Su’kal - Kritik zu Star Trek: Discovery 3.11

SPOILER

In Star Trek: Discovery 3.11 geht es für die Serie langsam in die Zielgerade, für die Crew näher an die Lösung des nebligen Rätsels rund um den Burn und für Saru auf eine emotionale Außenmission. Norma Bailey führte die Regie nach einem Drehbuch von Anne Cofell Saunders.

Nebulös

Auch Sa’kul schließt nahtlos an die vorherige Episode an. Wir dürfen uns also noch ein paar Lobgesänge auf Georgiou anhören (genau das, was wir alle wollten und brauchten), ehe es mit der Handlung losgehen darf. Mitten in der Partystimmung erhält Stamets die überraschende Nachricht: Auf dem Kelpien-Schiff, das vor 125 Jahren mitten im Nebel gestrandet ist, gibt es noch ein Lebenszeichen. Wir werden schnell aufgeklärt: Die Wunden auf Dr. Issas (Hologramm-Kelpien) Stirn sind kein Zeichen für Schädigung durch radioaktive Strahlung, sondern ein Merkmal für eine Schwangerschaft. Es ist also anzunehmen, dass ein circa 125 Jahre alter, sehr einsamer Kelpianer überlebt hat. Zweite Überraschung im Nebel: Der Planet im Zentrum besteht fast ausschließlich aus Dilithium. Hoch wertvoll und könnte so einige Probleme lösen - aber halt auch mit sich bringen.

Da gibt es für Captain Saru kein Halten mehr - mit Sack und Pack ab in den radioaktiven Nebel. Bis ins 32. Jahrhundert hinein scheint man es immer noch nicht geschafft zu haben, dass bei ein wenig unruhiger Fahrt nicht gleich überall Nebel und Funken aus den Konsolen der Brücke sprühen.

Eine Extrarunde in der Handlung gibt es, weil noch eine actionreiche Szene mit Book und emotionaler Auflösung mit Burnham sowie Screentime für die Katze vorgesehen war. Anders kann ich mir nicht erklären, dass es in dieser Folge gleich zwei Sondereinsätze von Books praktischen wendigen Schiff braucht.

Die Zusammensetzung des Außenteams ist zu diesem kritischen Zeitpunkt an dieser hochgefährlichen Stelle ein wenig fragwürdig: Zwar sind die Verbindung und die Motivation von Saru als Kelpianer klar, jedoch sollte er als Captain jetzt wirklich nicht das Schiff verlassen und dies gleich Tillys erster Einsatz als Acting Captain sein. Burnham war gerade erst spazieren und hat einen Verlust erlitten, bleib einfach mal zwei Stunden in deiner Kabine. Außerdem: wenn Saru schon unbedingt weg will, dann lass doch zumindest Michael als Freundin und erfahrene Offizierin an Tillys Seite. Nagut, Culber als Doctor und Counselor in Crash-Kurs-Selbstlern-Ausbildung geht schon klar. Auch wenn Stamets das verständlicherweise weniger gut findet, aber es fragt ja eh keiner, ehe irgendeine hochgefährliche Mission oder Selbstversuche mit außerirdischen Pilzsporen angegangen werden, also - wer soll da schon den ersten Stein werfen?

Würfel auf Ausdauer, um 5 erschwert

Das Außenteam beamt sich hinab auf das gestrandete Schiff, mitten hinein in ein äußerst ausgeklügeltes Holo-Deck. Dr. Issa wusste, dass sie alle sterben müssen und das Kind, genannt Sa’kul, vermutlich überlebt und Fürsorge braucht. Bis zur Rettung sollte also der Computer die Bildung, emotionale Unterstützung und auch Unterhaltung bieten. Offen bleibt, ob Dr. Issa die Welt absichtlich wie ein Computerspiel im Mix Dragon Age trifft Mass Effect mit generischen Jump-and-Run-Aufgaben gestaltet hat, oder ob sich das im Lauf der Zeit automatisch dem Geschmack vom einstigen Kind angepasst hat. Optisch auf jeden Fall sehr beeindruckend und eine willkommene Abwechslung, gerade wenn man bedenkt, dass ein Teil der Nachproduktion aus dem Home-Office heraus entstanden ist.

