Retro-Kiste zu Prinz Eisenherz: Ein Wikinger zu sein bedeutet hier gar nichts

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Robert Wagner Sterling Hayden Brian Aherne Prinz Eisenherz

In der Netflix-Serie Briefe an den König muss ein junger Knappe am Abend seiner Ritterprüfung ins große Abenteuer aufbrechen. Im Trailer zu The Green Knight macht sich Sir Gawain von der legendären Tafelrunde auf die Suche nach einem mysteriösen Gegner. Beiden Produktionen greifen typische Themen des klassischen Ritterfilms auf.

Ein Genre, welches wie der Antikfilm seine Hochphase in den 50er Jahren hatte. Ähnlich dem Western hat sich der Ritterfilm in den kommenden Jahren stark gewandelt. Auch wenn sich nie ein eigenes Subgenre wie der Italowestern herausgebildet hat, sind die Protagonisten in den aktuellen Mittelalter- und Fantasy-Streifen oftmals weit von den strahlenden Helden der 50er Jahre entfernt – und nie waren die Ritter heroischer, edler und farbenfroher als in Henry Hathaways Prinz Eisenherz.

"Ich will dir sagen, was dieser Wikinger ist ... er ist ein Wikinger!"

Die bunte Welt, die der Regisseur auf die Leinwand zauberte, hat ihren Ursprung in der Comicvorlage des Autors und Zeichners Hal Foster. Der Kanadier begann seine Zeichenkarriere 1929 mit einer Comicadaption von Edgar Rice Burroughs Tarzan-Romanen. 1937 folgte dann die von Foster sowohl gezeichnet als auch geschriebene Serie Prince Valiant. Die Serie über den jungen Wikingerprinzen wurde ein großer Erfolg und erschien auch in Deutschland – zunächst unter dem Titel Prinz Waldemar und nach dem Zweiten Weltkrieg als Prinz Eisenherz.

Der Regisseur Henry Hathaway drehte im Laufe seiner Karriere viele Western (Der Marshal) sowie einigen Gangsterfilmen (Der Todeskuss), die man dem Film Noir zuordnen kann und die das komplette Gegenbild seines Ritterfilmes sind. Bei Prinz Eisenherz orientierte er sich optisch stark an der Vorlage – wenn es auch inhaltlich einige Abweichungen zu Fosters Comics gab.

Als 20th Century Fox sich 1953 die Rechte an den Prinz-Eisenherz-Comics sicherte, hatte Foster schon über 800 Sonntagsseiten mit dem Abenteuer seines Helden gefüllt. Genügend Material für einen abendfüllenden Spielfilm war also auf jeden Fall vorhanden. Aus den vorliegenden Comics suchte der Drehbuchautor Dudley Nichols (Menschenjagd) passende Szenen aus, die er zu einer verkürzten Geschichte rund um den jungen Prinzen verdichtete.

König Aguar von Thule (Donald Crisp) lebt, seitdem der Usurpator Sligon (Primo Carnera) ihm dem Thron raubte, im Exil in Britannien. Sein genauer Aufenthaltsort ist nur wenigen getreuen christlichen Wikinger bekannt, denn die heidnischen Schergen Sligons suchen Englands Küste nach der königlichen Familie ab.

Der Wikingerkönig schickt seinen Sohn, den jungen Prinz Eisenherz, nach Camelot. Dort am Hof von König Artus (Brian Aherne) und seinen Rittern der Tafelrunde soll Eisenherz zum Ritter ausgebildet werden. Doch auf der Reise beobachtet Eisenherz einen ganz in schwarz gerüsteten Krieger, der sich am Strand mit einer Gruppe feindlicher Wikinger trifft. Der junge Prinz wird entdeckt, kann den Häscher aber entkommen und trifft im Wald auf Sir Gawain, der ihn mit nach Camelot nimmt.

