DC-Comic-Kritik zu Flash 3 - 5

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The Flash

Nachdem im Rahmen dieser Reihe zunächst die ersten und später die zweiten Bände (diese sogar im Doppelpack) ausgewählter Reihen aus dem DC-Rebirth-Kosmos im Fokus gestanden haben, folgen nun Dreierpacks, bestehend aus den Nummern 3, 4 und 5 der einzelnen Serien. Spätestens nach der Lektüre dieser Beiträge sollte man dann eigentlich einschätzen können, welche Helden man auch weiterhin lesend begleiten möchte, und welche eher nicht.

Im Bann der Finsternis

Joshua Williamson ist bekanntermaßen ein im Verhältnis noch recht junger Autor (Jahrgang 1981), der aus seiner Liebe zum Roten Blitz nie einen Hehl gemacht hat. Dementsprechend hoch war sicherlich seine Motivation, als er in seinem eigenen Run die Flash-Storys erzählen durfte, die womöglich seit seiner Kindheit in seinem Kopf herumgeisterten. Das Ergebnis: Eine Mischung aus neuen, kreativen Ideen und Nostalgie. Auf dem Papier hat sich das Grundgerüst höchstwahrscheinlich immer gut angehört, in der Realität muss man jedoch konstatieren, dass die Qualität der einzelnen Arcs durchaus gewissen Schwankungen unterworfen war.

Im Bann der Finsternis ist ein weiterer Beleg dafür: Das in diesem Band präsentierte Geschehen würde man auf einer Skala von 1-10 wohl irgendwo in der Mitte bei 5 oder 6 verorten, was mit Blick auf Godspeed einen Rückschritt darstellt. An den Zutaten liegt es abermals nicht: Es kommt zum Aufeinandertreffen der Wallys, mit Shade betritt ein spannender Antiheld die Bühne und insgesamt geht es viel um das Innenleben der Hauptcharaktere. Aus alldem ließe sich zweifellos ein leckeres Gericht zaubern, aber bei der Zubereitung ist dem Koch leider noch nicht alles geglückt.

Einen guten Comic zeichnet eben unter anderem auch ein gelungener Spannungsbogen aus, und da dieses Trade mehrere Einzelheftausgaben enthält, müsste man streng genommen eigentlich sogar mehrere kleinere Höhepunkte erwarten können, die rund um einen oder zwei größere platziert worden sind. Genau das fehlt allerdings: Wenn sich die beiden Junior-Blitze, deren Leben so völlig unterschiedlich und in gewisser Weise auch ähnlich verlaufen sind, begegnen, hätte es einmal mehr die Chance auf wunderbar inszenierte epische Momente gegeben. Diese wird jedoch nicht ergriffen. Williamson beschränkt sich auf ein Kennenlernen, das einem zweifelsohne beide Charaktere noch sympathischer erscheinen lässt als ohnehin schon, und baut auch den einen oder anderen emotionalen Moment ein.

Alles in allem ist das aber etwas zu wenig, etwas zu zaghaft und einfach nicht außergewöhnlich genug. Vor allem wenn man weiß, welch bedeutende Rolle der „alte“ Wally im Kontext der DC-Universums-Wiedergeburt spielt. Es hätte zudem nicht geschadet, sie zu diesem frühen Zeitpunkt gemeinsam auf eine Mission zu schicken, um sich etwas von Barry Flash Allen zu emanzipieren – wie das gelingen kann, hat Dan Abnett nebenbei bemerkt gekonnt in seiner Titans-Serie (Wally 1 inklusive) gezeigt.

Die zweite große Geschichte dieses Paperbacks dreht sich vornehmlich um Richard Swift alias Shade, einen der klassischen Gegner des schnellsten Mannes der Welt, und ist in vielerlei Hinsicht deutlich gelungener als die erste. Einen geläuterten Superbösewicht in den Mittelpunkt der Handlung zu stellen, war primär deshalb eine gute Idee, weil sich gerade der Herr der Schatten sehr gut dazu eignet, um zu veranschaulichen, wie unrealistisch es wäre, zu glauben, ein Charakter, der in der Vergangenheit viel Schlimmes getan hat, könne von jetzt auf gleich einer von den Guten werden.

