Marvel-Comic-Kritik zu Savage Sword of Conan 1 & Age of Conan: Bêlit

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Savage Sword of Conan 1

Dass Robert E. Howard 1932, also in dem Jahr, in dem eine sehr besondere Comic-Reise ihren Anfang nahm, auch nur geahnt hat, dass die Figur, die er gerade im wahrsten Sinne des Wortes auf seine Leser losgelassen hatte, einmal Kultstatus erreichen würde, darf stark bezweifelt werden. Dass anno 2020 die Nennung des von ihm erdachten Heldennamens alleine genügt, um selbst bei Nicht-Popkultur-Enthusiasten sofort ein Bild vor dem geistigen Auge entstehen zu lassen, ebenfalls. Und doch gehört Conan aus heutiger Sicht unbestreitbar zu den Charakteren, die einen festen Platz in allen Comic-Shops dieser Welt haben. Zumal der verlorene Sohn neuerdings (seit Anfang 2019) wieder in den Schoß der Marvel-Familie zurückgekehrt ist, der er bereits von 1970 bis 2000 angehört hatte.

Nach dem Dynamite- und Dark-Horse-Comics-Logo sollte folglich wieder der berühmte rote Schriftzug die Cover der barbarischen Hefte zieren. Und der Hauptserie annehmen sollte sich niemand Geringerer als einer der Top-Autoren des Verlags: Jason Aaron - nach eigener Aussage einer der größten Conan-Fans überhaupt, der nicht erst mit seinem fantastischen Thor-Run bewiesen hat, was er zu leisten imstande ist. Schnell war aber klar, dass das House of Ideas von Anfang an plante, die Hyborische Welt mit all ihren Facetten als Schauplatz zahlreicher neuer Abenteuer, die durchaus auch - vom Conan-Status-quo aus betrachtet - in der Vergangenheit spielen können, nutzen wollte. So gehörte neben dem eben angesprochenen Conan - Der Barbar noch Savage Sword of Conan sowie die Anthologie-Reihe Age of Conan zum Start-Line-up, für die (wenig überraschend) andere Kreativteams zuständig waren respektive sind. 

Der Kult von Koga Thun

Das im letzten Absatz angesprochene Savage Sword of Conan macht auch in der neuen Ära seinem Namen alle Ehre: Denn dieser Titel stand schon vor vielen Jahren für die etwas brutaleren und gelegentlich auch etwas freizügigeren Geschichten, die sich gezielt an ein erwachseneres Publikum richteten. Autor Gerry Duggan, den die meisten wohl mit Deadpool assoziieren dürften, war sich dieses Umstands ganz offensichtlich bewusst. Denn er schont Conan in der ersten von ihm verantworteten und in sich abgeschlossenen Story in keiner Weise.

Im Gegenteil: In Der Kult von Koga Thun ertrinkt der populäre Muskelprotz nicht nur fast, sondern muss einigen Menschenhändlern unmittelbar danach auch noch mit Nachdruck erklären, warum sich ein Cimmerier nicht einfach so verkaufen lässt. Außerdem begibt er sich gemeinsam mit dem Sklaven Suty auf eine gefährliche und ungewöhnliche Schatzsuche, die - wie sollte es auch anders sein? - keinen guten Ausgang nimmt. Dies hat hauptsächlich mit einigen Schlangenmenschen zu tun, deren Oberhaupt besagter Koga Thun ist.

Für Neueinsteiger dürfte es ungewöhnlich sein, dass man beim Lesen eher das Gefühl hat, dass Zeichner Ron Garney eigentlich als dominanter Erzähler fungiert und weniger Duggan. Wer sich allerdings etwas besser mit dem fiktionalen Mythos rund um den etwas anderen Helden auskennt, weiß, dass dieser noch nie zu den Vielrednern gehört hat. Wenige Sprechblasen und Zusatzinformationen sind daher seit jeher im Conan-Kontext Regel statt Ausnahme. Dies bedeutet einerseits, dass den Bildern automatisch noch mehr Bedeutung als ohnehin schon zukommt, jedoch ebenso, dass die Worte einen möglichst nicht aus der Handlung herausreißen dürfen. Es gibt die kurzen Momente zum Verschnaufen, in denen man als Leser neue Eindrücke auf sich wirken lassen kann. Die meisten Seiten leben aber von Action, Wucht und Dynamik, von kräftigen Farben und insbesondere von Garneys kantigem Stil. Wenn die intensive Auseinandersetzung mit einem Paperback rund um den Barbaren förmlich zu einem Erlebnis wird, spricht das letztlich für die Arbeit der zuständigen Comic-Schaffenden.

