Forget Me Not - Kritik zu Star Trek: Discovery 3.04

SPOILER

Star Trek: Discovery 3.04 “Vergiss mich nicht” (OT: “Forget Me Not”) teilt sich recht konsequent in zwei Erzählstränge. Beide sind stellenweise sehr übers Knie gebrochen, ähneln aber klar klassischen Füller-Episoden von Star Trek: The Next Generation und Co..

Außenmission hinterm Parkplatz

Erfreulicherweise zieht sich Adiras Gedächtnisverlust nun doch nicht über die ganze Staffel, sondern wird direkt im Eilverfahren erledigt. Sie hat keine Ahnung, wie sie an ihren “Tintenfisch” gekommen ist und wer sie überhaupt ist. Keiner kennt sich mit Trill-Symbionten aus, vor allem nicht in einem menschlichen Wirt - also einfach mal eben den Sporenantrieb (jetzt nicht mehr schädlich?) genutzt für einen Abstecher nach Trill. Culber wird von den Serienmachern an Bord der Discovery gebraucht, wo man für Burnham gerade keine Verwendung hat, also soll Michael Adira begleiten.

Was für ein Glück, dass es den Planeten überhaupt noch gibt und die Bewohner weiterhin freundlich gesinnt scheinen. Leider hat man das Budget für die Animation des Upside-Downs verbraten, also blieb für Trill an sich nur der Grünstreifen hinterm Produktionsparkplatz mit drei Darstellern und vier Statisten in farbcodierten Chorgewändern.

The Burn hat auch die Trill hart getroffen, es wird immer schwieriger, geeignete Wirte für die verbliebenen Symbionten zu finden. Aber dass nun ausgerechnet ein Mensch einen beherbergt, scheint ein Sakrileg zu sein, mit dem Bösewicht in Senfgelb nicht klar kommt. Praktisch, dass Burnham und Adira mit dem Shuttle gekommen sind, statt sich beamen zu lassen und man auf der Discovery auch kein Interesse an der Überwachung der Außenmission zu haben scheint. Wie sonst hätte Senfgelb-Bösewicht seinen Hinterhalt so herrlich schlecht versuchen sollen?

Avatar Adira

Zugegeben, wir sehen von Trill nicht nur den Parkplatz, sondern besuchen auch die Höhlen von Mak’ala (Star Trek: Deep Space Nine 3.04), in denen die Symbionten aufgezogen und von Wächtern gepflegt werden. Einer der Wächter (rotes Gewand) lotst Adira und Burnham zu den Becken, in denen Adira geholfen werden soll, die Verbindung zum Symbionten zu bekommen.

Ein Prozess, der deutlich spiritueller und weniger biologisch daher kommt als angenommen und von der Art der Darstellung eher an das Upside-Down aus Stranger Things und die Geisterwelt aus Avatar / Legend of Korra erinnert. Auch hier braucht es eine weitere Person, die eingreift und Adira hilft, wieder hinaus zu finden. Natürlich kann das niemand anderes sein als Burnham, während die Trill in ihren heiligen Hallen entsetzt daneben stehen.

Der Trip in den Pool bringt uns rasch Adiras Vorgeschichte: Sie ist zum Glück keine synthetische Bajoranerin, die von Klingonen entführt wurde und als Spion in Menschenkostüm dient. Adira und ihr Partner Gray lebten zusammen auf einem Generationenschiff. Gray ist Trill und hatte gerade erst den Symbionten Tal erhalten, als ihr Schiff ausgerechnet an der Stelle ihrer Kabine von einem Asteroiden getroffen wurde. Gray wurde tödlich verletzt, und da sonst gerade niemand greifbar war, hat sich Adira aus Liebe zu Gray als Wirt angeboten. Tragisch, aber eben zum Glück auch sehr simpel.

Schwups funktioniert das auch mit der Verbindung zum Symbionten und der Erinnerung an die vorherigen Wirte (musste noch jemand an den 50. Geburtstag von Doctor Who denken?), Adira ist nun offiziell anerkannter Wirtskörper und alle haben sich lieb. Tschüss, Trill.

So froh ich bin, dass das Geheimnis rund um Adira nicht ewig hinausgezögert wurde, aber emotional hätte die Folge etwas später besser funktioniert. Noch kennen wir Adira quasi gar nicht, weswegen die sofort folgende Einführung von Gray als weiteren neuen Charakter übereilt erscheint - gerade wenn man bedenkt, dass sowohl Ian Alexander (Gray) als auch Blu del Barrio (Adira) kürzlich für die vierte Staffel bestätigt wurden, uns also noch eine Weile begleiten dürften.