Das Interessante: Seine Schatten, die ihn überhaupt erst zu einer echten Gefahr für Central City haben werden lassen, entwickeln einen eigenen Willen und lösen sich von ihm. Ursache dafür sind seine wachsenden Zweifel und die Angst, seine Hope, die Frau, die er so sehr liebt, eventuell zu enttäuschen. Er selbst ist nämlich der festen Überzeugung, nicht stark genug zu sein beziehungsweise rückfällig zu werden.

Dieser Ansatz ist sehr spannend und Williamson macht auch bei der Umsetzung dieser Story eine Menge richtig - so passen etwa das Hadern, der innere Zwiespalt und die vielen negativen Gedanken Shades gut zu den Kämpfen, die die Schnellsten der Schnellen gerade mit sich auszutragen haben. Leider wird auch hier viel zu viel deutlich zu schnell abgehandelt, man möchte beinahe sagen abgehakt, sodass das Gezeigte beim Leser nicht ganz die Wirkung entfaltet, die eigentlich möglich gewesen wäre.

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Rogues Reloaded

Rogues Reloaded hingegen ist wieder (von der ersten bis zur letzten Seite) ein eindeutiger Schritt in die richtige Richtung. Schon mit den ersten Panels ist spürbar, dass sich hier etwas entwickelt, das auch perspektivisch noch relevant werden wird, und insbesondere im Superhelden-Kontext ist ein offensichtlich angestrebtes großes Ganzes eigentlich immer erfolgsversprechender und lesenswerter als Stückwerk.

Auch hier stehen einige der berühmtesten Flash-Gegenspieler, die titelgebenden Rogues, im Mittelpunkt, nur diesmal geht Joshua Williamson anders vor: Er lässt sich nämlich tatsächlich wesentlich mehr Zeit, verrät einiges, allerdings bei Weitem noch nicht alles, was er mit der Schurkentruppe vorhat und gibt stattdessen Hinweise, die zum Spekulieren einladen. Außerdem ist es für Fans in den meisten Fällen erfreulich, wenn Bezug auf vergangene Runs genommen und somit klargestellt wird: „Die Inhalte der Comics, die ihr bereits gelesen habt, hatten Bedeutung und die derer, die ihr aktuell lest, ebenfalls.“ Denn in der New-52-Ära hat die Bösewicht-Gruppierung bekanntlich temporär sogar an der Seite des berühmtesten Sohnes von Central City gekämpft, wodurch die Bewohner mit einem Male zu den Schurken aufschauten, sie respektierten und ihre Vorbehalte ihnen gegenüber mehrheitlich über Bord werfen konnten.

Der Leser wiederum sitzt aufgrund des vermeintlich letzten großen Coups von Captain Cold, Weather Wizard, Heat Wave, Mirror Master und Golden Glider zwischen allen Stühlen, weil er einerseits mit ihnen sympathisiert und ihnen in gewisser Hinsicht den Ruhestand insgeheim gönnt, andererseits aber natürlich weiß, dass sie mehrfach verurteilte Verbrecher sind, die erneut ein Verbrechen begehen, um „in Rente“ gehen zu können. Positiv erwähnen muss man ebenfalls die zahlreichen kleinen Randbemerkungen, die Barry Allens Alter ego zwischendurch fallen lässt - etwa, wenn er anmerkt, dass Leonard Snart alias Captain Cold so viel Gutes bewirken könnte, wenn er seine Intelligenz und seinen Einfallsreichtum konsequent dazu nutzen würde, um an der Seite des prominenten Justice-League-Mitglieds respektive an der des CCPD die Stadt etwas sicherer zu machen.

Das stimmt selbstverständlich und dennoch entscheidet er sich bewusst dagegen, was ihn als Charakter nur noch interessanter macht. Dass die Rogues selbst seit jeher ein Zusammenschluss an Leuten mit einem sehr ausgeprägten Ego waren, ist nichts wirklich Neues, dass Cold jedoch diesen Schwachpunkt ausgemacht und seine Mitstreiter mit Nachdruck darauf eingeschworen hat, dass sie nur dann Erfolg haben werden, wenn sich alle an seinen Plan halten, durchaus.