Age of Conan: Bêlit - Die Königing der schwarzen Künste

Die Königin der Schwarzen Küste

Wer sich so gar nicht mit dem einst von Arnold Schwarzenegger verkörperten Protagonisten anfreunden kann, dem sei gesagt: Dieser ungemein facettenreiche Kosmos hat noch viele weitere spannende Figuren zu bieten, zum Beispiel Bêlit. Der Leser lernt diese noch als junges Mädchen kennen, das nur ein Ziel hat: Piratin werden, Kapitänin, eine Herrscherin der See; oder anders gesagt: Sie möchte in die Fußstapfen ihres Vaters Arathasis treten. Das Verhältnis zwischen ihm und seiner Tochter war schon immer ein spezielles, was der Beginn des Ganzen auf tragische Weise unterstreicht.

In den meisten Panels geht es dann auch um ihre Zeit als Kommandantin der Tigerin, dem Schiff, auf dem die toughe und machtbewusste Antiheldin praktisch aufgewachsen ist und an dessen Steuer sie im Prinzip von klein auf stehen wollte. Es geht vor allem auch darum, eine Anführerin zu zeigen, die all jenen, die ihr schaden könnten, das Richtige entgegenzusetzen weiß. Dabei profitiert Bêlit auch davon, dass viele dieser zumeist sehr eitlen Zeitgenossen sie trotz des Rufes, den sie sich in Windeseile erarbeitet hat, unterschätzen. Dies hat umgekehrt zur Folge, dass sie nur sehr wenige Menschen an sich heranlässt respektive vertraut.

Dieser Umstand macht es selbst für diejenigen, die ganz eindeutig ihr Bestes wollen, sehr schwer, die Kriegerin zu unterstützen. Und Hilfe kann sie eigentlich dringend gebrauchen. Denn wer stets auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist und wenig zimperlich agiert, macht sich sehr schnell sehr viele Feinde - gerade auch dann, wenn man bevorzugt mächtigen Männern auf den Schlips tritt. All das macht diese Figur allerdings auch so interessant. Zumal die Frau, in die sich Conan einmal verlieben wird, auch mit ihren inneren Dämonen zu kämpfen hat. Diese Momente werden ebenso wie alle anderen wunderbar von Kate Niemczyk zu Papier gebracht. Die Zeichnerin legt großen Wert auf eine sehr realistische Darstellung des präsentierten Geschehens - dies gilt auch für übernatürliche Phänomene. Jedoch sind es nicht nur die Bilder, die einen länger auf einer Seite verharren lassen. Autorin Tini Howard ist es ebenfalls zu verdanken, dass man ein Teil dieser Crew bleiben und auf hoher See sowie an Land weitere Abenteuer dieser Art erleben möchte.

Fazit

Die ersten Bände von Savage Sword of Conan und Age of Conan sind der beste Beweis dafür, dass es eine kluge Entscheidung von Marvel war, seinen verlorenen Sohn wieder im Kreise der Familie zu begrüßen.

Die Hyborische Welt und ihre Bewohner unterscheiden sich spürbar von vielem, was die Welt der Popkultur ansonsten zu bieten hat, weswegen auch nicht zu befürchten steht, dass den verschiedenen Kreativ-Teamsbald nicht mehr genug einfallen wird, um jeder der neuen Reihen gerecht werden zu können. Wer Conan will, der bekommt Conan und erfreulicherweise sogar noch deutlich mehr.

zusätzlicher Bildnachweis: 
© Marvel Comics

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