Dort berichtet Eisenherz König Artus von dem Schwarzen Ritter, der sich mit dem Wikinger gegen Camelot verbündet hat. Nicht alle Ritter schenken seinen Bericht glauben. Immerhin wird er von Sir Gawain als Knappe angenommen. Aber Eisenherz ist ungeduldig und folgt Sir Brack, als dieser sich im Auftrag der Tafelrunde auf die Suche nach dem geheimnisvollen Feind macht. Bei ihrem Erkundungsritt werden sie getrennt und Eisenherz gerät in einen Hinterhalt.

Schwer verwundet schafft er es in die Burg des Königs von Ord (Barry Jones). Dessen Tochter Aleta pflegt ihn gesund und die beiden verlieben sich ineinander. Gemeinsam mit König Ord und seinen beiden Töchtern reist Eisenherz zurück nach Camelot. Dort entstehen während eines Turniers Liebeswirren und Missverständnis zwischen Sir Gawain, Prinzessin Aleta, ihrer Schwester Ilene (Debra Paget) und Prinz Eisenherz.

Am Ende muss der junge Prinz sein Ehrenwort gegenüber König Artus brechen, um seinen Eltern zu helfen. Diese sind Sligon in die Hände gefallen und nach Thule verschleppt wurden. Auf der heimatlichen Burg kommt es zum Entscheidungskampf um den Thron. Siegreich kehrt Eisenherz nach Camelot zurück, um Artus und die anderen Ritter über die Identität des Verräters innerhalb der Tafelrunde aufzuklären und den Schurken zu stellen.

"Worte retten unseren König nicht!"

Für den damals noch unbekannten Robert Wagner war Prinz Eisenherz die erste Hauptrolle. Im Laufe seiner Karriere spielte er in vielen großen Filmproduktionen wie Der längste Tag oder Flammendes Inferno mit. Viele dürften den Schauspieler auch aus der TV-Serie Hart aber herzlich (1979–1984) kennen. Zuletzt war er 2017 in dem Science-Fiction-Filme What Happened to Monday? zu sehen. Um sich optisch der Comicvorlage anzunähern, trug Wagner während der Dreharbeiten eine Perücke in Form der typischen Prinz-Eisenherz-Frisur.

Sterling Hayden, der Sir Gawain spielt, ist eher für seine Auftritte in unterschiedlichen Gangsterthriller als für Abenteuerfilme bekannt. So war er in Asphalt-Dschungel von John Huston, Die Rechnung ging nicht auf von Stanley Kubrick, Der Pate von Francis Ford Coppola und Der Tod kennt keine Wiederkehr von Robert Altman zu sehen.

Neben Gawain kommt Ritter Brack eine tragende Rolle in Prinz Eisenherz zu. Dieser wird von James Mason verkörpert, der im Laufe seiner Karriere in Der Untergang des Römischen Reiches, Die Reise zum Mittelpunkt der Erde, 20.000 Meilen unter dem Meer, Der unsichtbare Dritte oder Brennen muss Salem sowohl Helden als auch Schurken darstellte.

In der weiblichen Hauptrolle ist Janet Leigh zu sehen. In Vergleich zu modernen Frauenfiguren ist sie als Prinzessin Aleta darauf beschränkt den männlichen Helden gesund zu pflegen, ihn anzuhimmeln und sich am Ende von ihm retten zu lassen. Ähnliche Rolle übernahm sie in Der eiserne Ritter von Falworth und Die Wikinger. Weltweit bekannt wurde Leigh aber wenige Jahre später durch die berühmte Duschszene in Alfred Hitchcocks Thriller Psycho.

"Woraus braut ihr das Zeug zusammen, aus frischen Kröten?"

Am Anfang der Blütezeit des Hollywood-Ritterfilms stand Ivanhoe, der schwarze Ritter, welchen Richard Thorpe 1952 für das Filmstudio Metro-Goldwyn-Mayer inszenierte. Ein Jahr später drehte er wieder für Metro-Goldwyn-Mayer Die Ritter der Tafelrunde. Zusammen mit Prinz Eisenherz gehören die beiden Produktionen zu den erfolgreichsten und stilbildenden Ritterfilmen der 50er Jahre. Es folgte eine Welle von weiteren Mittelalterstreifen, zu denen auch Hammer Films eine Reihe günstig produzierter Robin-Hood-Filme beisteuerte.