Diejenigen, die sich den Sammelband zugelegt haben, dürfen folglich noch schnell eine Wette mit sich selbst abschließen, ob es diesen Antihelden auf neuerlichen Abwegen (zumindest zeitweise) gelingt, ihrem Erzfeind ein bis zwei Schritte voraus zu sein. Wie zu erwarten, wendet sich das Blatt auf diesen 180 Seiten auch mehrfach, sodass niemand befürchten muss, sich während der Lektüre zu irgendeinem Zeitpunkt zu langweilen. Barry Allens Privatleben ist im Übrigen nicht minder ereignisreich, und eine Frage beschäftigt ihn mehr und mehr: Wie sehr kann, soll und darf sich ein Weltenretter öffnen beziehungsweise wem eigentlich?

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Im Griff der Furcht

Nach dem Gesetz der Serie müsste dieses Trade nun wieder einen Rückschritt darstellen, erfreulicherweise ist das Gegenteil der Fall: Im Griff der Furcht überzeugt auf ganzer Linie, und abermals ist dafür in erster Linie der Antagonist verantwortlich: Eobard Thawne, der erste und gleichzeitig wohl gefährlichste Reverse-Flash. (Es lohnt übrigens sehr, sich das Batman/Flah-Abenteuer Der Button zu Gemüte zu führen, bevor man sich diesen 124 Seiten widmet, weil der Fiesling in Gelb in dieser Geschichte schon eine beeindruckende Kostprobe seines Könnens gibt und beiden Vertretern der Liga schwer zusetzt, jedoch am Ende dafür einen hohen Preis zahlen muss.)

Thawne war gestorben respektive sprach zunächst alles (in erster Linie sein Leichnam) dafür, dass er das Zeitliche gesegnet hatte. Barry seines Zeichens Forensiker war aber von Beginn an skeptisch und sollte schließlich Recht behalten: Der Hochgeschwindigkeits-Killer kehrte zurück - vielleicht sogar gefährlicher denn je - und hatte nur ein Ziel: Er wollte Flash leiden lassen! Und beließ es auch nicht bei bloßen Ankündigungen, sondern untermauerte mit Taten, wie ernst es ihm damit war.

Dabei spielt physische Gewalt eindeutig eine untergeordnete Rolle, der Kriminelle bevorzugt Psychospielchen und wie der Titel bereits vermuten lässt: Das Spiel mit der Furcht. Vor allem Barry muss darunter leiden, dass seine Nemesis einen seiner schlimmsten Alpträume wahr werden lässt - es versteht sich von selbst, dass Iris und ihr Neffe Wally West, also der „neue“ Kid Flash, ebenfalls zu spüren bekommen, wie grausam dieser Reverse-Flash sein kann.

Wer sich auch nur minimal im Roter-Blitz-Kosmos auskennt, der weiß, dass Zeitreisen immer wieder zum Thema werden - so auch diesmal. Überraschenderweise geht es dann allerdings viel weniger um die beiden Kontrahenten im Kostüm, sondern vielmehr um die Männer hinter den Masken, was das Erzählte zum einen origineller erscheinen lässt und dem Leser zum anderen viel besser ermöglicht, sich in die beiden Hauptfiguren - ja, auch in Thawne - hineinzuversetzen. Dadurch gewinnt das Dargebotene an Relevanz und wird demzufolge eben gerade nicht als austauschbar oder belanglos wahrgenommen.

Was den Look angeht, ist man sich treu geblieben: Flash-typisch ist alles verhältnismäßig hell und es werden viele bunte Farben verwendet und auch die Tatsache, das ein Großteil der Zeichnungen auf Carmine Di Giandomenico zurückgeht, tut dem Werk gut, weil sein tendenziell eher harter, kantiger und skizzenhaft-elegant anmutender Stil sich gut dazu eignet, um Geschwindigkeit zu verbildlichen - logischerweise eine der größten Herausforderungen in einem Flash-Comic.

Fazit

Nach fünf Bänden beziehungsweise insgesamt 27 Einzelheftausgaben ist Joshua Williamson an einem Punkt angekommen, der Lust auf mehr macht. Und selbst wenn er hier und da nicht die beste Geschichte erzählt hat, die denkbar gewesen wäre, so hat er sich doch viel getraut und ausprobiert, ohne dabei den Protagonisten oder dessen Welt untreu zu werden, was für sich genommen schon eine beachtliche Leistung ist.

zusätzlicher Bildnachweis: 
© DC Comics

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