pokemon-sun-and-moon-character-art3.jpg
Das Mobile-Spiel Pokémon Go hat der alten Handheld-Reihe kurzweilig neuen Ruhm in der Öffentlichkeit beschert. Gebraucht haben die Spiele vom japanischen Entwickler Gamefreak die Aufmerksamkeit nicht wirklich: Seit Pokémon Rot und Blau aus dem Jahr 1996 haben sich dutzende Ableger millionenfach verkauft.
Das Erfolgsgeheimnis ist einfach: Die Rollenspiele rund um das Fangen und Entwickeln der namensgebenden Monster richtet sich an quasi alle Altersklassen. Kinder haben Spaß daran, zum ersten Mal die Welt zu erkunden, während erwachsene Veteranen sich mit den erstaunlich tiefen Kampf-Mechaniken beschäftigen.
Was machen also die neuen Editionen Sonne und Mond zwanzig Jahre später neu? Dafür sollte man die Herangehensweise vom Entwickler kennen. Innovationen gibt es von Jahr zu Jahr nur äußerst wenige. Sehr vorsichtig werden neue Mechaniken eingeführt, man möchte schließlich niemanden verschrecken und das Erfolgsrezept beibehalten.
Die Prämisse ist einfach: Der Protagonist ist neu auf die Alola-Inseln (Hawaii lässt grüßen) gezogen und macht sich auf in ein Abenteuer, um der stärkste Pokémon-Trainer zu werden. Dabei wird wieder gegen schurkische Organisationen gekämpft und das freundschaftliche Zusammenspiel mit Pokémon und Nebencharakteren in den Mittelpunkt gestellt.
©Nintendo
Urlaub auf Hawaii - mit Pokémon
Die wohl größte Stärke der Spiele ist erstaunlicherweise die Geschichte und deren Inszenierung. Das Muster mag den Vorgängern stark ähneln, dennoch kann neue Technik viel verändern. Die Zwischensequenzen beinhalten erstmals filmische Kamerafahrten, womit die Geschichte von Anfang an mitreißender wirkt.
Auch tragen gut geschriebene Charaktere einen großen Teil zum Spielspaß bei. Die Hauptfigur ist erstmals nicht der Protagonist, sondern die mysteriöse Lilly. Das vorsichtige Mädchen im weißen Kleid trägt ein legendäres Pokémon in ihrer Sporttasche mit sich herum und ist trotzdem pazifistisch, kritisiert also den Kampf mit den Taschenmonstern.
Im Lauf der Erzählung wird so nicht nur der Protagonist stärker, auch Lilly beginnt sich zu verändern. Sie wird selbstsicherer und lernt erstmals Freundschaft kennen.
Was wie ein oberflächliches Jugenddrama klingt ist aber eine gut geschriebene Geschichte der Selbstfindung, die geschickt etwas für alle Altersgruppen bietet. Der Spieler sieht Lilly dabei zu, unterstützt sie und merkt, dass es mehr als schiere Kampfeskraft braucht, um die Welt der Pokémon nachhaltig zu verändern.
Und für alle Spieler, denen Dramaturgie egal ist, kann Pokémon Sonne und Mond auch den besten Humor der Reihe bieten. Wortwitze und das ständige Ankratzen der vierten Wand sind hervorragend dosiert und weisen immer wieder auf die Absurdität der aktuellen Situationen hin. So hinterfragen die Mitglieder der feindlichen Organisation Team Skull ständig, warum sie eigentlich so böse sind, wenn sie doch nur harte Gangsterrapper sein wollen.
©Nintendo
3D-Effekte und neue Mechaniken
Technisch gesehen ist in den neuen Teil etwas Absurdes passiert: Um die Rechenkraft für die Kamerafahrten zu gewinnen, hat Gamefreak auf das prominenteste Feature vom Nintendo 3DS verzichtet: Den 3D-Effekt. Das kann man verkraften und ist auch gerade im Hinblick auf Spekulationen zu einem neuen Pokémon-Spiel auf der (nicht 3D-fähigen) Nintendo Switch interessant.
Einen Schritt zurück geht es auch mit den neuen Monstern: Den inzwischen über 800 Pokémon wurden nur wenige Dutzend neue hinzugefügt. Stattdessen haben viele der Älteren einen neuen Look bekommen, der mit dem warmen Klima der Alola-inseln begründet wird.
Damit das auch niemand verpasst, wird unter anderem diese Neuerung in dem rekordverdächtigen Fünf-Stunden-Tutorial eingeführt. Das kostet selbst bei Neulingen viele Nerven, weswegen es umso befreiender ist, die Region danach halbwegs frei erkunden zu dürfen.
Fazit
Eigentlich kann jeder Pokémon Sonne und Mond bedenkenlos spielen, da sie weiterhin universell jeden ansprechen. Nicht jede neue Mechanik ist perfekt und 3D-Fanatiker müssen sich enttäuscht mit dem vorzeitigen Ende der Technik abfinden, aber schlussendlich hat die Reihe auch nach zwanzig Jahren ihre wichtigste Eigenschaft nicht verloren: Die Herzlichkeit.
Pokémon Sonne und Pokémon Mond sind seit dem 25. November für den Nintendo 3DS erhältlich (z.B. bei Amazon).