Prinz Eisenherz war nicht der erste Film, in denen Artus und seine Ritter der Tafelrunde ihren Auftritt hatten. Die ersten Adaptionen der klassischen Sage gab es schon zur Ära des Stummfilms und auch in den 50er Jahren war das Interesse an den mythischen Helden nicht abgeklungen, wie der 1953 erschienen Film Die Ritter der Tafelrunde zeigt.

In Prinz Eisenherz haben neben Sir Gawain und König Artus auch Königin Guinevere, Sir Lancelot sowie Sir Galahad sehr kurze Auftritte. Andere Figuren wie Merlin, der in Fosters Comics durchaus eine Rolle spielt, fehlen komplett. Die Artus-Saga bildet in den Film nur eine Staffage – immerhin durfte der Schauspieler Brian Aherne 1963 für den Film Lancelot, der verwegene Ritter noch mal in die Rolle des Königs Artus schlüpfen.

Für die dramatischen Ereignisse rund um Lancelot, Guinevere und Artus hätte Prinz Eisenherz auch die falsche Tonlage. Selbst die Comicvorlage wurde von Hathaway und seinem Drehbuchautoren Dudley Nichols abgemildert. So wartet am Ende des Films auf Prinzessin Ilene nicht der Tod, sondern ihr Liebesglück.

Schon die Filmmusik von Prinz Eisenherz ist stets heiter und selbst in spannenden Szenen immer abenteuerlich beschwingt. Man bekommt viele grüne Wiesen, lichte Wälder sowie schöne schottische, englische und walisische Burgen zu sehen – nur die Festung in Thule wirkt im Vergleich etwas düsterer. Ansonsten sind die Menschen in farbige Gewänder gekleidet und besonders die Turnierszene besticht durch ein Farbenmeer aus bunten Fahnen und Zelten.

Die farbenfrohen Kulissen und schönen Landschaftsaufnahmen waren ideal für die damals neue CinemaScope-Breitwandtechnik. So konnte sich Prinz Eisenherz von der Konkurrenz des aufkommenden Fernsehens absetzen. Der Film wurde ein großer Erfolg, zu dem die Popularität der Comicvorlage sicher beigetragen hat. Nach der Verfilmung stieg aber auch der Absatz der Zeitungen mit Fosters Rittergeschichten weiter an.

Foster arbeitete noch bis 1971 an der Comicreihe, danach übergab er seine Serie an andere Autoren und Zeichner, welche die Geschichten rund um Prinz Eisenherz bis heute fortsetzen. Kinder der 90er Jahre kennen sicher die Trickfilmserie Die Legende von Prinz Eisenherz, welche ebenfalls auf den Comics basiert. 1997 gab es eine weitere Realverfilmung von Anthony Hickox, die aber den Charme der Comics und der Adaption aus dem Jahr 1954 nicht erreicht.

"Sei immer stolz, dass du ein Wikinger bist, aber verschweige es bist du Camelot erreicht hast."

Wer auf der Suche nach abenteuerlicher Ablenkung ist, liegt mit Prinz Eisenherz genau richtig. Der Zuschauer kann sich zurücklehnen und in eine farbenfrohe optimistische Welt eintauchen. Der Film hat nichts mit der Realität und dem vergangenen oft schmutzigen und düsteren Mittelalter zu tun – auch die Pest wird mit keinem Wort erwähnt.

Nimmt man das Frauenbild einmal aus, ist der Film auf eine angenehme Art altmodisch. Auf übertriebene Gewaltdarstellung wird komplett verzichtet. Prinz Eisenherz nimmt das Publikum mit in eine Zeit – die es so nie gab – in der Ritter noch unerschrocken, heldenhaft und edel und Schurken intrigant, fies aber noch nicht völlig verdorben waren.

zusätzlicher Bildnachweis: 
© 20th Century Fox

Prince Valiant - Official DVD Trailer

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