Besuche aus der Außenwelt wurden direkt im Design des Programms eingeplant - sei es als Rettungsmission oder feindlich Gesinnte. Optisch werden alle “Eindringlinge” erst einmal der Hologram-Welt angepasst. So wird aus Burnham mal eben ein Rotkäppchen-Trill, aus Culber ein Bajoraner mit Ohrschmuck (der die ganze Folge über auch immer mal wieder schön weihnachtlich klimpert), und Saru tritt als Mensch in Erscheinung. Die Rollenspielgruppe ist komplett. Warum die anderen beiden nicht auch einfach Menschen bleiben konnten, wird nicht erklärt, aber ich möchte das auch nicht hinterfragen, immerhin bekommen wir so seltene Momente, in denen Doug Jones’ Gesicht selbst zu sehen ist.

Zwar schafft es Jones, auch hinter viel Latex allen seinen Figuren stets individuelle Züge zu geben und Wärme auszustrahlen, doch gerade hier in dieser Episode, in der es mit einer kleinen Reise durch die kelpische Geschichte und Kultur für Saru sehr persönlich und emotional wird, bekommen die Szenen durch den ungewöhnlichen direkten Blick auf Jones’ Mimik zusätzlich etwas Besonderes. Schon ohne das kelpische Wiegenlied. Beruhigender Singsang in Angst-Situationen bekommt mich auch irgendwie immer, insbesondere wenn es wegen eines so genialen Monsters wie dem hier geschaffenen kelpischen Sagenwesen benötigt wird.

Noch erfahren wir nicht, was sich wirklich hinter allem verbirgt. Vor was jenseits der Tür fürchtet sich Sa’kul so sehr? Tatsächlich einfach der Gedanke an ein Leben außerhalb des Programms selbst oder gibt es da nicht doch mehr? Und kann es wirklich sein, dass Sa’kuls Gefühlslage Auslöser des Burns war? Spielt da noch mehr mit? Was ist mit der ganzen SB-19-Geschichte - diente das nicht zumindest als verstärkende Kraft? Und hat irgendwer verstanden, was mit Sa’kul im Uterus in Verbindung mit dem Planeten, Dilithium und der Radioaktivität passiert ist? Klang irgendwie sehr an den Haaren herbei gezogen.

Schau mich an, ich bin jetzt der Captain

Mit Ernennung von Tilly als Aushilfs-Nummer-Eins war ja schon irgendwie klar, dass es früher oder später sein kann, dass sie auch mal das alleinige Kommando über die Discovery bekommt. Scheinbar gab es bislang keine Möglichkeit, das erst ein paar mal in ruhigeren Gewässern zu üben. Wie schon erwähnt hätte Saru in dieser Situation an der Stelle nicht Teil der Außenmission sein dürfen oder aber zumindest Burnham als Unterstützung an Bord bleiben müssen. Immerhin darf Michael Tilly in einer wirklich netten Szene ein paar hilfreiche Worte mit auf den Weg geben.

Wobei ich nach etwas Nachdenken sagen muss, dass Tilly an sich gar keinen schlechten Job macht. So viel bekommen wir ja gar nicht zu sehen. Zumal noch offen ist, ob nicht doch irgendeine ausgeklügelte Schutzmaßnahme in letzter Minute ausgeklügelt wurde. Der Auftrag war, erstmal im Umfeld des Nebels zu bleiben. Schon das ist fragwürdig, wenn man doch mit dem Sporenantrieb in St†ekundenschnelle überall präzise hinspringen kann.

Allerdings war durch Admirals Vances Ankündigung, dass die Smaragdkette mit “militärischen Übungen” rund um Kaminar zugange ist, nicht unbedingt mit dem Auftauchen von Ossyra zu rechnen. Also nicht mehr als ohnehin immer, zudem äußert keines der erfahreneren Crew-Mitgliedern Bedenken. Der Tarnmodus scheint allen noch neu zu sein, wobei jedem klar sein dürfte, dass man vielleicht vorher und zwischendrin ab und an mal den Standort wechseln sollte. Aber dass mal eben problemlos die Discovery gekapert werden kann, ist weniger Tillys fünf minütigen Captain-Daseins ankreiden. Das Schiff hat doch sogar ein Update erhalten - bei allem außer der Sicherheit? Und trotz des beschützenden Sphären-Bewußtseins? Leute können sich wirklich immer noch einfach so überall von außen hinbeamen?