Counselor Culber

Wie schon letzte Woche gilt: Mit Voice-Over-Logbucheinträgen in Space als Intro bekommt jede Folge direkt Bonuspunkte. An Bord der Discovery geht Culber fröhlich tänzelnd seiner Arbeit nach - er soll den Gesundheitszustand der Crew kontrollieren und macht sich zunehmend Sorgen um die psychische Verfassung seiner Kolleginnen. Alle halten sich an das “wenn wir die Föderation finden”-Mantra, aber eigentlich hat jeder durch den Sprung durchs Wurmloch jeglichen Halt verloren. Da kann der Stresslevel schon mal hochgehen.

“It’s starting to hit everyone … just how little we have to hold onto. The personal moments we use to define ourselves - birthdays, anniversaries, graduations, funerals - we’ve jumped past all of them.”

Saru ist besorgt, aber auch ratlos, was denn nun zu tun sei. Klar, die Crew braucht wieder mehr Bindung und Halt - aber wie erreicht man das? Eine uns bereits bekannte Stimme kommt zu Hilfe: Zora! Der weiterentwickelte Schiffscomputer mit eigener Persönlichkeit, der aus dem Short Trek "Calypso"bekannt ist. Dort tauchte übrigens auch schon der Discovery-Popcornbecher auf, den in dieser Folge nun Georgiou von Linus (da geht doch was!) gereicht bekommt. Saru zieht mir etwas zu schnell die Folgerung, dass es sich bei dem Wechsel im Computersystem um das Sphärenwissen handele, das nun das Schiff und die Crew bewache. Na dann ist ja alles klar, kein Grund zur Besorgnis.

Nun interessiert es natürlich, in wie weit der Short Trek noch mit Discovery verbunden wird. Erleben wir die langsame Weiterentwicklung des Chiffscomputers hin zu Zora? Zeitlich spielt Calypso ca. 1000 Jahre nach den Ereignissen der zweiten Staffel, also theoretisch nun grob 70 Jahre in der Zukunft der aktuellen Disco-Zeitlinie?

Geh doch einfach mal spazieren

Nun bin ich wieder etwas gespalten - eigentlich begrüße ich es sehr, dass auf die Belastung der Crew eingegangen wird und Detmer nicht von Control besessen ist. Allerdings geschieht alles doch sehr im Schnelldurchlauf, und die Tipps des Computers (Yoga, Meditation, weniger Milchprodukte, Ausmalbücher, interstellares Shopping) kommen recht lapidar als gut gemeinte Ratschläge daher, die alleinstehend der Crew nun auch echt nicht sonderlich helfen dürften.

Wobei die Crew aus Überfliegern, wie es Culber ausdrückt, überhaupt erstmal eingestehen müsste, dass sie Probleme haben. “You were impaled and in a koma” -“Yeah, but other than that, he is fine”.

Stamets ist fies zu Tilly, und beim Captain's Dinner eskalieren spontan alle. Nur um sich kurz darauf schon wieder in den Armen zu liegen - eine ähnlich schnelle Wandlung wie bei den Trill. Immerhin darf Culber noch nachschieben, dass mit dem Wunderheilmittel Buster Keaton nicht gleich alles gut ist, man sich aber auf dem Weg befände.

Und wann schläft Culber nun, wenn er mit ~80 Crewmitgliedern regelmäßig ausführliche Counseling-Gespräche zur Traumabewältigung durchführen will/muss?

Fazit

“Vergiss mich nicht” kommt einerseits gleich auf den Punkt und bringt die Handlung voran, wirkt andererseits aber auch wie eine recht typische Zwischen-/Füllerepisode, in der nicht all zu viel geschieht. Das schnelle Vorangehen in beiden Handlungssträngen lässt zudem leider deutlich weniger emotionale Tiefe zu, als wenn man sich mit der Charakterzeichnung von Adira und auch den immer offensichtlicer werdenden Problemen der Crew über einige Folgen mehr Zeit und Raum gelassen hätte.

Allerdings ist die für Discovery vergleichsweise unspektakuläre Einfachheit hinter Adiras Geheimnis und Detmers Verwirrtheit arg begrüßenswert und der Episodenaufbau fühlt sich im Trek-Universum sehr vertraut an.

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