Kritik zu Stolz und Vorurteil und Zombies: Nicht Fisch, nicht Fleisch

Jane Austens Geschichte über die Gepflogenheiten der britischen Oberschicht und dem steinigen Weg zu wahrer Liebe trotz Stolz und Vorurteil wurde seit Erscheinen vor etwa 200 Jahren auf zahlreiche Art und Weise adaptiert. 2009 erschien mit Seth Grahame-Smiths Buch Stolz und Vorurteil und Zombies eine etwas andere Version, die ganz in die erneute Zombie-Fanwelle passte. Morgen kommt die Verfilmung der Parodie endlich auch hier in Deutschland in die Kinos.

Die Prämisse des Films

England, 1811, ländliche Anwesen in den weiten Landschaften irgendwo nicht all zu weit entfernt von London. Über vermehrten Handel und Schiffsreisen ist der Zombievirus auf die Insel gekommen. Die Oberschicht zieht sich auf geschützte Refugien zurück und führt, abgesehen von einigen Schutzmaßnahmen, ihr Leben relativ normal wie zuvor weiter - es dreht sich also viel um Stand und die angemesse Vermählung der Töchter. Auch Mrs. Bennet hätte gerne schon längst ihre fünf Töchter an ehrenwerte, gut situierte Herren vermittelt, doch ihrem Mann Mr. Bennet lag noch mehr an einer gründlichen Ausbildung. Er schickte seine Töchter zum Erlernen diverser Kampfkünste nach China. Und auch im Anschluss trainieren die Mädchen zu Hause weiter täglich, um stets fit und bereit für die Selbstverteidigung zu sein. Das restliche Land, und insbesondere die ärmeren Bevölkerungsschichten, haben schon wesentlich mehr mit den gar nicht mal so uncleveren Untoten zu kämpfen.
Dieser Unterschied wird auch in den beiden gegensätzlichen, verfeindeten Figuren Mr. Darcy, erfahrener Zombiejäger, und dem Soldaten Mr. Wickham deutlich.

Die Chemie stimmt nicht

Die Kritik soll möglichst spoilerfrei bleiben und geht an dieser Stelle nicht zu sehr in die Tiefe. Aber ein Hauptproblem des Films wird direkt in der Eingangszene, in der Colonel Fitzwilliam Darcy auf gepflegter Zombiejagd eine Teegesellschaft sprengt, deutlich: Sam Riley kann als Mr. Darcy leider nicht so recht überzeugen. Zumal in der drauf folgenden Titelsequenz Charles Dance im Voice-Over als Mr. Bennet, über eine schöne Umsetzung im Papiertheater-Stil, erklärt, wie es zur aktuellen Situation mit den Zombies überhaupt kam - und dies der passendere Einstieg in den Film gewesen wäre. Nun ist Sam Riley gewiss kein schlechter Schauspieler. Doch zum einen dürfte es schon am Drehbuch für seine Rolle haken, zum anderen braucht es an der Seite einer von Lily James sehr gut dargestellten Elisabeth und auch im Kontrast zu Matt Smiths korrekt trotteligen Umsetzung von Mr. Collins einfach einen deutlich stärkeren Gegenpart. In keiner der Szenen zwischen Darcy und Elisabeth stimmt die Chemie im Zusammenspiel der Charaktere. Was, egal ob Parodie oder nicht, nunmal ein Hauptbestandteil jeder Adaption von Stolz und Vorurteil ist. Und auch den besten Zombiejäger weit und breit mag man ihm, wieder insbesondere im Vergleich zum Rest, nicht so recht abkaufen.