Nun ist Stamets ein Sporen-Piloten-Zombie, Ossyra hat das Kommando über die Discovery und ist auf dem Weg gen geheimer Föderations-Zentrale. Fröhliche Weihnachten! Es bleibt das Gefühl - und sei es die Hoffnung - dass die Crew noch ein Ass im Ärmel hat.

Woher weiß Ossyra eigentlich von dem Sporenantrieb, Stamets Rolle und wo genau sie die Discovery finden kann? Ist Bookers eingebaute Smaragdketten-Technik doch wie so eine Alexa, die alles an Amazon/Ossyra weitertratscht - und ist das ein Versehen oder Booker wissentlich ein Maulwurf? War es die Katze? Ist Admiral Vance etwa doch ein Badmiral (ich hoffe nicht)? Und warum ist ausgerechnet jetzt Gray wieder aufgetaucht? Übernimmt der vielleicht heimlich Adiras Körper, um zu sabotieren? Und wieso bekommen wir quasi nie einen wirklichen Maschinenraum zu sehen, wo vielleicht auch Reno häufiger zu finden sein dürfte, dafür muss immer Stamets Labor herhalten.

In welches Wesen verwandelt sich Adira im Holo-Programm? Wird sie Culber und Saru mit den Medikamenten rechtzeitig erreichen? Werden sie alle überleben? Mit Blick auf die Abschiedsszene zwischen Culber und Stamets aber auch dem Gerede von Burnhams Captain-Material ist mir ein wenig bange. Klar, ich bin auch enttäuscht davon, wie Saru auf einmal als nicht ganz so fähiger Captain geschrieben wird, aber deswegen muss man ihn ja nicht gleich sterben lassen. Und bei Culber wäre es das wievielte Mal?

Fazit

“Sa’kul” hinterlässt uns nach einem Cliffhanger mit vielen offenen Fragen, aber eben auch dem Wunsch nach mehr, was an sich ein gutes Zeichen ist. Die alternative Umgebung in der Hologramm-Welt und das dadurch bedingte andere Spiel der Figuren funktioniert und ist eine erfrischende Abwechslung, wenn auch etwas düster geraten. Unterm Strich bin ich aber wieder etwas hoffnungsvoller, dass man Richtung Ende der dritten Staffel noch einmal die Kurve hin zu einer Zielgeraden gefunden haben könnte.

Star Trek: Discovery

Originaltitel: Star Trek: Discovery
Erstaustrahlung 24. September 2017 bei CBS All Access / 25. September 2017 bei Netflix
Darsteller: Sonequa Martin-Green (Michael Burnham), Jason Isaacs (Captain Gabriel Lorca), Michelle Yeoh (Captain Georgiou), Doug Jones (Lt. Saru), Anthony Rapp (Lt. Stamets), Shazad Latif (Lt. Tyler), Maulik Pancholy (Dr. Nambue), Chris Obi (T’Kuvma), Shazad Latif (Kol), Mary Chieffo (L’Rell), Rekha Sharma (Commander Landry), Rainn Wilson (Harry Mudd), James Frain (Sarek)
Produzenten: Gretchen Berg & Aaron Harberts, Alex Kurtzman, Eugene Roddenberry, Trevor Roth, Kirsten Beyer
Entwickelt von: Bryan Fuller & Alex Kurtzman
Staffeln: 4+
Anzahl der Episoden: 42+


Regeln für Kommentare:

1. Seid nett zueinander.
2. Bleibt beim Thema.
3. Herabwürdigende, verletzende oder respektlose Kommentare werden gelöscht.

SPOILER immer mit Spoilertag: <spoiler>Vader ist Lukes Vater</spoiler>

Beiträge von Spammern und Stänkerern werden gelöscht.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren.
Ein Konto zu erstellen ist einfach und unkompliziert. Hier geht's zur Anmeldung.