Kritik zu Doom Eternal: Alte Schule, neues Kaliber

Doom Header

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Lange Zeit war Doom der Vater aller Shooter, ein Relikt der Vergangenheit. Der dritte Teil sah zu seiner Veröffentlichung gut aus, bleibt aber bis heute das ungeliebte Stiefkind außerhalb des Kanons. 2011 wurden die ersten zwei Teile hierzulande endlich vom Index gestrichen, doch wer sie bis dahin spielen wollte, hatte auf etlichen anderen Wegen die Möglichkeit dazu. Im Mai 2016 dann der plötzliche Überraschungserfolg: Mit einem Reboot, was auf den einfachen Namen Doom hörte, konnten die Entwickler von id Software alte Fans, neue Fans und Kritiker gleichermaßen überzeugen. Ein unvergesslicher Metal-Soundtrack und überragendes Spielgefühl haben geholfen, doch niemand konnte den Finger darauf legen, was genau den Titel erfolgreich gemacht hat.

Nach der Veröffentlichung des lang erwarteten Nachfolgers Doom Eternal ist klar - die Entwickler selbst wurden 2016 am meisten vom Erfolg überrascht. Was die Formel für ihr Geheimrezept genau ausmacht, weiß auch bei ihnen niemand so genau. Denn der Nachfolger hätte einfach mehr vom Gleichen sein können und würde sich wie warme semmeln verkaufen - doch ein wenig Veränderung wollte man wohl nicht missen. Diese neuen Elemente treten aber neben dem bewährten Kernkonzept sofort ins Auge und können auf lange Sicht sogar störend wirken. Doch wann wird die Idee von Doom von einem guten zu einem sehr guten Spiel und wann nicht?

DOOM - ist das nicht der Film mit The Rock?

An dieser Stelle würde sich die Kritik normalerweise der Erzählung widmen, aber das kann man sich bei Doom Eternal ja sparen, nicht wahr? Falsch gedacht, lieber Leser. Denn obwohl die Reihe sich eigentlich nur mit größter Behutsamkeit darum gedreht hat, wie eine Kettensäge gigantischen, gehörnten Kreaturen das Fleisch von den Rippen entfernt, hielten die Entwickler es nun für notwendig jeden Vorgang zu erklären. Der Spieler kriegt Antworten auf Fragen, die er sich nie gestellt hat. Wie lösen Dämonen Seelen aus Körpern? Ist der Doomguy ein Mensch oder ein Gott? Wer ist eigentlich Gott? Hat er Tentakel? Und wie groß muss eine Waffe sein, damit man ein Loch in den Mars schießen kann?

Doom Arena

Leider werden 70 Prozent nur auf Bücherseiten erzählt, die in den Leveln versteckt sind. Das heißt: Die Action muss unterbrochen werden und es gibt plötzlich eine Kurzgeschichte über himmlische Dimensionen. Klar, niemand ist dazu gezwungen, doch an den Stellen wird klar die Zielgruppe ignoriert und das Ziel des Spiels - Dämonen zu zerlegen - ignoriert. Denn die ohnehin lange Spielzeit muss nicht unbedingt gestreckt werden, um die Rolle des Doom Slayers in den Konflikt von Himmel und Hölle zu erklären oder gar die ersten zwei Teile handlungstechnisch einzuordnen. Das sorgt nämlich weniger für einen Aha-Effekt als für Schulterzucken. Vielleicht wirkt das kurz ein wenig interessant, aber in der Zeit hätte man eben auch die Stärken von Doom Eternal ausspielen und Dämonen in Arenen zu fetzigem Metal mit doppelläufiger Schrotflinte erlösen können.

Vom Mars in die Hölle, den Himmel und zurück

Dieser sogenannte Gameplay-Loop ist das Herz des Vorgängers und auch jetzt geht es erneut durch viele Aufeinandertreffen mit Dämonen verschiedenster Art, die in geschlossenen Räumen oder Umgebungen besiegt werden müssen. Das passiert nicht taktisch, sondern mit dreifacher Geschwindigkeit militärischer Spiele wie Call of Duty. In Doom wird gesprungen, ausgewichen und sich mit Enterhaken von Gegner zu Gegner gezogen, während diese in blutigen Fontänen aufgehen. Adrenalin und Musik sorgen für den einzigartigen Sog, der schon vor vier Jahren viele Spieler nicht mehr losgelassen hat.

Auch dieses Mal gibt es wieder einige Gadgets wie Flammenwerfer, die Rüstung fallen lassen, Eisgranaten und andere kuriose Neuerungen im Waffenarsenal. Die Entwickler verpacken diese in unzählige Systeme, die freigeschaltet werden müssen, was erst gewöhnungsbedürftig ist. Ob dies eine konsequente Weiterentwicklung oder verzweifelte Suche nach mehr Inhalten ist, muss jeder für sich entscheiden.

Doom Crucible

In Doom (2016) konnte der Spieler vielschichtige Kämpfe noch spontan ohne große Probleme mit seinem gesamten Arsenal angehen, nun ist mehr Feingefühl für Spezialgeräte gefragt. Für viele mögen mehr Möglichkeiten auch mehr Spaß bedeuten, doch Puristen sehen das wohl als unnötige Veränderung eines funktionierenden Systems an. An einigen Stellen haben die Entwickler definitiv zu viel gewollt: Beispiel ist der Bossgegner Marauder. Nach einem Kampf zur Hälfte des Spiels taucht er noch rund ein Dutzend Mal in größeren Scharmützeln auf - und bremst diese unnötig aus. Denn der Gegner kann alle Angriffe mit einem höllischen Schild abwehren und nur pariert werden, wenn er selbst eine Attacke startet. Während die brachialen Klänge von Mick Gordon im Hintergrund weiter donnern, lässt das Adrenalin nach, während der Spieler auf seinen Zug warten muss.

Fazit

Doom Eternal ist unverkennbar ein moderner Doom-Titel, der Oldschool-Shooter aufleben lässt und moderne Elemente übernimmt. Doch “mehr” davon zu integrieren, glückt nicht immer. Mehr Handlung braucht es definitiv nicht, mehr Systeme und Upgrades im Menü auch nicht immer und mehr Spielzeit bei etwa 20 Stunden sind auch etwas zu großzügig, bis endlich der Endboss angegangen werden kann. Natürlich können die meisten Spieler über mehr Inhalte einfach hinwegschauen, für viele sind diese auch kein Grund zur Beschwerde, doch die Entwickler sollten sich nun auf alte Stärken besinnen.

Doom Eternal ist für PC, Playstation 4 und Xbox One und bald auch Nintendo Switch erhältlich.

zusätzlicher Bildnachweis: 
© Bethesda

DOOM Eternal – Official Launch Trailer

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