Nicht Fisch, nicht Fleisch

Das, was sich bei Mr. Darcy im Kleinen an einer Figur zeigt, ist auch symptomatisch für den ganzen Film. Er hat viele schöne Ansätze, aber nichts wird wirklich konsequent durchgezogen, was zu einem etwas unbefriedigenden Filmerlebnis führt. So wird die Welt von Jane Austen an sich gut angegangen. Man hätte bei einer reinen Parodie alles wesentlich mehr ins Lächerliche ziehen können, macht dies aber nicht, und besetzt den Großteil der Figuren mit Schauspielern, die auch in einer ernsthaften Neuverfilmung bestehen könnten. Schon Grahame-Smith, Autor der Vorlage, hat viel Originaldialoge übernommen. So bereiten insbesondere die Bennet-Geschwister mit ihren Eltern Freude, gerade durch die Kombination mit den vielen Kampfszenen und Trainigsspielchen der Töchter. Im Kontrast zu den akkuraten Tanzveranstaltungen macht es dann richtig Spaß und man wünscht sich mehr Period Drama mit diversen Klingen griffbereit an und unterm Kleid.
Problem ist jedoch, dass auf der einen Seite die meisten Charaktere aus Jane Austens Vorlage beibehalten, auf der anderen Seite ihnen aber nicht genug Raum gegeben wird. So ist die Geschichte zwischen Darcys Freund Bingley und Jane, der ältesten Bennet-Tochter, im Prinzip ebenso hinfällig wie die Verbindung zwischen der jüngeren Schwester Lydia und dem nicht ganz so ehrenhaften Mr. Wickham. Auch Elisabeths beste Freundin Charlotte kommt quasi aus dem Nichts, um den unbeliebten Mr. Collins zu heiraten - etwas, was man zugunsten anderer Charaktere auch gut ganz hätte weglassen können. Den Weg zu Mr. Collins Patronin Lady Catherine de Bourgh, die in dieser Version eine, von Lena Headey amüsant gespielte, einäugige, erfolgreiche Zombiejägerin und erfahrene Kämpferin ist, hätte man auch so gefunden.

Und auch beim Zombie-Part gib es Schwächen. Man merkt zwar an vielen Stellen, wie gut die beiden Dinge eigentlich zusammen funktionieren können, doch leider wird es nicht konsequent durchgezogen. Dass die Zombies in dieser Welt durchaus etwas cleverer sind und nicht einfach röchelnd durch die Gegend schlurfen, ist ein netter Ansatz, aber viele Stränge verlaufen ins Nichts. Was ist zum Beispiel mit den vier Zylinderträgern der Apokalypse? Und auch aus der Gemeinschaft der Zombies, die keine Menschen fressen, hätte deutlich mehr rausgeholt werden können, statt sich in immer neuen Szenen zu verlieren. Zumal an den meisten Stellen die Untoten etwas zahnlos wirkten und so die angeblich große Bedrohung Richtung Ende nicht überzeugt.

Fazit

Der Film ist durch die im Ansatz typische und optisch schöne Umsetzung eines Jane-Austen-Films im Bruch mit den starken Kampfszenen und den Unannehmlichkeiten, die ein Zombieausbruch so mit sich bringt, durchaus spaßig. Leider ist die Geschichte aber nicht ganz rund - Konzentration auf wenigere Charaktere und einzelne Handlungsstränge, die man dafür konsequent durchzieht, hätten vermutlich zu einem deutlich befriedigenderen Filmerlebnis geführt. Dennoch habe ich jetzt Lust auf Sinn und Sinnlichkeit und Seemonster.

STOLZ UND VORURTEIL & ZOMBIES Exklusiv Trailer German Deutsch (2016)

STOLZ UND VORURTEIL UND ZOMBIES | Trailer & Filmclips [HD]

Originaltitel:
Pride and Prejudice and Zombies
Kinostart:
09.06.16
Regie:
Burr Steers
Drehbuch:
Burr Steers
Darsteller:
Lily James, Sam Riley, Jack Huston, Bella Heathcote, Matt Smith, Charles Dance, Lena Headey
Stolz und Vorurteil und Zombies erzählt die klassische Jane-Austen-Geschichte in einem Zombie-Universum. Der Film basiert auf einem Roman von Seth Grahame-Smith.

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