.
Fans fordern den Snyder-Cut
Am Ende kam mit Justice League im November 2017 ein Kompromissfilm in die Kinos. Wie bei vielen Kompromissen war am Ende niemand so wirklich zufrieden. Entsprechend dauerte es auch nicht lang, bis die ersten Fans die Veröffentlichung von Zack Snyders Version forderten. Das Hashtag #ReleaseTheSnyderCut wurde zum Markenzeichen der Bewegung. In der Folge gab es jedoch immer wieder unterschiedliche Aussagen darüber, ob und in welcher Form der Snyder-Cut überhaupt existiere. Klar war allerdings bald, dass Warner nicht einfach eine alternative Schnittfassung auf eine Blu-ray packen konnte. Der Snyder-Cut war ein unfertiger Film, der einiges an Aufwand benötigen würde, bevor er für eine Veröffentlichung bereit sei.
Über zwei Jahre passiert wenig und Warner Bros. erteilte dem Snyder-Cut wiederholt eine Absage. Im November 2019, als der Veröffentlichungstermin von Justice League sich zum zweiten Mal jährte, sorgte #ReleaseTheSnyderCut dann erneut für Aufsehen in den sozialen Netzwerken. Selbst Darsteller wie Gal Gadot und Ben Affleck schlossen sich der Forderung an. Daraufhin nahm Warner Bros. schließlich zum ersten Mal Kontakt zu dem Regisseur auf, und es begannen Gespräche darüber, wie eine Veröffentlichung des Snyder-Cuts aussehen könnte und vor allem, was sie kosten würde.
Im Mai erfolgte dann schließlich die offizielle Ankündigung. Zack Snyder erhält zwischen 20 und 30 Millionen Dollar, um die Postproduktion inklusive Musik und Effekte sowie zusätzliche Sprachaufnahmen an seiner Version von Justice League abschließen zu können. Dabei muss sich der Regisseur wohl auch zeitlich nicht mehr einschränken. Der Film soll eine Laufzeit von vier Stunden haben, wobei auch eine Veröffentlichung als Mini-Serie diskutiert wird. Bis es soweit ist, wird aber noch etwas Zeit vergehen. Der Snyder-Cut soll 2021 beim Streaming-Dienst HBO Max erscheinen.